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Glossar der Astronomie

Präzession

Stell dir vor, du spielst mit einem Kreisel. Du versetzt ihn in eine schnelle Rotation und beobachtest, wie er sich auf seiner Spitze dreht. Doch neben der schnellen Eigenrotation bemerkst du noch eine andere, langsamere Bewegung: Die Achse des Kreisels beschreibt selbst einen Kegel im Raum. Sie taumelt, ganz so, als würde sie jeden Moment umkippen, tut es aber nicht. Dieses Phänomen, diese langsame, taumelnde Bewegung der Rotationsachse eines rotierenden Körpers, nennt man in der Physik und Astronomie Präzession.

Die Präzession tritt auf, wenn ein Drehmoment auf einen rotierenden Körper wirkt, also eine Kraft, die versucht, die Richtung der Rotationsachse zu ändern. Beim Kreisel ist es die Schwerkraft, die an ihm zieht und ihn umzukippen versucht. Da der Kreisel sich aber schnell dreht, weicht er dieser Kraft aus und beginnt stattdessen zu präzedieren. Der Drehimpuls, der mit der schnellen Rotation verbunden ist, wirkt der Änderung der Rotationsachse entgegen. Das Resultat ist die charakteristische taumelnde Bewegung.

Nun ist ein Kreisel natürlich kein Himmelskörper, aber auch bei Planeten und Monden tritt das Phänomen der Präzession auf. Die Erde selbst ist wie ein riesiger Kreisel, der sich einmal täglich um seine eigene Achse dreht. Diese Achse ist jedoch nicht völlig fix im Raum, sondern beschreibt über einen Zeitraum von etwa 25.800 Jahren einen vollständigen Kegel. Was ist nun die Ursache für die Präzession der Erdachse? Hier kommen Sonne und Mond ins Spiel. Unsere Erde ist keine perfekte Kugel, sondern an den Polen leicht abgeplattet und am Äquator etwas ausgebaucht. Diese Abweichung von der Kugelform, in Kombination mit der Neigung der Erdachse, führt dazu, dass Sonne und Mond ein Drehmoment auf die Erde ausüben. Sie "ziehen" an der äquatorialen Ausbuchtung und versuchen, die Erdachse aufzurichten. Ähnlich wie beim Kreisel gibt die Erde dieser Kraft aber nicht einfach nach, sondern beginnt zu präzedieren.

Diese langsame Bewegung der Erdachse hat weitreichende Folgen. Vor etwa 5.000 Jahren, zur Zeit der alten Ägypter, war nicht der Polarstern, sondern der Stern Thuban im Sternbild Drache der "Nordstern", also der Stern, auf den die Erdachse zeigte. In etwa 12.000 Jahren wird die Wega im Sternbild Leier die Rolle des Polarsterns übernehmen. Die Präzession beeinflusst aber nicht nur die Position der Himmelspole, sondern auch den Frühlingspunkt, also den Punkt am Himmel, an dem die Sonne zu Frühlingsbeginn steht. Dieser Punkt wandert durch die Präzession langsam durch die Tierkreiszeichen, und zwar entgegen der üblichen Reihenfolge. Der Zeitraum, den der Frühlingspunkt für einen kompletten Umlauf benötigt, wird "Platonisches Jahr" genannt und dauert, wie bereits erwähnt, etwa 25.800 Jahre.

Die Entdeckung der Präzession geht auf den griechischen Astronomen Hipparchos von Nicäa zurück, der im 2. Jahrhundert v. Chr. lebte. Er verglich seine eigenen Beobachtungen der Sternpositionen mit denen früherer Astronomen und bemerkte dabei eine Verschiebung des Frühlingspunktes. Er schloss daraus, dass sich die Lage der Erdachse im Raum langsam ändert, konnte die Ursache dieses Phänomens aber noch nicht erklären. Erst Jahrhunderte später, mit der Entwicklung der Newton'schen Mechanik, wurde die physikalische Grundlage der Präzession verstanden.

Die Präzession ist nicht auf die Erde beschränkt. Auch andere Planeten in unserem Sonnensystem, wie zum Beispiel der Mars, zeigen dieses Phänomen. Darüber hinaus spielt die Präzession auch bei der Bewegung von Doppelsternen, Pulsaren und sogar bei der Ausrichtung von Galaxien eine wichtige Rolle. Die genaue Vermessung der Präzession ermöglicht es Astronomen, wichtige Informationen über die Massenverteilung, die innere Struktur und die dynamische Entwicklung dieser Himmelsobjekte zu gewinnen.

Die Präzession ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie sich die Gravitationskräfte im Universum auf vielfältige Weise auswirken. Sie ist ein Tanz der Himmelskörper, der sich zwar über sehr lange Zeiträume erstreckt, aber dennoch unseren Blick auf den Kosmos entscheidend prägt. Stellt sich die Frage, ob es wohl irgendwo im Universum einen Planeten gibt, der aufgrund seiner perfekt ausbalancierten Form und der Abwesenheit externer Drehmomente keine Präzession zeigt und dessen Bewohner daher seit Äonen auf denselben, unveränderlichen Fixstern blicken?

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Die Bilder und Illustrationen, die auf dieser Seite abgebildet sind, wurden mit einem KI-Bildmodell erstellt.

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