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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung

Psychologie

Bindung

Bindung bezeichnet das emotionale Band, das sich zwischen einem Kind und seinen primären Bezugspersonen, in der Regel den Eltern oder den Hauptbetreuern, entwickelt. Sie ist ein grundlegendes Konzept in der Entwicklungspsychologie und beschreibt die starke emotionale Verbindung, die sich in den ersten Lebensjahren bildet und als sichere Basis dient, von der aus ein Kind die Welt erkunden kann. Eine stabile und sichere Bindung unterstützt das Kind dabei, sich geborgen und geschützt zu fühlen und eine positive Vorstellung von sich selbst und anderen Menschen zu entwickeln.

Das Konzept der Bindung wurde maßgeblich durch den Psychologen John Bowlby und die Bindungstheorie geprägt. Bowlby untersuchte, wie die Qualität der frühen Bindungen die emotionale und soziale Entwicklung eines Kindes beeinflusst. Er stellte fest, dass eine sichere Bindung zu einer verlässlichen Bezugsperson entscheidend ist, um später gesunde Beziehungen und eine stabile psychische Entwicklung zu fördern. Mary Ainsworth, eine Kollegin Bowlbys, entwickelte die sogenannte „Fremde-Situations-Test“, um die Bindungsqualität von Kindern empirisch zu untersuchen. Auf dieser Grundlage identifizierte sie verschiedene Bindungsstile, die die Art und Weise beschreiben, wie Kinder auf die Trennung und Wiedervereinigung mit ihrer Bezugsperson reagieren.

Die Haupttypen der Bindung sind:

Sichere Bindung
Kinder mit einer sicheren Bindung haben eine Bezugsperson, die auf ihre Bedürfnisse zuverlässig und einfühlsam reagiert. Diese Kinder fühlen sich in der Nähe ihrer Bezugsperson geborgen und trauen sich, ihre Umgebung zu erkunden, weil sie wissen, dass sie bei Unsicherheit oder Angst zurückkehren und Unterstützung finden können. Bei Trennung zeigen sie oft Traurigkeit oder Stress, beruhigen sich jedoch wieder, wenn die Bezugsperson zurückkehrt. Diese Bindungsform wird als ideal angesehen, da sie das Fundament für eine stabile emotionale Entwicklung und das Vertrauen in zwischenmenschliche Beziehungen bildet.

Unsicher-vermeidende Bindung
Kinder mit einer unsicher-vermeidenden Bindung haben oft die Erfahrung gemacht, dass ihre Bedürfnisse nicht zuverlässig erfüllt werden. Sie neigen dazu, ihre Gefühle zu unterdrücken und vermeiden den Kontakt zu ihrer Bezugsperson, insbesondere in stressreichen Situationen. Diese Kinder erscheinen oft unabhängig und zeigen wenig emotionale Reaktion bei der Trennung oder Rückkehr der Bezugsperson. In Wirklichkeit haben sie jedoch gelernt, ihre Bedürfnisse nach Nähe nicht offen zu zeigen, da sie diese als nicht erfüllbar empfinden.

Unsicher-ambivalente Bindung
Kinder mit einer unsicher-ambivalenten Bindung erleben ihre Bezugsperson als inkonsistent und unvorhersehbar in ihrer Reaktion. Diese Kinder zeigen oft widersprüchliche Verhaltensweisen, indem sie Nähe suchen, aber gleichzeitig ärgerlich oder ablehnend reagieren. Sie sind unsicher, ob ihre Bedürfnisse erfüllt werden, und zeigen häufig starkes Klammern oder intensive Trennungsangst. Bei der Wiedervereinigung zeigen sie sowohl Freude als auch Wut, was auf eine innere Verunsicherung hinweist.

Desorganisierte Bindung
Kinder mit desorganisierter Bindung zeigen ein widersprüchliches und oft verwirrtes Verhalten gegenüber ihrer Bezugsperson. Diese Bindungsform wird häufig bei Kindern beobachtet, die in instabilen oder traumatisierenden Verhältnissen aufwachsen, etwa bei Missbrauch oder Vernachlässigung. Diese Kinder sind stark verunsichert und reagieren oft verwirrt, wenn sie in stressigen Situationen Trost suchen. Ihr Verhalten zeigt eine Mischung aus Angst, Annäherung und Zurückweichen, was auf eine fehlende Strategie zur Bewältigung von Stress und Angst hinweist.

Die Bindungserfahrungen in der Kindheit beeinflussen nachhaltig die Entwicklung der Persönlichkeit und die Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen im Erwachsenenalter. Sicher gebundene Kinder neigen dazu, im späteren Leben stabilere und vertrauensvollere Beziehungen einzugehen, während unsichere Bindungserfahrungen die Anfälligkeit für Probleme in engen Beziehungen und psychische Herausforderungen erhöhen können.

Die Erkenntnisse der Bindungstheorie sind von großer praktischer Bedeutung, da sie aufzeigen, wie wichtig die frühkindliche emotionale Zuwendung für die gesunde Entwicklung von Kindern ist. In der Kinderpsychologie und Erziehungsberatung wird die Förderung einer sicheren Bindung zwischen Kind und Bezugsperson als entscheidend für die gesunde Entwicklung des Kindes angesehen. Bindungsorientierte Erziehungsansätze betonen daher die Bedeutung von Einfühlungsvermögen, Stabilität und Konsistenz im Umgang mit Kindern, um eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen, die ihnen hilft, Selbstbewusstsein und Resilienz zu entwickeln.

Zusammengefasst ist Bindung ein zentrales Konzept, das die emotionale Grundlage für die soziale und psychische Entwicklung eines Menschen legt. Die Bindungserfahrungen in der Kindheit bilden ein wichtiges Fundament für die Fähigkeit, stabile und erfüllende Beziehungen aufzubauen, und können das gesamte spätere Leben eines Menschen prägen.

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