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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung

Psychologie

Fehlverhalten

Fehlverhalten bezeichnet in der Psychologie jedes Verhalten, das von den sozialen, moralischen oder rechtlichen Normen und Erwartungen einer Gesellschaft oder einer bestimmten sozialen Gruppe abweicht. Es umfasst eine Vielzahl von Handlungen, die als unangemessen, problematisch oder destruktiv angesehen werden, sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene. Fehlverhalten kann sich in verschiedenen Kontexten manifestieren, beispielsweise im schulischen Umfeld, am Arbeitsplatz, in zwischenmenschlichen Beziehungen oder in der Gesellschaft im Allgemeinen. Es ist ein zentraler Begriff in der Sozialpsychologie, der Kriminologie sowie in der Erziehungs- und Organisationspsychologie.

Es gibt verschiedene Arten von Fehlverhalten, die in ihrer Schwere und ihren Auswirkungen auf das Umfeld variieren. Dazu zählen moralisches Fehlverhalten, rechtliches Fehlverhalten und soziales Fehlverhalten. Moralisches Fehlverhalten umfasst Handlungen, die gegen allgemein akzeptierte ethische Prinzipien verstoßen, aber möglicherweise nicht gesetzlich strafbar sind. Ein Beispiel dafür wäre die Untreue in einer Partnerschaft oder das Lügen. Rechtliches Fehlverhalten bezieht sich auf Handlungen, die gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen, wie etwa Diebstahl, Betrug oder Körperverletzung. Sozialpsychologisch betrachtet umfasst Fehlverhalten jedoch auch Verhaltensweisen, die von einer bestimmten sozialen Gruppe oder Gemeinschaft als störend oder unangemessen empfunden werden, selbst wenn sie keine strafrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen, wie zum Beispiel aggressives Verhalten in einem Team oder wiederholtes Zuspätkommen.

Ursachen für Fehlverhalten sind vielfältig und können sowohl auf individuellen Faktoren als auch auf sozialen und umweltbedingten Einflüssen beruhen. Psychologische Erklärungen für Fehlverhalten beziehen sich oft auf tiefere psychische Prozesse, wie etwa unerfüllte Bedürfnisse, emotionale Defizite oder unausgewogene psychische Zustände. Frustration, etwa als Folge von unerreichten Zielen oder wahrgenommenen Ungerechtigkeiten, kann ein starker Auslöser für Fehlverhalten sein, was mit der Frustrations-Aggressions-Hypothese von John Dollard und Kollegen in Verbindung gebracht wird. Diese Hypothese besagt, dass Frustration eine der Hauptursachen für aggressive Verhaltensweisen darstellt.

Auch kognitive Verzerrungen und Fehlwahrnehmungen können eine Rolle spielen. Menschen, die eine verzerrte Wahrnehmung ihrer Umwelt oder ihrer Mitmenschen haben, neigen möglicherweise dazu, in bestimmten Situationen unangemessen zu reagieren oder Regeln zu missachten. Ein weiteres Konzept in der Psychologie, das Fehlverhalten erklärt, ist das Modell des sozialen Lernens von Albert Bandura. Laut diesem Modell erlernen Individuen Verhalten durch Beobachtung und Nachahmung von Vorbildern. Wenn Fehlverhalten in einem sozialen Umfeld toleriert oder sogar belohnt wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Verhaltensweisen von anderen nachgeahmt werden.

Ein wichtiger Aspekt von Fehlverhalten ist die Verhaltensverstärkung. In vielen Fällen wird Fehlverhalten durch positive oder negative Verstärkungen aufrechterhalten. Ein Kind, das in der Schule für schlechtes Verhalten Aufmerksamkeit erhält, könnte dieses Verhalten in Zukunft verstärken. Ebenso können negative Verstärkungen, wie das Vermeiden unangenehmer Aufgaben oder Konsequenzen durch Fehlverhalten, dazu führen, dass das Verhalten wiederholt wird.

Soziale Normen und der Einfluss der Gruppe sind ebenfalls entscheidend, um Fehlverhalten zu verstehen. Menschen sind oft stark von der sozialen Umgebung beeinflusst, in der sie sich befinden. In Gruppensituationen, wie am Arbeitsplatz oder in sozialen Netzwerken, kann Gruppenzwang dazu führen, dass Individuen Handlungen ausführen, die sie alleine nicht in Erwägung gezogen hätten, aber aufgrund des Drucks von anderen als akzeptabel erachten. Das Konformitätsverhalten in Gruppen oder der Einfluss von Autoritätspersonen sind zentrale Themen, die das Auftreten von Fehlverhalten in bestimmten sozialen Kontexten begünstigen können.

Fehlverhalten in verschiedenen Kontexten wird unterschiedlich interpretiert und bewertet. Im schulischen Umfeld kann Fehlverhalten von Schülerinnen und Schülern als Regelverstöße wie Schummeln, Mobbing oder Vandalismus auftreten. Hierbei spielen Faktoren wie familiäre Erziehung, soziales Umfeld und schulische Bedingungen eine Rolle. In der Arbeitswelt zeigt sich Fehlverhalten oft in Form von Fehlzeiten, Sabotage, Konflikten oder mangelnder Motivation. Organisatorische Psychologie beschäftigt sich damit, wie Fehlverhalten am Arbeitsplatz durch Managementpraktiken, Arbeitsklima und Führungsstile beeinflusst werden kann.

Im rechtlichen Kontext wird Fehlverhalten oft mit kriminellen Handlungen gleichgesetzt. Hier werden Verstöße gegen gesetzliche Normen und Vorschriften mit rechtlichen Maßnahmen wie Strafen, Haftstrafen oder Bußgeldern sanktioniert. Psychologen, die sich mit kriminologischem Fehlverhalten beschäftigen, analysieren häufig die psychologischen, sozialen und ökonomischen Faktoren, die dazu führen, dass Individuen gesetzliche Grenzen überschreiten.

Die Behandlung und Prävention von Fehlverhalten hängen stark von der Art des Verhaltens und den zugrunde liegenden Ursachen ab. Therapeutische Ansätze wie die kognitive Verhaltenstherapie zielen darauf ab, die Denkmuster zu ändern, die zu Fehlverhalten führen, und das Verhalten zu modifizieren. In sozialen oder organisatorischen Kontexten können Verhaltensinterventionen wie die Verbesserung der Kommunikation, die Förderung von Teamarbeit und die Schaffung positiver Verstärkungen dazu beitragen, Fehlverhalten zu reduzieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Fehlverhalten ein komplexes und vielschichtiges Phänomen ist, das sowohl durch individuelle psychologische Faktoren als auch durch soziale und situative Bedingungen beeinflusst wird. Es erfordert eine differenzierte Betrachtung, um sowohl die Ursachen als auch die geeigneten Maßnahmen zur Reduzierung oder Veränderung des Verhaltens zu verstehen und zu adressieren.

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