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Abteilung Biologie -
Begriffserklärung

Biologie

Enkephalin

Enkephaline sind endogene (körpereigene) Peptide, die als Neurotransmitter und Neuromodulatoren im zentralen und peripheren Nervensystem wirken. Sie gehören zur Gruppe der Opioidpeptide und spielen eine zentrale Rolle in der Schmerzregulation, der Stressantwort und der Modulation von emotionalem Verhalten. Ihre biochemischen und physiologischen Eigenschaften machen sie zu einem bedeutenden Forschungsfeld in der Neurobiologie und Pharmakologie.

Biochemisch gesehen sind Enkephaline kurze Peptide, die aus fünf Aminosäuren bestehen. Es gibt zwei Haupttypen: das Methionin-Enkephalin (Met-Enkephalin) mit der Aminosäuresequenz Tyr-Gly-Gly-Phe-Met und das Leucin-Enkephalin (Leu-Enkephalin), bei dem Methionin durch Leucin ersetzt ist. Beide Peptide werden aus größeren Vorläuferproteinen, den sogenannten Proenkephalinen, durch enzymatische Spaltung gebildet. Die Struktur von Enkephalinen ermöglicht es ihnen, an spezifische Opioidrezeptoren zu binden, insbesondere an die Delta- und teilweise an die My-Rezeptoren, die zu den G-Protein-gekoppelten Rezeptoren gehören.

Die Hauptfunktion von Enkephalinen liegt in ihrer Fähigkeit, Schmerzsignale zu modulieren. Sie wirken als natürliche Analgetika, indem sie die Weiterleitung von Schmerzreizen in Rückenmark und Gehirn hemmen. Enkephaline binden an Opioidrezeptoren auf Neuronen, was zu einer Hemmung der Freisetzung exzitatorischer Neurotransmitter wie Substanz P führt, die an der Übertragung von Schmerzimpulsen beteiligt sind. Dadurch wird die Schmerzempfindung reduziert, ähnlich wie bei exogenen Opioiden wie Morphin, jedoch ohne die starken Nebenwirkungen und das Suchtpotenzial dieser Substanzen.

Neben der Schmerzregulation spielen Enkephaline eine wichtige Rolle in anderen physiologischen Prozessen. Sie sind an der Stressantwort beteiligt, indem sie die Freisetzung von Stresshormonen wie Cortisol beeinflussen. Zudem haben sie eine Funktion in der Regulation von emotionalem Verhalten und können positive Effekte auf die Stimmung haben. Studien legen nahe, dass Enkephaline auch eine Rolle bei der Regulation von Nahrungsaufnahme, kardiovaskulären Funktionen und Immunantworten spielen.

Die Freisetzung und Wirkung von Enkephalinen unterliegt einer strengen Regulation. Sie werden in spezifischen Neuronen synthetisiert und in Vesikeln gespeichert, bis sie durch elektrische Signale freigesetzt werden. Nach ihrer Freisetzung wirken sie für kurze Zeit an den Rezeptoren und werden dann durch Peptidasen, insbesondere die Enzyme Enkephalinase und Aminopeptidase, schnell abgebaut. Diese kurze Wirkungsdauer ist notwendig, um eine präzise und zeitlich begrenzte Signalübertragung zu gewährleisten.

Dysregulationen des Enkephalinsystems sind mit verschiedenen pathologischen Zuständen verbunden. Eine verringerte Aktivität der Enkephaline oder ihrer Rezeptoren kann zu chronischen Schmerzsyndromen, Depressionen oder Angststörungen beitragen. Umgekehrt kann eine übermäßige Aktivität des Systems mit Suchtverhalten oder der Toleranzentwicklung gegenüber Schmerzmitteln assoziiert sein.

Die pharmakologische Forschung hat versucht, das Enkephalinsystem therapeutisch zu nutzen. Inhibitoren der Enkephalinabbauenden Enzyme, sogenannte Enkephalinase-Inhibitoren, wurden entwickelt, um die Wirkung der körpereigenen Enkephaline zu verlängern und so Schmerz oder Angst zu lindern. Diese Ansätze haben das Potenzial, eine Alternative zu herkömmlichen Opioiden darzustellen und deren Nebenwirkungen, wie Sucht und Atemdepression, zu vermeiden.

Zusammenfassend sind Enkephaline zentrale Akteure in der Schmerzregulation und an einer Vielzahl physiologischer Prozesse beteiligt. Sie repräsentieren ein komplexes und dynamisches System, das es dem Körper ermöglicht, auf Reize wie Schmerz oder Stress angemessen zu reagieren. Ihre Erforschung hat nicht nur unser Verständnis von neuronalen Netzwerken und Opioidmechanismen erweitert, sondern auch neue Perspektiven für die Entwicklung von Therapien gegen Schmerz, Angst und andere neurologische Erkrankungen eröffnet.

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