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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung
Bewältigungsstrategien
Bewältigungsstrategien, auch Coping-Strategien genannt, sind psychologische Methoden und Verhaltensweisen, die Menschen einsetzen, um mit belastenden Situationen, Stress oder Herausforderungen umzugehen. Sie dienen dazu, emotionale, mentale oder physische Spannungen zu regulieren und den negativen Einfluss von Stressoren auf das Wohlbefinden zu minimieren. In der Psychologie wird zwischen verschiedenen Arten von Bewältigungsstrategien unterschieden, die jeweils auf unterschiedliche Weisen zur Stressreduktion beitragen können. Diese Strategien spielen eine wichtige Rolle in der Resilienzforschung und im Bereich der psychischen Gesundheit, da sie maßgeblich beeinflussen, wie gut Menschen mit Belastungen umgehen und langfristig eine positive Lebensqualität aufrechterhalten können.
Man unterscheidet im Allgemeinen zwischen problemorientierten, emotionsorientierten und vermeidenden Bewältigungsstrategien. Problemorientierte Bewältigungsstrategien zielen darauf ab, die stressverursachende Situation direkt zu verändern oder zu bewältigen. Dies kann durch konkrete Maßnahmen wie Zeitmanagement, Planung, Priorisierung und die Suche nach Unterstützung geschehen. Menschen, die problemorientierte Strategien anwenden, versuchen aktiv, die Ursachen des Stresses anzugehen und zu lösen. Diese Strategien sind oft dann besonders effektiv, wenn die stressauslösenden Faktoren kontrollierbar sind, wie etwa bei Aufgaben im Beruf oder persönlichen Konflikten. Sie fördern langfristig das Gefühl von Selbstwirksamkeit und Handlungskompetenz, da das Individuum durch aktive Problemlösung die Kontrolle über die Situation zurückgewinnt.
Emotionsorientierte Bewältigungsstrategien hingegen konzentrieren sich darauf, die emotionalen Reaktionen auf eine stressauslösende Situation zu regulieren. Diese Strategien sind besonders dann hilfreich, wenn eine Situation nicht oder nur schwer veränderbar ist – wie etwa der Verlust eines geliebten Menschen oder eine chronische Krankheit. Emotionsorientiertes Coping umfasst Techniken wie Achtsamkeit, Meditation, Entspannungsübungen und kognitive Umstrukturierung. Auch das Gespräch mit Freunden oder das Ausdrücken von Emotionen durch Schreiben oder kreative Tätigkeiten können emotionale Erleichterung bringen. Emotionsorientiertes Coping dient dazu, belastende Gefühle zu mindern und das emotionale Wohlbefinden zu verbessern, ohne dass die konkrete Situation verändert werden muss.
Vermeidende Bewältigungsstrategien hingegen zielen darauf ab, die stressauslösende Situation zu meiden oder die Auseinandersetzung damit hinauszuzögern. Dazu gehören Verhaltensweisen wie Ablenkung, Verdrängung und Rückzug. Menschen, die auf Vermeidung setzen, neigen dazu, sich eher auf kurzfristige Erleichterung als auf langfristige Problemlösung zu konzentrieren. So kann Ablenkung, beispielsweise durch Aktivitäten wie Fernsehen, Spiele oder andere Hobbys, kurzfristig helfen, den Stress zu reduzieren. Auf lange Sicht kann jedoch Vermeidung zu einer Verschlechterung der Situation führen, da die zugrunde liegenden Probleme ungelöst bleiben und der Stress langfristig zunimmt. Vermeidung wird daher oft als weniger adaptive Strategie angesehen und kann, wenn sie zum dominanten Bewältigungsmechanismus wird, sogar zur Verschlimmerung von Stress und psychischen Beschwerden wie Angststörungen oder Depressionen beitragen.
Ein weiteres wichtiges Konzept im Bereich der Bewältigungsstrategien ist die kognitive Umstrukturierung. Dabei geht es darum, die eigene Wahrnehmung und Interpretation der stressauslösenden Situation zu verändern. Dieser Ansatz basiert auf der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) und beinhaltet Techniken, die darauf abzielen, negative oder verzerrte Denkmuster zu erkennen und durch realistischere und hilfreichere Gedanken zu ersetzen. Beispielsweise kann eine Person, die vor einer wichtigen Präsentation steht und befürchtet zu versagen, diese Gedanken hinterfragen und alternative, positivere Sichtweisen entwickeln („Ich bin gut vorbereitet, und ich werde mein Bestes geben.“). Diese Art des Copings fördert die Resilienz, indem sie die innere Einstellung zur Situation verändert und das individuelle Stressniveau senkt.
Die Wahl der Bewältigungsstrategien kann von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden, darunter Persönlichkeit, Vorerfahrungen, die Art der Belastung und das soziale Umfeld. Studien zeigen, dass Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit und einer positiven Grundhaltung eher zu problemorientiertem und emotionsorientiertem Coping neigen, während Menschen mit hohem Stressniveau oder geringem Vertrauen in ihre Problemlösefähigkeit eher auf Vermeidung zurückgreifen. Auch das soziale Umfeld spielt eine große Rolle: Menschen mit starken sozialen Unterstützungsnetzwerken neigen dazu, konstruktivere Strategien zu entwickeln, da sie Zugang zu emotionaler Unterstützung und praktischer Hilfe haben.
In der Psychotherapie werden Bewältigungsstrategien gezielt gefördert, um Klienten dabei zu helfen, mit stressreichen und belastenden Situationen besser umzugehen. Hierzu gehört das Erlernen und Einüben von Techniken, die sowohl problem- als auch emotionsorientiertes Coping stärken, beispielsweise durch Achtsamkeitsübungen, kognitive Umstrukturierung und soziale Unterstützung. Insbesondere in der Verhaltenstherapie wird daran gearbeitet, maladaptive Bewältigungsstrategien zu erkennen und durch funktionale Verhaltensweisen zu ersetzen.
Zusammengefasst sind Bewältigungsstrategien zentrale Methoden der Stressbewältigung, die darauf abzielen, Menschen in belastenden Situationen zu unterstützen. Durch eine flexible und situationsangepasste Wahl der Strategien können Individuen ihre Resilienz stärken und psychische Gesundheit fördern. Die Förderung positiver Bewältigungsstrategien ist daher ein wichtiger Bestandteil der Prävention und Behandlung von Stress- und Belastungsstörungen, da sie den Umgang mit Herausforderungen erleichtert und das Wohlbefinden langfristig verbessert.
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