Glossar der Astronomie
Zwergplanet
Ein Zwergplanet ist eine Himmelskörperkategorie, die im Jahr 2006 von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) eingeführt wurde, um eine wachsende Zahl von Objekten im Sonnensystem zu klassifizieren, die weder Planeten noch Monde sind. Die Definition eines Zwergplaneten ist eng mit der eines Planeten verbunden, weist aber einen entscheidenden Unterschied auf. Ein Zwergplanet ist demnach ein Himmelskörper, der (a) sich auf einer Umlaufbahn um die Sonne befindet, (b) über genügend Masse verfügt, dass seine Eigengravitation ihn zu einer annähernd runden Form zusammenpresst (hydrostatisches Gleichgewicht), (c) seine Umlaufbahn nicht von anderen Objekten freigeräumt hat und (d) kein Mond ist. Der Hauptunterschied zu einem Planeten besteht also darin, dass ein Zwergplanet seine Nachbarschaft nicht dominierend beherrscht und seine Umlaufbahn mit anderen Objekten ähnlicher Größe teilt.
Die Einführung dieser neuen Kategorie war eine Reaktion auf die Entdeckung von immer mehr Objekten im Kuipergürtel, einer Region jenseits der Neptunbahn, die eine große Anzahl von eisigen Körpern enthält. Eines dieser Objekte, Eris, das 2005 entdeckt wurde, schien sogar größer als Pluto zu sein, der damals noch als neunter Planet des Sonnensystems galt. Diese Entdeckung löste eine Debatte über die Definition eines Planeten aus und führte schließlich zur Neuklassifizierung von Pluto als Zwergplanet. Neben Pluto und Eris wurden bisher drei weitere Objekte im Sonnensystem offiziell als Zwergplaneten anerkannt: Ceres, der größte Körper im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter, sowie Haumea und Makemake, beide im Kuipergürtel. Es wird jedoch erwartet, dass in Zukunft noch viele weitere Zwergplaneten entdeckt werden, sowohl im Kuipergürtel als auch in anderen Regionen des Sonnensystems.
Zwergplaneten sind für die Planetenforschung von großem Interesse, da sie wichtige Einblicke in die Entstehung und Entwicklung des Sonnensystems liefern. Sie gelten als Überbleibsel aus der Frühzeit des Sonnensystems, als sich die Planeten aus einer rotierenden Scheibe aus Gas und Staub bildeten. Im Gegensatz zu den größeren Planeten haben Zwergplaneten ihre ursprüngliche Zusammensetzung und Struktur weitgehend beibehalten und bieten so ein einzigartiges Fenster in die Vergangenheit. Ceres zum Beispiel, der einzige Zwergplanet im inneren Sonnensystem, könnte einen unterirdischen Ozean aus flüssigem Wasser besitzen und zeigt Anzeichen von kryovulkanischer Aktivität, dem Ausbruch von flüchtigen Substanzen wie Wasser anstelle von geschmolzenem Gestein. Die Erforschung von Ceres durch die Raumsonde Dawn hat unser Verständnis dieses faszinierenden Himmelskörpers erheblich erweitert und gezeigt, dass Zwergplaneten komplexe und geologisch aktive Welten sein können.
Die Zwergplaneten im Kuipergürtel, wie Pluto, Eris, Haumea und Makemake, sind eisige Welten, die sich in großer Entfernung von der Sonne befinden. Pluto, der bei weitem am besten erforschte dieser Zwergplaneten, überraschte die Wissenschaftler mit seiner komplexen Geologie, seinen vielfältigen Landschaften und seiner dünnen Atmosphäre, als die Raumsonde New Horizons im Jahr 2015 an ihm vorbeiflog. Die Bilder von New Horizons zeigten Berge aus Wassereis, ausgedehnte Ebenen aus gefrorenem Stickstoff und eine rötliche Färbung, die wahrscheinlich durch organische Moleküle, sogenannte Tholine, verursacht wird. Pluto besitzt außerdem fünf Monde, darunter Charon, der etwa halb so groß ist wie Pluto selbst und mit ihm ein binäres System bildet. Die Erforschung dieser fernen Zwergplaneten hilft uns, die Vielfalt der Körper im äußeren Sonnensystem zu verstehen und die Bedingungen zu entschlüsseln, die in dieser kalten und dunklen Region des Sonnensystems herrschen.
Die Degradierung Plutos vom Planeten zum Zwergplaneten war anfangs umstritten, sowohl unter Wissenschaftlern als auch in der Öffentlichkeit. Viele Menschen hatten eine emotionale Bindung an Pluto als den neunten Planeten und sahen die Neuklassifizierung als einen Abstieg. Aus wissenschaftlicher Sicht war die Einführung der Kategorie Zwergplanet jedoch ein wichtiger Schritt, um unser Verständnis des Sonnensystems zu verbessern und die wachsende Zahl von Objekten jenseits von Neptun zu klassifizieren. Sie ermöglicht es uns, die Vielfalt der Himmelskörper im Sonnensystem besser zu würdigen und die Prozesse zu verstehen, die zu ihrer Entstehung und Entwicklung geführt haben.
Die Erforschung von Zwergplaneten steht noch am Anfang. Es gibt noch viele offene Fragen über ihre innere Struktur, ihre geologische Aktivität, ihre Zusammensetzung und ihre mögliche Bewohnbarkeit. Zukünftige Missionen zu Zwergplaneten, sowohl im Asteroidengürtel als auch im Kuipergürtel, könnten unser Wissen über diese faszinierenden Welten erheblich erweitern. Die Frage, ob es auf Ceres oder unter der eisigen Oberfläche von Pluto oder Eris primitive Lebensformen geben könnte, ist eine der spannendsten Fragen der Planetenforschung. Zwergplaneten mögen zwar klein sein, aber sie haben das Potenzial, unser Verständnis des Sonnensystems und der Entstehung des Lebens grundlegend zu verändern.





























