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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung

Psychologie

Überbehütung

Überbehütung bezeichnet in der Psychologie einen Erziehungsstil, bei dem Eltern oder Bezugspersonen ihre Kinder in einem übermäßigen Maß beschützen und kontrollieren. Dieser Erziehungsstil geht oft über die normale Fürsorge und Aufsicht hinaus und kann dazu führen, dass das Kind in seiner Entwicklung von Autonomie und Selbstständigkeit eingeschränkt wird. Überbehütung ist gekennzeichnet durch eine ständige Überwachung des Verhaltens des Kindes, das Abfangen von potenziellen Gefahren und eine übermäßige Sorge um das Wohlergehen des Kindes, die häufig zu einer fehlenden Selbstständigkeit und einer erhöhten Abhängigkeit vom Elternhaus führen kann.

Der Begriff „Überbehütung“ umfasst mehrere Dimensionen, darunter die emotionale, physische und soziale Kontrolle des Kindes. Im emotionalen Bereich kann Überbehütung dazu führen, dass ein Kind wenig Raum hat, eigene Erfahrungen zu machen oder seine eigenen emotionalen Reaktionen zu entwickeln. Eltern, die überbehütend sind, neigen dazu, die Ängste oder Sorgen des Kindes zu intensiv zu spüren und dazu, diese Ängste durch Überfürsorge zu lindern, anstatt das Kind zu ermutigen, selbst mit seinen Ängsten umzugehen und Problemlösungsfähigkeiten zu entwickeln.

Im physischen Bereich bedeutet Überbehütung, dass die Eltern ständig auf das Wohl des Kindes bedacht sind und es in seiner physischen Unabhängigkeit einschränken, indem sie etwa regelmäßig in alltägliche Aktivitäten eingreifen, anstatt dem Kind die Freiheit zu lassen, Risiken und Herausforderungen selbst zu erleben. Dazu gehören beispielsweise das ständige Begleiten des Kindes bei Aktivitäten wie Spielen, Lernen oder sozialen Interaktionen, um sicherzustellen, dass es keiner Gefahr ausgesetzt ist. Diese intensive Kontrolle kann das Kind daran hindern, ein gesundes Verständnis für Selbstverantwortung und die Fähigkeit zu entwickeln, eigene Entscheidungen zu treffen.

In sozialen Kontexten kann Überbehütung dazu führen, dass das Kind Schwierigkeiten hat, mit anderen Gleichaltrigen zu interagieren oder Konflikte selbst zu lösen. Überbehütende Eltern neigen oft dazu, ihre Kinder vor sozialen Herausforderungen zu schützen und lösen Probleme für sie, statt sie in den Prozess der Konfliktlösung einzubeziehen. Dies kann dazu führen, dass das Kind in sozialen Situationen unsicher wird und Schwierigkeiten hat, Selbstvertrauen zu entwickeln oder effektiv mit anderen zu kommunizieren.

Psychologisch betrachtet kann Überbehütung langfristige Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Kinder, die in einem überbehüteten Umfeld aufwachsen, entwickeln oft eine geringe Selbstständigkeit und Selbstwirksamkeit, da sie nie lernen, auf ihre eigenen Fähigkeiten zu vertrauen oder eigene Lösungen zu finden. In vielen Fällen führt dies zu einer erhöhten Ängstlichkeit, weil das Kind nicht gelernt hat, mit Herausforderungen oder potenziellen Gefahren selbstständig umzugehen. Diese Kinder könnten im späteren Leben mehr Angst vor dem Scheitern haben und sich unsicher fühlen, wenn sie Verantwortung übernehmen müssen. Zudem kann eine übermäßige Kontrolle durch Eltern zu einem eingeschränkten Selbstbewusstsein und einer Abhängigkeit von externen Bestätigungen führen.

Ein weiteres Risiko der Überbehütung ist die Entwicklung von Helikoptereltern, einem Phänomen, bei dem Eltern eine sehr starke, dauerhafte Kontrolle über das Leben ihres Kindes ausüben, oft bis ins Erwachsenenalter. Diese Eltern sind in alle Lebensbereiche des Kindes involviert und setzen ihre eigenen Wünsche und Ängste über die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes. Die psychologischen Auswirkungen auf das Kind können in Form von Mangel an Eigeninitiative, Abhängigkeit und fehlender Problemlösungsfähigkeit auftreten. Erwachsene, die in einem überbehüteten Umfeld aufgewachsen sind, haben oft Schwierigkeiten, im Berufsleben, in Beziehungen oder in anderen Lebensbereichen eigenständig zu handeln und Verantwortung zu übernehmen.

Überbehütung kann auch zu verzögerten sozialen Fähigkeiten führen. Kinder, die nicht die Freiheit haben, aus eigenen Fehlern zu lernen oder sich mit anderen Gleichaltrigen auseinanderzusetzen, sind in ihrer Fähigkeit, soziale Kompetenzen zu entwickeln, eingeschränkt. Sie könnten Schwierigkeiten haben, die Bedürfnisse und Perspektiven anderer zu verstehen oder konstruktive Konflikte zu lösen. Auch das Entwickeln von Empathie und sozialer Verantwortung kann unter einer übermäßigen elterlichen Kontrolle leiden.

Ein weiterer psychologischer Aspekt von Überbehütung ist die mögliche Entstehung von emotionaler Abhängigkeit. Kinder, die ständig von ihren Eltern begleitet und unterstützt werden, lernen möglicherweise nicht, mit den eigenen Emotionen umzugehen oder diese selbst zu regulieren. Sie könnten dazu neigen, in stressigen oder herausfordernden Situationen auf die Unterstützung von anderen zu warten, anstatt selbstständig nach Lösungen zu suchen. In extremen Fällen kann dies zu Abhängigkeitsstörungen im Erwachsenenalter führen.

In der Erziehungswissenschaft und der Familientherapie wird empfohlen, dass Eltern ihren Kindern genügend Freiraum für eigene Erfahrungen und Fehler lassen, um die Entwicklung von Autonomie und Problemlösungsfähigkeiten zu fördern. Ein ermutigender Erziehungsstil, der auf Gegenseitigkeit und Vertrauen basiert, wird als gesünder und langfristig förderlicher angesehen. Kinder brauchen ausreichend Unterstützung, um ihre eigenen Fähigkeiten zu entdecken, aber auch die Gelegenheit, Verantwortung zu übernehmen und in einem sicheren Rahmen zu lernen, was passiert, wenn sie Fehler machen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Überbehütung ein Erziehungsstil ist, der das Kind in seiner Entwicklung und Selbstständigkeit stark einschränken kann. Sie kann zu Ängstlichkeit, Abhängigkeit und Schwierigkeiten im Umgang mit Herausforderungen führen, weil dem Kind oft der notwendige Raum zur Entfaltung von Eigenständigkeit und Problemlösungsfähigkeiten fehlt. Eine ausgewogene Unterstützung und Förderung der Selbstständigkeit ist entscheidend, damit Kinder gesunde Selbstwirksamkeit entwickeln können und in der Lage sind, ihre Umgebung mit Vertrauen und Resilienz zu begegnen.

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