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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung
Defizitbedürfnis
Defizitbedürfnisse sind grundlegende menschliche Bedürfnisse, deren Erfüllung notwendig ist, um ein Gefühl von Sicherheit, Stabilität und körperlichem Wohlbefinden zu erreichen. Sie werden in der Psychologie vor allem durch Abraham Maslow in seiner Bedürfnishierarchie definiert und stehen den sogenannten Wachstumsbedürfnissen gegenüber. Defizitbedürfnisse (auch „Mangelbedürfnisse“ genannt) sind Bedürfnisse, die sich aus einem tatsächlichen oder empfundenen Mangelzustand heraus entwickeln, und sie motivieren den Menschen dazu, diesen Mangel zu beseitigen. Solange die Defizitbedürfnisse nicht erfüllt sind, wird die Motivation, sie zu stillen, immer stärker. Sobald sie jedoch befriedigt sind, verliert die Motivation an Intensität, und höhere Bedürfnisse können in den Vordergrund treten.
Nach Maslows Bedürfnispyramide bilden Defizitbedürfnisse die ersten vier Stufen der Pyramide und umfassen physiologische Bedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, soziale Bedürfnisse und das Bedürfnis nach Wertschätzung. Diese Bedürfnisse betreffen grundlegende Aspekte des menschlichen Lebens und des sozialen Daseins, wie das Bedürfnis nach Nahrung, Schlaf, einem sicheren Umfeld, sozialer Zugehörigkeit und Anerkennung. Ein Beispiel für ein Defizitbedürfnis ist das Bedürfnis nach Nahrung: Wenn ein Mensch Hunger verspürt, empfindet er dies als Mangel und ist stark motiviert, diesen Zustand durch Nahrungsaufnahme zu beseitigen. Sobald das Bedürfnis nach Nahrung erfüllt ist, verliert der Hunger als Motivation an Bedeutung, und der Mensch kann sich auf andere Ziele konzentrieren.
Ein weiteres wichtiges Defizitbedürfnis ist das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit. Menschen haben das natürliche Bedürfnis, Teil von Gruppen und sozialen Netzwerken zu sein, sei es in der Familie, im Freundeskreis oder in der Gesellschaft. Wenn das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit nicht erfüllt ist, können Gefühle von Einsamkeit und Isolation auftreten, die als starker Motivator wirken, um soziale Verbindungen zu suchen. Das Gefühl der Zugehörigkeit vermittelt Sicherheit und Wohlbefinden und ist ein wichtiger Faktor für die emotionale und psychische Gesundheit. Wenn dieses Bedürfnis jedoch erfüllt ist, nimmt seine Dringlichkeit ab, und andere Bedürfnisse rücken in den Vordergrund.
Maslow betont, dass Defizitbedürfnisse sich von den Wachstumsbedürfnissen unterscheiden, die sich auf Selbstverwirklichung und persönliche Weiterentwicklung beziehen. Wachstumsbedürfnisse entstehen nicht aus einem Mangel, sondern aus dem Streben nach persönlichem Wachstum, Kreativität und Selbstentfaltung. Während Defizitbedürfnisse ein kurzfristiges Ziel haben – nämlich den Mangel zu beseitigen – sind Wachstumsbedürfnisse eher endlos und bieten eine fortwährende Quelle der Motivation. Ein Mensch, dessen Defizitbedürfnisse befriedigt sind, fühlt sich „vollständig“ und kann sich höheren Zielen widmen, wie etwa der Suche nach Sinn und der Verwirklichung seines Potenzials.
Die Bedeutung von Defizitbedürfnissen wird in der Psychologie auch in therapeutischen und pädagogischen Kontexten hervorgehoben. Ein Mensch, dessen grundlegende Bedürfnisse unerfüllt bleiben, ist häufig in seinem Denken und Handeln stark eingeschränkt. So wird etwa in der humanistischen Psychotherapie darauf geachtet, dass die Defizitbedürfnisse des Klienten ausreichend Berücksichtigung finden, bevor tiefergehende psychologische Themen adressiert werden. In der Erziehung und im Bildungswesen wird anerkannt, dass Kinder und Jugendliche ihre Potenziale besser entfalten können, wenn ihre Defizitbedürfnisse – etwa nach Sicherheit und sozialer Zugehörigkeit – erfüllt sind. Dies bildet eine stabile Grundlage, auf der sie sich emotional und intellektuell weiterentwickeln können.
Zusammengefasst sind Defizitbedürfnisse essenzielle, grundlegende Bedürfnisse, deren Erfüllung für das menschliche Wohlbefinden unabdingbar ist. Sie bilden die Basis für das Streben nach höheren Zielen und persönlichem Wachstum und sind daher eine unverzichtbare Grundlage der menschlichen Motivation.
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