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Abteilung Biologie -
Begriffserklärung

Biologie

Conjugation (bei Bakterien)

Conjugation ist ein Mechanismus des horizontalen Gentransfers bei Bakterien, der eine entscheidende Rolle in der genetischen Diversität und Evolution dieser Mikroorganismen spielt. Anders als die klassische Vererbung, bei der genetische Informationen vertikal von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden, ermöglicht die Konjugation den Austausch von genetischem Material zwischen zwei Bakterienzellen, unabhängig von ihrer Verwandtschaft. Dieser Prozess trägt nicht nur zur genetischen Anpassung von Bakterien an ihre Umwelt bei, sondern hat auch wichtige Auswirkungen auf die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen.

Die Konjugation erfordert direkten Zellkontakt zwischen einer Spenderzelle (Donorzelle) und einer Empfängerzelle (Rezipientenzelle). Die Spenderzelle besitzt in der Regel ein spezielles genetisches Element, das die Konjugation ermöglicht: den sogenannten Fertilitätsfaktor (F-Faktor), der häufig in Form eines Plasmids, eines kleinen ringförmigen DNA-Moleküls, vorliegt. Plasmide sind extrachromosomale genetische Elemente, die unabhängig vom bakteriellen Chromosom replizieren können. Der F-Faktor enthält Gene, die für die Bildung von Konjugationspili codieren – dünne, röhrenartige Strukturen, die die Spenderzelle mit der Empfängerzelle verbinden.

Der Konjugationsprozess beginnt mit der Bildung eines Konjugationspilus, der die beiden Zellen miteinander in Kontakt bringt. Der Pilus zieht die Zellen näher zusammen, bis eine stabile Verbindung hergestellt ist, die als Konjugationsbrücke bezeichnet wird. Durch diese Brücke wird ein einzelsträngiger DNA-Abschnitt des Plasmids aus der Spenderzelle in die Empfängerzelle übertragen. Während der Übertragung wird der fehlende DNA-Strang sowohl in der Spender- als auch in der Empfängerzelle durch DNA-Replikation ergänzt, sodass beide Zellen schließlich eine vollständige Kopie des Plasmids besitzen.

Ein bemerkenswerter Aspekt der Konjugation ist die Möglichkeit des Gentransfers von Resistenzen gegen Antibiotika. Plasmide können sogenannte R-Gene enthalten, die Bakterien resistent gegen bestimmte Antibiotika machen. Durch Konjugation können diese Resistenzen schnell zwischen Bakterienpopulationen verbreitet werden, auch zwischen verschiedenen Arten. Dies stellt ein ernsthaftes Problem in der modernen Medizin dar, da multiresistente Bakterienstämme, die gegen mehrere Antibiotika unempfindlich sind, schwer zu behandeln sind.

Neben dem klassischen Plasmid-vermittelten Gentransfer gibt es Varianten der Konjugation, wie die Übertragung von chromosomaler DNA. Dies geschieht bei sogenannten Hfr-Zellen (high frequency of recombination), bei denen der F-Faktor in das bakterielle Chromosom integriert ist. Während der Konjugation kann ein Teil der chromosomalen DNA zusammen mit dem F-Faktor in die Empfängerzelle übertragen werden. Diese DNA kann anschließend durch homologe Rekombination in das Genom der Empfängerzelle integriert werden, was die genetische Vielfalt weiter erhöht.

Die Konjugation unterscheidet sich von anderen Mechanismen des horizontalen Gentransfers, wie der Transformation (die Aufnahme freier DNA aus der Umgebung) und der Transduktion (die Übertragung von DNA durch Bakteriophagen). Gemeinsam tragen diese Prozesse jedoch erheblich zur genetischen Anpassungsfähigkeit von Bakterien bei und sind von großer evolutionärer Bedeutung.

In der Forschung und Biotechnologie wird die Konjugation häufig genutzt, um gezielt Gene zwischen Bakterienstämmen zu übertragen. Dieser Ansatz findet Anwendung in der Herstellung von rekombinanten Proteinen, der synthetischen Biologie und der Entwicklung neuer therapeutischer Strategien. Trotz ihres positiven Potenzials bleibt die Konjugation jedoch ein wichtiger Faktor in der globalen Herausforderung, Antibiotikaresistenzen zu bekämpfen. Ein tiefgreifendes Verständnis dieses Prozesses ist daher nicht nur von wissenschaftlichem Interesse, sondern auch von enormer praktischer Relevanz.

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