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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung

Psychologie

Überbetonung

Überbetonung bezeichnet in der Psychologie das Phänomen, bei dem bestimmte Aspekte einer Situation, eines Themas oder eines Ereignisses übermäßig hervorgehoben oder betont werden, wodurch die Wahrnehmung verzerrt wird. Diese kognitive Verzerrung führt dazu, dass bestimmte Informationen oder Eindrücke unangemessen viel Bedeutung zugeschrieben wird, während andere wichtige Elemente möglicherweise unterbewertet oder ignoriert werden. Überbetonung kann in verschiedenen Kontexten auftreten, von der Wahrnehmung von Problemen und Konflikten bis hin zur Bewertung von eigenen Fähigkeiten oder zwischenmenschlichen Beziehungen.

Ein häufiges Beispiel für Überbetonung ist die Selektive Wahrnehmung, bei der Menschen dazu neigen, sich nur auf bestimmte Informationen zu konzentrieren, die ihre bereits bestehenden Überzeugungen oder Ängste bestätigen, und andere relevante Aspekte auszublenden. Diese Verzerrung kann dazu führen, dass Menschen größere Probleme oder Herausforderungen in einer Situation sehen, als tatsächlich vorhanden sind. Zum Beispiel könnte jemand, der in einer neuen beruflichen Rolle arbeitet, sich auf einen einzigen Fehler konzentrieren und diesen überbetonen, während er alle positiven Rückmeldungen und Erfolge übersieht, was zu übermäßiger Selbstkritik und einer verzerrten Selbstwahrnehmung führt.

Überbetonung ist auch eng mit dem Konzept der kognitiven Verzerrungen verbunden, insbesondere mit der Verzerrung der negativen Wahrnehmung. Menschen, die zur Überbetonung neigen, könnten dazu tendieren, negative Erfahrungen oder Eindrücke als besonders bedeutend wahrzunehmen und zu vergrößern, während positive Aspekte oder Erfolge eher als weniger wichtig angesehen werden. Dies kann zu Ängsten, Depressionen und geringem Selbstwertgefühl führen, da sich die betroffene Person mehr auf die negativen als auf die positiven Elemente ihrer Erfahrungen konzentriert.

Ein weiteres Beispiel für Überbetonung findet sich in der Konfliktbewältigung. In zwischenmenschlichen Beziehungen neigen Menschen manchmal dazu, einen bestimmten Vorfall oder ein Missverständnis zu überbetonen, was den Konflikt unnötig eskalieren lässt. In solchen Fällen kann eine kleine Meinungsverschiedenheit oder ein unbedachter Kommentar als weit gravierender wahrgenommen werden, als er tatsächlich ist. Dies führt oft dazu, dass Beziehungen unnötig belastet werden, da die betroffene Person ihre Aufmerksamkeit ausschließlich auf das Problem richtet und es größer macht, als es in Wirklichkeit ist.

Überbetonung kann auch in medialer oder gesellschaftlicher Kommunikation vorkommen. Medienberichte neigen oft dazu, bestimmte Ereignisse oder Aspekte eines Ereignisses zu überbetonen, was die öffentliche Wahrnehmung verzerren kann. Ein dramatisches Beispiel wäre die übermäßige Berichterstattung über einen seltenen, aber extremen Vorfall, wie etwa ein tragisches Verbrechen oder ein Unglück, was dazu führen kann, dass die Gesellschaft diese Ereignisse als häufiger oder bedrohlicher wahrnimmt, als sie tatsächlich sind. Diese Art von Überbetonung kann zu unnötiger Angst, Verunsicherung oder irrationalem Verhalten führen.

Ein weiterer Bereich, in dem Überbetonung eine Rolle spielt, ist in der Selbstwahrnehmung und der Selbstkritik. Menschen, die zu Überbetonung neigen, fokussieren sich häufig auf ihre Mängel oder Fehler und gewichten diese unangemessen stark. So könnte jemand, der in einem Projekt eine kleine Panne hatte, diese als persönlichen Misserfolg deuten und sich selbst als unfähig oder inkompetent empfinden, obwohl der Rest der Arbeit ein Erfolg war. Solche Übertreibungen können das Selbstwertgefühl beeinträchtigen und zu negativen emotionalen Zuständen wie Scham oder Selbstzweifeln führen.

In der therapeutischen Arbeit, insbesondere in der kognitiven Verhaltenstherapie (CBT), wird Überbetonung oft als eine der kognitiven Verzerrungen behandelt. In der Therapie lernen die Klienten, die Bedeutung von Ereignissen oder Gedanken realistischer zu bewerten und ihre Wahrnehmung zu hinterfragen. Ziel ist es, die verzerrte Wahrnehmung zu korrigieren und eine ausgeglichenere und objektivere Sicht auf die Realität zu entwickeln. Menschen, die dazu neigen, ihre Probleme zu überbetonen, können durch kognitive Techniken lernen, ihre Gedanken und Reaktionen zu relativieren und eine gesündere, weniger belastende Sichtweise zu entwickeln.

Insgesamt lässt sich sagen, dass Überbetonung eine kognitive Verzerrung darstellt, bei der bestimmte Informationen oder Aspekte einer Situation unnötig hervorgehoben werden, was zu einer verzerrten Wahrnehmung und übermäßigen emotionalen Reaktionen führen kann. Sie ist ein häufiges Phänomen in der menschlichen Wahrnehmung und kann sowohl auf persönlichen als auch auf gesellschaftlichen Ebenen zu Missverständnissen, Ängsten und unrealistischen Bewertungen führen. Das Erkennen und Korrigieren von Überbetonung kann zu einer realistischeren und gesünderen Wahrnehmung der eigenen Situation und der Welt im Allgemeinen beitragen.

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