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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung
Inferiorität
Inferiorität bezeichnet in der Psychologie das Gefühl der Unterlegenheit oder Minderwertigkeit, das entstehen kann, wenn Menschen sich im Vergleich zu anderen als unzureichend oder unvollständig wahrnehmen. Dieses Empfinden ist oft verbunden mit Unsicherheit, einem niedrigen Selbstwertgefühl und Selbstzweifeln. Inferiorität kann als vorübergehendes Gefühl auftreten oder sich zu einem tiefer verankerten Persönlichkeitsmerkmal entwickeln, das sich stark auf die Lebenszufriedenheit und das psychische Wohlbefinden auswirken kann.
Der Begriff „Inferioritätsgefühl“ ist insbesondere mit der Individualpsychologie des österreichischen Psychologen Alfred Adler verbunden. Adler ging davon aus, dass das Gefühl der Minderwertigkeit ein natürlicher Teil der menschlichen Entwicklung ist und bereits in der Kindheit entsteht, wenn Kinder ihre Unfähigkeit erleben, bestimmte Aufgaben so zu meistern wie Erwachsene oder ältere Kinder. Laut Adler wird dieses Gefühl jedoch dann problematisch, wenn es nicht ausgeglichen oder kompensiert wird. Ein unausgeglichenes Inferioritätsgefühl kann dazu führen, dass Menschen ein dauerhaft negatives Selbstbild entwickeln und ein „Minderwertigkeitskomplex“ entsteht, der die Entwicklung und das Verhalten maßgeblich beeinflusst.
In der Psychologie wird Inferiorität als eine innere Überzeugung betrachtet, die auf einem negativen Selbstbild und unbewussten Überzeugungen beruht. Menschen, die ein starkes Gefühl der Unterlegenheit empfinden, vergleichen sich häufig mit anderen und neigen dazu, ihre eigenen Fähigkeiten und Erfolge abzuwerten. Dies führt oft zu einer selektiven Wahrnehmung, bei der nur die eigenen Schwächen und die vermeintlichen Stärken anderer wahrgenommen werden. Dieser Mechanismus verstärkt das Gefühl der Minderwertigkeit weiter und kann zu einer dauerhaften Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls führen.
Die Auswirkungen von Inferioritätsgefühlen können sich in unterschiedlichen Lebensbereichen manifestieren. Menschen mit einem stark ausgeprägten Gefühl der Minderwertigkeit können in sozialen Situationen Schwierigkeiten haben, sich auszudrücken oder ihre Meinungen zu vertreten. Sie neigen häufig dazu, sich zurückzuziehen, aus Angst, nicht akzeptiert oder abgelehnt zu werden. Diese soziale Unsicherheit kann wiederum zur Isolation führen und die negativen Gefühle verstärken. Zudem kann Inferiorität in Form von Leistungsängsten auftreten, bei denen Betroffene glauben, nicht gut genug zu sein, um berufliche oder persönliche Ziele zu erreichen.
Ein weiteres Konzept, das eng mit Inferiorität verknüpft ist, ist die Kompensation. Menschen, die unter einem starken Minderwertigkeitsgefühl leiden, versuchen oft, dieses Gefühl auszugleichen, indem sie bestimmte Bereiche übermäßig betonen oder durch besondere Leistungen Anerkennung und Bestätigung suchen. Dies kann zu einem erhöhten Leistungsdruck führen und birgt das Risiko, dass das Selbstwertgefühl stark an äußere Erfolge oder Anerkennung gekoppelt wird. In solchen Fällen spricht man in der Psychologie auch von „Überkompensation“, bei der Betroffene versuchen, ihre Minderwertigkeitsgefühle durch besonders ehrgeizige und oft übersteigerte Zielsetzungen zu kompensieren.
In therapeutischen Kontexten ist es ein zentrales Ziel, den Betroffenen dabei zu helfen, die Ursachen und Mechanismen ihrer Minderwertigkeitsgefühle zu erkennen und ein positiveres Selbstbild zu entwickeln. Kognitive Verhaltenstherapie und psychodynamische Ansätze können hilfreich sein, um tiefsitzende Überzeugungen und Denkmuster zu identifizieren und zu verändern. Die Förderung von Selbstakzeptanz und Selbstmitgefühl ist dabei ein wesentlicher Bestandteil der Therapie, da sie den Betroffenen ermöglicht, sich unabhängig von äußeren Vergleichen und gesellschaftlichen Erwartungen wertzuschätzen.
Zusammengefasst beschreibt Inferiorität in der Psychologie das Gefühl der Minderwertigkeit, das Menschen empfinden, wenn sie glauben, nicht den eigenen oder gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen. Es kann das Selbstwertgefühl nachhaltig beeinträchtigen und dazu führen, dass Menschen sich in sozialen und beruflichen Kontexten zurückhalten oder durch übermäßigen Ehrgeiz versuchen, dieses Gefühl zu kompensieren. Die Psychologie bietet verschiedene Ansätze, um Menschen dabei zu unterstützen, ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln und ihre Minderwertigkeitsgefühle zu überwinden, um ein erfüllteres und selbstbewussteres Leben zu führen.
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