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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung
Depersonalisierung
Depersonalisierung ist ein psychologisches Phänomen und eine Form der Dissoziation, bei der betroffene Personen sich selbst, ihren Körper oder ihre Gedanken als fremd, unwirklich oder distanziert wahrnehmen. Menschen, die unter Depersonalisierung leiden, beschreiben häufig, dass sie sich wie ein „Beobachter“ ihres eigenen Lebens fühlen, als ob sie von außen auf sich selbst blicken würden. Diese Empfindung ist meist stark verunsichernd und geht oft mit einem Gefühl der Entfremdung einher. Die Wahrnehmung des eigenen Körpers oder der Gedanken ist dabei verändert, und betroffene Personen erleben sich als „abgespalten“ von ihren Gefühlen und Handlungen, obwohl sie sich ihres Zustands bewusst sind und wissen, dass diese Erfahrungen subjektiv und nicht real sind.
Depersonalisierung kann episodisch auftreten oder, in schwereren Fällen, chronisch werden und ist häufig eng mit der Derealisation verbunden – einem Zustand, in dem das Umfeld als unwirklich oder fremd empfunden wird. Die Kombination dieser beiden Zustände wird als Depersonalisations-Derealisationsstörung (DDD) bezeichnet, die zu den dissoziativen Störungen zählt. Depersonalisierung tritt oft in Zeiten von starkem Stress, traumatischen Erlebnissen oder als Begleitsymptom von Angststörungen, Depressionen oder posttraumatischen Belastungsstörungen auf. In solchen Situationen dient die Depersonalisierung möglicherweise als Schutzmechanismus des Gehirns, das versucht, den intensiven emotionalen Druck abzuschwächen, indem es den Zugang zu Gefühlen und der Selbstwahrnehmung reduziert.
Menschen, die Depersonalisierung erleben, beschreiben oft das Gefühl, „neben sich zu stehen“ oder sich wie ein „Roboter“ zu fühlen. Häufig berichten Betroffene, dass ihre Körperwahrnehmung verändert ist – Arme und Beine erscheinen ihnen vielleicht wie fremde Glieder oder sie spüren ihren Körper als „unwirklich“. Auch die Wahrnehmung von Emotionen kann gestört sein: Gefühle wirken gedämpft oder wie „hinter einer Glasscheibe“, sodass der Zugang zu eigenen Emotionen blockiert scheint. Diese Symptome sind stark verunsichernd und können das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen, da sie oft das Gefühl haben, „den Bezug zu sich selbst“ verloren zu haben.
Die Ursachen der Depersonalisierung sind vielfältig und können sowohl psychologische als auch biologische Faktoren umfassen. Neurowissenschaftliche Forschungen zeigen, dass bei Menschen mit Depersonalisierung oft Veränderungen in Hirnregionen beobachtet werden, die für die Selbstwahrnehmung und die emotionale Verarbeitung zuständig sind, wie der präfrontale Kortex und das limbische System. Diese veränderten Aktivitätsmuster könnten erklären, warum Betroffene ein Gefühl von Entfremdung gegenüber sich selbst und ihren Gefühlen erleben. In psychologischer Hinsicht wird Depersonalisierung oft als Reaktion auf schwerwiegende Stressoren oder traumatische Erfahrungen verstanden, die eine intensive emotionale Überforderung darstellen. Indem das Gehirn die Wahrnehmung von Gefühlen und dem Selbst abschwächt, versucht es möglicherweise, eine kurzfristige Linderung von überwältigenden Emotionen zu erreichen.
Die Behandlung von Depersonalisierung richtet sich häufig nach den zugrunde liegenden Ursachen. Wenn die Depersonalisierung mit Angststörungen oder Depressionen einhergeht, können psychotherapeutische Ansätze, wie die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), hilfreich sein. In der KVT lernen Betroffene, belastende Gedanken und Verhaltensmuster zu erkennen und zu verändern und den Umgang mit Stress zu verbessern. Achtsamkeitsbasierte Ansätze, die darauf abzielen, die Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment zu lenken, können ebenfalls unterstützend wirken, indem sie Betroffenen helfen, sich stärker mit ihren eigenen Gefühlen und ihrer Umgebung zu verbinden. Für Menschen, die Depersonalisierung infolge von Traumata erleben, kann eine traumatherapeutische Behandlung sinnvoll sein, etwa durch Techniken wie EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing), die darauf abzielt, belastende Erinnerungen zu verarbeiten und die emotionale Reaktion auf das Trauma zu verändern.
Zusammenfassend ist Depersonalisierung ein komplexes und belastendes Erleben, das zu tiefen Gefühlen der Entfremdung und Distanz gegenüber dem eigenen Selbst führen kann. Obwohl Depersonalisierung oft als Schutzmechanismus verstanden wird, kann sie für die Betroffenen erhebliche Einschränkungen und Verunsicherung mit sich bringen. Durch therapeutische Interventionen und Techniken zur Verbesserung der Selbstwahrnehmung und Emotionsregulation können Betroffene jedoch lernen, diesen Zustand zu verstehen und besser mit ihm umzugehen.
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