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Glossar der Astronomie

Stringtheorie

Schon mal darüber nachgedacht, woraus die Welt im Innersten besteht? Nicht aus Atomen oder Quarks, sondern aus etwas noch viel Grundlegenderem: winzigen, schwingenden Fäden, den sogenannten "Strings". Diese Idee bildet das Herzstück der Stringtheorie, einem faszinierenden und zugleich herausfordernden Versuch, alle Kräfte und Teilchen des Universums in einem einzigen, eleganten theoretischen Rahmen zu vereinen.

Die Stringtheorie ist mehr als nur eine weitere physikalische Theorie, sie ist ein Paradigmenwechsel. Anstatt Teilchen als punktförmige Objekte zu betrachten, wie es die traditionelle Teilchenphysik tut, postuliert die Stringtheorie, dass die fundamentalen Bausteine des Universums eindimensionale, fadenartige Gebilde sind – die Strings. Diese Strings sind unvorstellbar klein, weit kleiner als alles, was wir mit heutigen Instrumenten messen können, aber sie haben eine entscheidende Eigenschaft: Sie können schwingen. Und wie bei einer Gitarrensaite, die je nach Schwingung unterschiedliche Töne erzeugt, erzeugen verschiedene Schwingungsmodi der Strings unterschiedliche Teilchen, wie Elektronen, Quarks oder Neutrinos. Ein String, der auf eine bestimmte Weise schwingt, erscheint uns als Elektron, ein anderer Schwingungszustand als Quark, und wieder ein anderer als Photon. Alle Teilchen und auch die fundamentalen Naturkräfte, wie Gravitation, elektromagnetische, starke und schwache Wechselwirkung, sind nach dieser Vorstellung Manifestationen der verschiedenen Schwingungszustände dieser winzigen Strings. Alle Materie und alle Kräfte wären demnach Teil eines einzigen kosmischen Konzerts aus schwingenden Strings.

Diese Idee hat ihren Ursprung in den späten 1960er Jahren, als Physiker versuchten, die starke Kernkraft zu verstehen, die die Quarks im Inneren von Atomkernen zusammenhält. Ursprünglich als reine Theorie der starken Wechselwirkung entwickelt, offenbarte sie bald eine überraschende Eigenschaft: Sie beschrieb auf natürliche Weise auch ein Teilchen, das alle Eigenschaften des Gravitons besitzt, des hypothetischen Trägers der Gravitationskraft. Dies war ein entscheidender Moment, denn bis dahin waren die Versuche, die Gravitation in den Rahmen der Quantenfeldtheorie zu integrieren, die die anderen drei Grundkräfte erfolgreich beschreibt, gescheitert. Die Stringtheorie bot nun erstmals die Aussicht, die Gravitation mit den anderen Kräften in einer "Theorie von Allem" zu vereinigen und damit die allgemeine Relativitätstheorie mit der Quantenmechanik zu versöhnen, ein bis heute ungelöstes Problem der Physik. Die allgemeine Relativitätstheorie beschreibt den Kosmos auf den größten Skalen, die Quantenmechanik auf den kleinsten, aber beide Theorien scheinen inkompatibel zu sein, wenn man sie auf extreme Bedingungen anwendet, wie sie beispielsweise in Schwarzen Löchern oder beim Urknall herrschen.

Die Stringtheorie ist jedoch keine einfache Theorie. Sie erfordert einige radikale Konzepte, die unserem Alltagsverständnis zuwiderlaufen. Zum Beispiel benötigt sie neben den drei Raumdimensionen und der Zeit, die wir kennen, zusätzliche, verborgene Raumdimensionen. Die meisten Versionen der Stringtheorie gehen von insgesamt zehn oder elf Dimensionen aus! Diese zusätzlichen Dimensionen sind nicht etwa "woanders", sondern sie sind hier, um uns herum, nur eben so klein aufgerollt, dass wir sie nicht wahrnehmen können. Stell dir einen Drahtseilartisten vor, der auf einem dünnen Seil balanciert. Für ihn gibt es nur eine Dimension, die Vorwärts-Rückwärts-Richtung. Eine Ameise, die auf demselben Seil krabbelt, könnte jedoch auch die winzige gekrümmte Dimension um das Seil herum wahrnehmen. Ähnlich könnten die zusätzlichen Dimensionen der Stringtheorie für uns verborgen sein, weil sie auf einer unvorstellbar kleinen Skala kompaktifiziert sind.

Ein weiterer faszinierender Aspekt der Stringtheorie ist die Existenz von Branen (von "Membranen"). Branen sind höherdimensionale Objekte, auf denen Strings enden können und die sich durch die zusätzlichen Dimensionen erstrecken. Unser gesamtes Universum mit seinen drei Raumdimensionen könnte demnach auf einer solchen 3-Brane existieren, die in einem höherdimensionalen Raum eingebettet ist. Diese Vorstellung hat zu aufregenden spekulativen Szenarien geführt, wie der Möglichkeit von Paralleluniversen, die auf anderen Branen in unmittelbarer Nähe zu unserem eigenen existieren, aber durch die zusätzlichen Dimensionen für uns unerreichbar sind.

Die Stringtheorie ist jedoch nicht ohne Herausforderungen. Eine davon ist, dass sie bisher experimentell nicht überprüfbar ist. Die Energien, die nötig wären, um die Strings direkt zu beobachten, liegen weit jenseits dessen, was mit heutigen oder absehbar zukünftigen Teilchenbeschleunigern erreicht werden kann. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Stringtheorie reine Spekulation ist. Sie hat bereits zu wichtigen mathematischen und physikalischen Erkenntnissen geführt und unser Verständnis von Schwarzen Löchern, der Kosmologie und der Quantenfeldtheorie vertieft. Darüber hinaus gibt es indirekte Hinweise, die sich aus der Stringtheorie ableiten lassen und möglicherweise in naher Zukunft experimentell zugänglich sind, wie beispielsweise die Existenz supersymmetrischer Teilchen.

Eine weitere Herausforderung ist die schiere Anzahl an möglichen Stringtheorien. Es gibt nicht "die eine" Stringtheorie, sondern fünf verschiedene konsistente Theorien, die sich in bestimmten Aspekten unterscheiden. Darüber hinaus gibt es eine riesige Landschaft an möglichen "Vakuumlösungen" der Stringtheorie, die jeweils unterschiedliche physikalische Eigenschaften beschreiben. Welche dieser Lösungen, wenn überhaupt eine, unser Universum korrekt beschreibt, ist bisher unklar. In den 1990er Jahren entdeckten Physiker, dass die fünf Stringtheorien nicht völlig unabhängig voneinander sind, sondern durch Dualitäten miteinander verbunden sind. Diese Entdeckung führte zur Formulierung der M-Theorie, einer elfdimensionalen Theorie, die als eine Art übergeordnete Theorie betrachtet wird, von der die fünf Stringtheorien verschiedene Aspekte sind. Die M-Theorie ist jedoch noch weit weniger verstanden als die Stringtheorien selbst.

Die Stringtheorie bleibt also auch nach Jahrzehnten intensiver Forschung ein Werk in Arbeit, eine faszinierende und vielversprechende, aber noch unvollendete Vision. Sie hat das Potenzial, unser Verständnis vom Universum fundamental zu verändern, aber es gibt noch viele offene Fragen. Ist die Stringtheorie nur eine elegante mathematische Spielerei oder tatsächlich die lang gesuchte "Theorie von Allem"? Wird es uns jemals gelingen, die Existenz der Strings und der zusätzlichen Dimensionen experimentell zu bestätigen? Und wenn ja, was bedeutet das für unser Bild von Raum, Zeit und Wirklichkeit?

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