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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung

Psychologie

Imago

Der Begriff „Imago“ stammt ursprünglich aus der Psychoanalyse und wurde von dem berühmten Psychologen Carl Gustav Jung sowie dem Psychoanalytiker Sigmund Freud verwendet, um das Bild zu beschreiben, das eine Person von sich selbst und anderen entwickelt. Im psychologischen Kontext bezeichnet „Imago“ eine innere, meist unbewusste Vorstellung von einer bestimmten Person, die tief in unserem psychischen Leben verankert ist. Diese Vorstellung ist nicht einfach ein bewusstes Bild, sondern eine tief verwurzelte, emotionale Repräsentation, die stark durch frühkindliche Erfahrungen, insbesondere durch die Beziehung zu den Eltern und anderen wichtigen Bezugspersonen, geprägt wird.

Die Entstehung der Imago als psychologisches Konzept lässt sich auf die frühen Kindheitsjahre zurückverfolgen. Während dieser Zeit entwickeln Kinder in Interaktion mit ihren primären Bezugspersonen (in der Regel den Eltern) ein Bild von sich selbst und von anderen. Diese frühen Erfahrungen und Wahrnehmungen prägen die emotionalen und kognitiven Strukturen, die als „Imago“ bezeichnet werden. Das Kind entwickelt also unbewusste Vorstellungen von den Eltern, die sich in späteren Lebensphasen auf die Wahrnehmung von anderen Menschen und auf zwischenmenschliche Beziehungen auswirken können.

Ein zentraler Aspekt der Imago-Theorie ist die Idee, dass Menschen diese unbewussten Bilder und Vorstellungen in ihren späteren Beziehungen, insbesondere in Partnerschaften, wiederholen können. Dies bedeutet, dass sich die Imago aus der Kindheit oft in einer Art „Projektionsprozess“ auf die Partner oder andere wichtige Personen im Erwachsenenalter überträgt. Eine Person sucht unbewusst nach einem Partner, der bestimmte Eigenschaften oder Verhaltensweisen aufweist, die den eigenen kindlichen Vorstellungen von Nähe, Liebe oder Konfliktbewältigung entsprechen – auch wenn diese Vorstellungen problematisch oder unvollständig sind. So kann es zu wiederholten Beziehungsmustern kommen, bei denen der Partner, bewusst oder unbewusst, als eine Art Spiegelbild der frühen Elternfigur wahrgenommen wird.

Im Kontext der Psychotherapie ist das Konzept der Imago von besonderer Bedeutung, insbesondere in der Imago-Therapie, die von den Psychotherapeuten Harville Hendrix und Helen LaKelly Hunt entwickelt wurde. In der Imago-Therapie wird angenommen, dass viele zwischenmenschliche Konflikte auf die unbewusste Suche nach einer „Imago“ des idealisierten oder ungelösten Elternteils zurückzuführen sind. Dabei ist das Ziel, den Klienten dabei zu helfen, sich ihrer eigenen inneren Bilder und Projektionen bewusst zu werden, um diese in der Beziehung zu ihrem Partner oder in anderen zwischenmenschlichen Interaktionen aufzulösen.

Die Imago-Therapie zielt darauf ab, den Klienten ein Bewusstsein für ihre unbewussten inneren Bilder zu vermitteln und ihnen zu helfen, diese Bilder auf gesunde Weise in ihre gegenwärtigen Beziehungen zu integrieren. Ein wichtiger Bestandteil dieser Therapieform ist das Prinzip der Kommunikation zwischen den Partnern, um diese unbewussten Projektionen zu erkennen und konstruktiv zu bearbeiten. Dabei sollen Paare lernen, ihre jeweiligen Imagos (die inneren Bilder voneinander) klarer zu erkennen und Missverständnisse oder wiederkehrende Konflikte zu überwinden, indem sie diese bewusster und in einer respektvollen Weise adressieren.

Im erweiterten Sinne bezieht sich der Begriff „Imago“ nicht nur auf die inneren Repräsentationen von Eltern oder Partnern, sondern auch auf die Wahrnehmung von anderen Menschen in der sozialen Umgebung. Die sozialen Imagos prägen die Art und Weise, wie wir uns selbst und andere im sozialen Kontext wahrnehmen und bewerten. Diese sozialen Imagos entwickeln sich aus den vielen Erlebnissen, die Menschen im Laufe ihres Lebens haben, und sie beeinflussen stark das soziale Verhalten, die Wahrnehmung von sozialen Normen und die Interaktionen mit der Umgebung.

Die Vorstellung von der Imago als innerem Bild ist auch in der entwicklungspsychologischen Forschung von Bedeutung. In der Theorie von Erik Erikson, einem der bedeutendsten Entwicklungspsychologen, wird die Entwicklung von Identität und die Auseinandersetzung mit den „inneren Bildern“ als entscheidend für die soziale und persönliche Entwicklung eines Individuums betrachtet. Auch in anderen Bereichen der Psychologie, wie der Selbstwahrnehmung und der Selbstregulation, wird die Imago als prägend für die Identitätsentwicklung und die Fähigkeit zur Selbstreflexion angesehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Imago ein tief verwurzeltes Konzept in der Psychologie darstellt, das die Art und Weise beschreibt, wie Menschen unbewusste Vorstellungen und Bilder von sich selbst und anderen entwickeln. Diese Bilder sind häufig durch frühe Kindheitserfahrungen geprägt und beeinflussen unser Verhalten, insbesondere in zwischenmenschlichen Beziehungen, und können sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf unser Leben haben. Die Arbeit mit der Imago, insbesondere in der Psychotherapie, bietet die Möglichkeit, diese inneren Bilder zu erkennen, zu verstehen und zu verändern, um gesündere und erfüllendere Beziehungen zu ermöglichen.

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