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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung

Psychologie

Hypervigilanz

Hypervigilanz bezeichnet einen Zustand erhöhter Wachsamkeit und ständiger Aufmerksamkeit gegenüber möglichen Gefahren oder Bedrohungen in der Umgebung. Diese gesteigerte Sensibilität geht häufig mit einer übermäßigen Reaktionsbereitschaft einher und kann sowohl physische als auch psychische Symptome hervorrufen. Der Begriff wird vor allem in der Psychologie, insbesondere in der Traumaforschung und der Behandlung von Angststörungen, verwendet, um eine ständige „Übererregung“ des Nervensystems zu beschreiben, die durch einen anhaltenden Zustand der Alarmbereitschaft gekennzeichnet ist.

Hypervigilanz tritt häufig als eine Reaktion auf traumatische Erlebnisse auf und ist ein charakteristisches Symptom bei posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Menschen, die unter PTBS leiden, sind oft in einem Zustand dauerhafter Anspannung, da sie ständig befürchten, dass eine ähnliche Bedrohung oder ein weiteres Trauma wieder eintreten könnte. Die Reaktion des Körpers auf diese wahrgenommenen Bedrohungen kann sich in verschiedenen körperlichen und emotionalen Symptomen manifestieren, wie etwa erhöhter Herzfrequenz, Zittern, Schlafstörungen, übermäßiger Schreckreaktion oder Schwierigkeiten bei der Entspannung.

Die psychologischen Mechanismen hinter Hypervigilanz beruhen auf der Funktionsweise des Sympathikus, einem Teil des autonomen Nervensystems, der für die "Kampf-oder-Flucht"-Reaktion verantwortlich ist. In einem normalen, nicht-traumatischen Kontext wird der Körper nur dann in Alarmbereitschaft versetzt, wenn eine tatsächliche Gefahr wahrgenommen wird. Bei Hypervigilanz hingegen bleibt der Körper dauerhaft in einem Zustand erhöhter Anspannung, auch wenn keine unmittelbare Gefahr besteht. Das Gehirn „scannt“ ständig die Umgebung nach potenziellen Bedrohungen und löst unnötige physiologische Reaktionen aus, die mit Stress oder Angst verbunden sind.

Neben der posttraumatischen Belastungsstörung kann Hypervigilanz auch in anderen Kontexten auftreten, etwa bei Angststörungen oder bestimmten Formen der Schizophrenie, bei denen eine Person übermäßig auf vermeintliche Bedrohungen in ihrer Umwelt reagiert. Auch Menschen mit generalisierten Angststörungen (GAD) erleben häufig eine erhöhte Wachsamkeit, da sie in ständiger Sorge über mögliche katastrophale Ereignisse leben, auch wenn diese nur hypothetisch sind. Hier zeigt sich die Hypervigilanz nicht nur in der Überwachung der äußeren Welt, sondern auch in der ständigen Besorgnis über zukünftige Ereignisse.

Die Auswirkungen von Hypervigilanz können tiefgreifend sein und das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen. Betroffene können Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren, sich zu entspannen oder alltägliche Aufgaben zu erledigen. Zudem führt die ständige Alarmbereitschaft zu chronischem Stress, was langfristig zu physischen und psychischen Gesundheitsproblemen wie Schlafstörungen, Angststörungen oder sogar körperlichen Erkrankungen wie Bluthochdruck oder einem geschwächten Immunsystem führen kann.

Behandlungsmöglichkeiten für Hypervigilanz hängen von der zugrunde liegenden Ursache ab. In der Traumatherapie, insbesondere bei der Behandlung von PTBS, wird häufig eine Kombination aus Kognitive Verhaltenstherapie (CBT) und Traumafokussierter Therapie (TF-CBT) eingesetzt, um den Patienten zu helfen, ihre übermäßige Wachsamkeit zu erkennen und zu lernen, wie sie ihre Reaktionen auf vermeintliche Bedrohungen regulieren können. Eine zentrale Technik ist das Achtsamkeitstraining, bei dem den Patienten beigebracht wird, im Moment zu leben und ihre Gedanken und Emotionen ohne Urteil wahrzunehmen, was hilft, die ständige Anspannung zu verringern. Expositionsbehandlungen sind eine weitere wirksame Methode, um den Betroffenen zu helfen, ihre übermäßige Wachsamkeit schrittweise zu reduzieren, indem sie kontrolliert und sicher mit angstauslösenden Reizen konfrontiert werden.

In einigen Fällen können auch Medikamente, wie SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer), eingesetzt werden, um die Symptome zu lindern, indem sie das chemische Ungleichgewicht im Gehirn ausgleichen, das oft mit Angststörungen und PTBS verbunden ist. Diese Medikamente können den Patienten dabei unterstützen, sich zu beruhigen und ihre Hypervigilanz in den Griff zu bekommen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Hypervigilanz eine wichtige psychologische Reaktion auf Stress und Trauma ist, die sowohl die Wahrnehmung der Umwelt als auch das eigene körperliche und emotionale Wohlbefinden stark beeinflussen kann. Sie ist ein häufiges Symptom bei Menschen, die unter posttraumatischer Belastungsstörung, Angststörungen oder anderen psychischen Erkrankungen leiden und kann durch geeignete therapeutische Interventionen effektiv behandelt werden.

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