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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung

Psychologie

Bobo-Doll-Experiment

Das Bobo-Doll-Experiment ist eine bekannte Studie des amerikanischen Psychologen Albert Bandura, die in den 1960er Jahren durchgeführt wurde und maßgeblich zum Verständnis des sozialen Lernens beigetragen hat. Das Experiment zielte darauf ab, zu untersuchen, wie Menschen, insbesondere Kinder, durch Beobachtung das Verhalten anderer übernehmen. Banduras Forschungen legten die Grundlage für die Theorie des Beobachtungslernens oder Modelllernens, die davon ausgeht, dass Menschen nicht nur durch direkte Erfahrungen und deren Konsequenzen lernen, sondern auch durch das Beobachten und Nachahmen von Verhalten. Die Ergebnisse des Experiments hatten weitreichende Auswirkungen auf die Psychologie, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung von Aggression und das Lernen sozialer Verhaltensmuster.

Im Bobo-Doll-Experiment wurden Kindern im Alter zwischen 3 und 6 Jahren Videos gezeigt, in denen Erwachsene sich aggressiv gegenüber einer aufblasbaren, sogenannten „Bobo-Puppe“ verhielten. Diese Puppe, die sich bei Stößen immer wieder aufrichtete, diente als Ziel aggressiver Handlungen wie Schlagen, Treten und verbalen Beschimpfungen. Die erwachsenen Modelle wurden in den Videos für ihr Verhalten entweder gelobt, bestraft oder erhielten keinerlei Reaktionen auf ihre aggressiven Handlungen. Anschließend beobachteten die Forscher, wie sich die Kinder selbst im Umgang mit der Puppe verhielten, nachdem sie das Verhalten der Erwachsenen gesehen hatten.

Die Ergebnisse des Experiments zeigten, dass die Kinder das aggressive Verhalten der Erwachsenenmodelle imitiert hatten, insbesondere dann, wenn die Erwachsenen für ihr Verhalten gelobt wurden oder keine Konsequenzen erlebten. Kinder, die eine Bestrafung des Modells sahen, zeigten hingegen seltener aggressive Handlungen. Dieses Verhalten deutete darauf hin, dass Kinder durch das Beobachten der Reaktion des Modells auf dessen Verhalten lernten, welche Handlungen akzeptabel oder wünschenswert waren. Das Experiment bewies, dass das Verhalten der Erwachsenen nicht nur beobachtet, sondern auch als normativ anerkannt und nachgeahmt wurde. Es zeigte auch, dass die Kinder, nachdem sie das aggressive Verhalten einmal imitiert hatten, in der Lage waren, eigene Variationen und Formen der Aggression zu entwickeln, was die Bedeutung von Vorbildern im sozialen Lernprozess verdeutlicht.

Bandura schloss aus diesen Ergebnissen, dass das Lernen durch Beobachtung nicht nur das Nachahmen einer Handlung beinhaltet, sondern auch das Übernehmen von Konsequenzen, die das Modellverhalten mit sich bringt. Die Kinder verinnerlichten, dass Aggression eine akzeptable Möglichkeit zur Problemlösung oder zum Ausdruck von Frustration sein kann, wenn das Modell dafür belohnt oder neutral behandelt wurde. Dieser Prozess erklärt, warum Kinder und Erwachsene durch Vorbilder – seien es Eltern, Freunde oder Medienfiguren – Verhaltensweisen erlernen und ausführen, die sie nie selbst erlebt oder geübt haben. Banduras Theorie des Beobachtungslernens beschreibt diesen Prozess anhand von vier Phasen: Aufmerksamkeit, Behalten, Reproduktion und Motivation. Die Aufmerksamkeit ist notwendig, um das Modellverhalten wahrzunehmen, das Behalten sorgt für die Speicherung des Verhaltens, die Reproduktion beschreibt die Fähigkeit, das Verhalten selbst zu zeigen, und die Motivation beeinflusst, ob das Verhalten tatsächlich ausgeführt wird.

Das Bobo-Doll-Experiment warf grundlegende Fragen zu den Einflüssen von Medien und sozialem Umfeld auf die Entwicklung aggressiver Verhaltensmuster auf. Bandura stellte fest, dass Kinder anfällig dafür sind, aggressives Verhalten nachzuahmen, wenn sie dies in ihrem Umfeld oder in den Medien beobachten und wenn dieses Verhalten entweder positiv dargestellt oder nicht sanktioniert wird. Das Experiment stieß eine breite Debatte über den Einfluss von Gewalt in Medien wie Fernsehen und Videospielen an, da sich zeigte, dass Menschen, vor allem Kinder, Verhaltensweisen und Einstellungen von medialen Vorbildern übernehmen können. Auch heute noch wird diskutiert, wie sich Gewalt in Medien auf das Verhalten und die Sozialisation von Kindern auswirkt, wobei das Bobo-Doll-Experiment häufig als Referenz herangezogen wird.

In der Praxis führte das Experiment zur Erkenntnis, dass Erwachsene, die in Erziehungs- oder Vorbildrollen stehen, wie Eltern, Lehrer und Betreuer, sich ihrer Verantwortung bewusst sein sollten, da ihr Verhalten – ob verbal oder nonverbal – von Kindern aufmerksam beobachtet und gegebenenfalls nachgeahmt wird. Die Theorie des Beobachtungslernens hat daher nicht nur in der Psychologie, sondern auch in der Erziehungswissenschaft und der Verhaltensforschung eine hohe Relevanz. Das Bobo-Doll-Experiment unterstreicht, dass Werte und Verhaltensmuster durch die Beobachtung und Nachahmung von Modellen weitergegeben werden und dass die Qualität der Vorbilder einen bedeutenden Einfluss auf die moralische und soziale Entwicklung hat.

Zusammenfassend zeigte das Bobo-Doll-Experiment, dass Menschen – insbesondere Kinder – Verhalten durch Beobachtung und Nachahmung lernen und dass sie sowohl positive als auch negative Verhaltensmuster von ihren Vorbildern übernehmen können. Das Experiment legte die Grundlage für Banduras Theorie des sozialen Lernens, die beschreibt, wie Modelle das Verhalten und die Werte eines Individuums prägen. Die Erkenntnisse aus dem Bobo-Doll-Experiment verdeutlichen, wie wichtig es ist, sich der sozialen und medialen Einflüsse bewusst zu sein, da diese die Entwicklung und das Sozialverhalten nachhaltig prägen können.

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