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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung
Anorexie (Anorexia nervosa)
Anorexie, medizinisch auch als Anorexia nervosa bezeichnet, ist eine schwere psychische und physische Erkrankung, die durch einen extremen Gewichtsverlust, eine ausgeprägte Angst vor Gewichtszunahme und eine gestörte Körperwahrnehmung gekennzeichnet ist. Betroffene Personen empfinden sich trotz eines Untergewichts häufig als „zu dick“ und setzen daher extreme Maßnahmen ein, um ihr Gewicht zu reduzieren, wie strikte Diäten, exzessiven Sport, das gezielte Erbrechen nach dem Essen oder den Missbrauch von Abführmitteln. Anorexia nervosa gehört zu den essenziellen Essstörungen und kann langfristig schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben, einschließlich lebensbedrohlicher Komplikationen.
Die Ursachen für Anorexie sind komplex und resultieren aus einem Zusammenspiel biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren. Genetische Prädispositionen, wie bestimmte Persönlichkeitsmerkmale (zum Beispiel Perfektionismus, hohes Kontrollbedürfnis) und neurobiologische Ungleichgewichte, können das Risiko für die Entwicklung einer Anorexie erhöhen. Darüber hinaus spielen psychologische Faktoren eine große Rolle. Betroffene haben oft ein geringes Selbstwertgefühl und ein starkes Bedürfnis nach Kontrolle, das sich auf ihren Körper und ihr Essverhalten überträgt. Zusätzlich können traumatische Erlebnisse oder belastende Lebensereignisse, wie Mobbing oder familiäre Konflikte, die Erkrankung begünstigen. Gesellschaftliche Einflüsse, insbesondere Schönheitsideale und der soziale Druck, ein „perfektes“ Körperbild zu haben, tragen ebenfalls zur Entstehung von Anorexie bei.
Die Symptome der Anorexia nervosa sind sowohl körperlicher als auch psychischer Natur. Körperlich führt die anhaltende Unterernährung zu einem erheblichen Gewichtsverlust und verursacht zahlreiche Gesundheitsprobleme, wie Kreislaufprobleme, Muskelschwäche, Ausfall der Menstruation (Amenorrhoe), trockene Haut, Haarverlust, Zahnschäden und eine Abnahme der Knochendichte, was das Risiko für Osteoporose erhöht. In extremen Fällen kann es zu Herzrhythmusstörungen, Organversagen und sogar zum Tod kommen. Psychisch äußert sich die Erkrankung in einem verzerrten Selbstbild und einer intensiven Angst vor Gewichtszunahme. Betroffene beschäftigen sich exzessiv mit Kalorien, Nahrung und Gewichtskontrolle und haben ein gestörtes Verhältnis zu ihrem eigenen Körper. Oft fühlen sie sich selbst dann „zu dick“, wenn sie stark untergewichtig sind.
Diagnostiziert wird Anorexia nervosa durch bestimmte Kriterien, die unter anderem im Diagnostischen und Statistischen Manual psychischer Störungen (DSM-5) festgelegt sind. Dazu gehören ein signifikant niedriges Körpergewicht, das weit unter dem alters- und geschlechtsspezifischen Normgewicht liegt, die intensive Angst vor einer Gewichtszunahme und eine ausgeprägte Störung der Körperwahrnehmung. Die Diagnose erfolgt durch eine umfassende körperliche und psychologische Untersuchung, bei der das Gewicht, die Essgewohnheiten und die psychische Verfassung der betroffenen Person erfasst werden.
Die Behandlung von Anorexie ist oft langwierig und erfordert eine Kombination aus psychotherapeutischen, medizinischen und, in manchen Fällen, medikamentösen Ansätzen. Eine der häufigsten Therapieformen ist die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), die darauf abzielt, das verzerrte Körperbild, die Essgewohnheiten und die zugrunde liegenden Ängste und Überzeugungen zu verändern. Der Aufbau eines gesunden Selbstwertgefühls und die Arbeit an Strategien zur Stressbewältigung sind ebenfalls zentrale Bestandteile der Therapie. In schwerwiegenden Fällen, in denen das Leben der Betroffenen gefährdet ist, kann eine stationäre Behandlung erforderlich sein, um das Gewicht zu stabilisieren und die körperliche Gesundheit zu verbessern. Ernährungsberatung und Unterstützung durch das soziale Umfeld sind ebenfalls wichtig, um die betroffenen Personen langfristig auf ihrem Weg zur Genesung zu begleiten.
Anorexia nervosa ist eine ernsthafte Erkrankung, die unbehandelt häufig chronisch verläuft und zu lebenslangen gesundheitlichen Schäden führen kann. Frühe Diagnose und Intervention sind entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung und die langfristige Erholung der betroffenen Personen. Da die Störung tief verwurzelte psychologische und soziale Komponenten hat, ist ein umfassendes Verständnis der individuellen Hintergründe und Bedürfnisse der Betroffenen notwendig, um die bestmögliche Unterstützung zu bieten.
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