
Du hast eine Frage zu Liebe, Sex oder Körperlichkeit, die dich beschäftigt? Hier bekommst du kompetente und einfühlsame Antworten von unserem Sexpertenteam Vicky Vagina und Peter Prengel!
Frage von Sabine (48):
Ich bin seit 20 Jahren mit meinem Mann zusammen und eigentlich sind wir beide sehr zufrieden. Aber in letzter Zeit habe ich gemerkt, dass in mir eine neue sexuelle Seite erwacht. Ich interessiere mich plötzlich für Dinge wie Fesseln, Spanking und generell so ein bisschen BDSM-Kram. Das hat mich total überrascht, weil ich mich immer eher als "brav" und unkompliziert gesehen habe. Jetzt frage ich mich: Bin ich mit fast 50 zu alt für solche "Spielchen"? Und wie bringe ich das meinem Mann bei, der eher der Typ "Missionarsstellung und fertig" ist? Ich habe Angst, dass er mich komisch findet oder denkt, ich bin unzufrieden mit unserer Beziehung. Gibt es überhaupt "reife" Frauen, die auf sowas stehen, oder bilde ich mir das alles nur ein?
Antwort von Vicky Vagina:
Liebe Sabine, „brav und unkompliziert“? Pfff, vergiss das mal ganz schnell! 😉 Deine Frage ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass Sexualität sich im Laufe des Lebens verändert und weiterentwickelt – und das ist fantastisch! Wer sagt denn, dass Frauen ab einem gewissen Alter nur noch brav im Schaukelstuhl sitzen und Tee trinken dürfen? Quatsch! Die sexuelle Lust kennt keine Altersgrenze, und es ist absolut normal und aufregend, wenn man auch nach vielen Jahren Beziehung neue Seiten an sich entdeckt.
Zu deiner Frage, ob du "zu alt" für BDSM-Spielchen bist: Absolut NICHT! Im Gegenteil, viele Frauen (und Männer!) entdecken gerade in der Lebensmitte oder später ihre Vorliebe für intensivere, experimentellere Spielarten der Sexualität. Vielleicht hast du jetzt mehr Selbstbewusstsein, mehr Zeit für dich selbst, oder einfach den Wunsch, aus alten Mustern auszubrechen und etwas Neues zu erleben. Das ist großartig!
Und ja, es gibt unglaublich viele reife Frauen, die auf BDSM stehen. Das Internet ist voll von Communities und Foren, wo sich Menschen jeden Alters austauschen und ihre Leidenschaften teilen. Du bist damit ganz sicher nicht allein – und du bildest dir das auch nicht ein! Deine Lust ist real und wertvoll.
Jetzt zur spannenden Frage, wie du das deinem Mann beibringst. Das ist natürlich der Knackpunkt, gerade wenn er eher der "Missionarsstellung und fertig"-Typ ist. Aber keine Panik, das ist machbar! Hier ein paar Tipps:
Wähle den richtigen Zeitpunkt: Such dir einen entspannten Moment aus, wo ihr beide Zeit und Ruhe habt. Nicht gerade zwischen Tür und Angel oder wenn er gestresst von der Arbeit kommt.
Fang langsam an: Du musst nicht gleich mit Peitsche und Knebel um die Ecke kommen. 😉 Erzähl ihm erstmal, dass du in letzter Zeit über neue sexuelle Dinge nachgedacht hast und dass du gerne etwas mehr Abwechslung und Spannung in euer Sexleben bringen würdest.
Sprich von dir und deinen Wünschen: Formuliere deine Bedürfnisse als deine eigenen Wünsche, nicht als Kritik an eurem bisherigen Sexleben. Sag sowas wie: "Ich habe gemerkt, dass mich in letzter Zeit Dinge wie Fesseln total erregen und ich würde das gerne mal ausprobieren." Oder: "Ich stelle mir vor, wie aufregend es wäre, wenn..."
Sei offen für seine Reaktion: Es kann sein, dass dein Mann erstmal überrascht, verwirrt oder sogar ablehnend reagiert. Gib ihm Zeit, das zu verarbeiten. Höre ihm zu, was seine Bedenken sind, und versuche, sie ernst zu nehmen. Vielleicht hat er Angst, dir wehzutun, oder er hat falsche Vorstellungen von BDSM.
Informiert euch gemeinsam: Es gibt viele gute Bücher, Filme und Websites, die BDSM aufklärend und respektvoll darstellen. Schaut euch das zusammen an, lest Artikel, diskutiert darüber. So könnt ihr beide ein besseres Verständnis dafür entwickeln, worum es geht.
Probiert es spielerisch aus: Wenn dein Mann neugierig wird, fangt ganz sanft und spielerisch an. Vielleicht mit einem einfachen Augenbinde-Spiel, einer Massage mit etwas festeren Griffen, oder einem leichten Fesseln mit einem Seidentuch. Macht es zu einem gemeinsamen Abenteuer und habt Spaß dabei!
Sicherheit geht vor: Klärt unbedingt vorher, was für euch beide okay ist und was nicht. Vereinbart ein "Stoppwort", falls es mal zu viel wird. BDSM sollte immer einvernehmlich und sicher sein.
Und das Wichtigste: Hab Mut, Sabine! Deine sexuelle Neugier ist ein Geschenk, kein Grund zur Scham. Nutze diese neue Energie, um dein Sexleben und deine Beziehung aufzufrischen. Es ist nie zu spät, neue Seiten an sich zu entdecken – und das gilt auch für deinen Mann! Vielleicht schlummert ja auch in ihm ein kleiner Dom oder eine kleine Sub, von dem er selbst noch nichts weiß. 😉
Antwort von Peter Prengel:
Liebe Sabine, Vicky hat die praktische Seite der Sache schon wunderbar beleuchtet. Ich möchte noch einige wissenschaftliche und gesellschaftliche Perspektiven hinzufügen, die deine Situation in einen größeren Kontext einordnen:
Sexuelle Entwicklung im Lebensverlauf: Die menschliche Sexualität ist nicht statisch, sondern verändert sich im Laufe des Lebens. Hormonelle Veränderungen, Lebenserfahrungen, veränderte Lebensumstände – all das kann dazu führen, dass sich sexuelle Vorlieben und Bedürfnisse wandeln. Gerade in der Lebensmitte, wenn Kinder aus dem Haus sind oder berufliche Routinen eingespielt sind, entsteht oft Raum für neue Selbstentdeckung und sexuelle Exploration. Deine neu entdeckte Lust auf BDSM ist also keineswegs ungewöhnlich, sondern Teil eines ganz natürlichen Prozesses sexueller Reifung.
Abbau gesellschaftlicher Tabus: Das Thema BDSM ist zwar immer noch mit vielen Vorurteilen und Tabus behaftet, aber in den letzten Jahren hat sich gesellschaftlich einiges getan. Durch Filme, Bücher und Online-Medien wird BDSM zunehmend sichtbarer und entstigmatisiert. Es gibt eine wachsende Akzeptanz für vielfältige sexuelle Praktiken und Orientierungen. Auch in der "reiferen" Generation gibt es immer mehr Menschen, die sich offen zu ihren BDSM-Neigungen bekennen und diese selbstbewusst ausleben.
Psychologische Aspekte von BDSM: BDSM ist viel mehr als nur "Schmerz und Unterwerfung". Es geht um Machtdynamiken, Vertrauen, Kommunikation, Grenzerfahrung und gesteigerte Körperwahrnehmung. Für viele Menschen ist es ein Weg, intensive Emotionen zu erleben, Kontrolle abzugeben und sich gleichzeitig geborgen und sicher zu fühlen. Die spielerische Auseinandersetzung mit Macht und Ohnmacht kann gerade in langjährigen Beziehungen eine neue Ebene der Intimität und des Vertrauens schaffen.
Kommunikation als Schlüssel: Wie Vicky betont hat, ist offene und ehrliche Kommunikation in Bezug auf sexuelle Wünsche und Bedürfnisse essenziell – besonders in einer Langzeitbeziehung. Das Gespräch über BDSM kann eine Chance sein, die Beziehung zu vertiefen, neue Seiten aneinander zu entdecken und gemeinsam zu wachsen. Wichtig ist dabei, respektvoll und wertschätzend miteinander umzugehen und die Grenzen des Partners zu akzeptieren.
Aus soziologischer Sicht ist es bemerkenswert, dass gerade Frauen oft lange Zeit gesellschaftlichen Normen und Erwartungen entsprechen und ihre eigenen sexuellen Bedürfnisse zurückstellen. Deine Frage, Sabine, zeigt, dass es nie zu spät ist, sich von diesen Normen zu befreien und die eigene sexuelle Freiheit zu entdecken und auszuleben. Deine Lust ist ein wertvoller Teil deiner Persönlichkeit, und es ist dein gutes Recht, sie zu erkunden und zu genießen – egal in welchem Alter.
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