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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung

Psychologie

Introjektion

Introjektion ist ein Konzept in der Psychologie und Psychoanalyse, das die unbewusste Übernahme von Werten, Normen, Einstellungen oder Verhaltensweisen anderer Personen beschreibt. Dabei werden diese fremden Inhalte so in das eigene Selbst integriert, dass sie als Teil der eigenen Persönlichkeit wahrgenommen werden. Introjektion ist ein Abwehrmechanismus, der in frühen Entwicklungsphasen entsteht und dabei hilft, äußere Anforderungen und Erwartungen zu verinnerlichen und das Selbst zu strukturieren. Besonders prägend ist die Introjektion im Kindesalter, wenn Kinder die Vorstellungen und Werte ihrer Bezugspersonen – wie Eltern oder wichtige Autoritätspersonen – übernehmen, um ein kohärentes Selbstbild und ein Gefühl von Zugehörigkeit zu entwickeln.

Introjektion findet oft unbewusst statt und wirkt sich auf die Identitätsbildung aus. In der frühkindlichen Entwicklung führt sie dazu, dass Kinder Verhaltensnormen und moralische Standards ihrer Eltern oder anderer Bezugspersonen aufnehmen, ohne diese bewusst zu hinterfragen. Dieser Prozess unterstützt das Kind dabei, zwischen akzeptablem und inakzeptablem Verhalten zu unterscheiden und eine Grundlage für das eigene moralische Urteilsvermögen zu entwickeln. So entsteht ein innerer Bewertungsmaßstab, der zu einem wichtigen Bestandteil des Über-Ichs wird, einer Instanz der psychischen Struktur, die nach Sigmund Freuds psychoanalytischer Theorie für die moralischen Werte und Ideale des Individuums verantwortlich ist.

In der Erwachsenentherapie wird die Introjektion häufig untersucht, da introjizierte Überzeugungen und Werte belastend wirken können, wenn sie den persönlichen Bedürfnissen oder der Lebensrealität der betroffenen Person widersprechen. Beispielsweise könnte jemand introjizierte Überzeugungen über Leistung und Erfolg von den Eltern übernommen haben und darunter leiden, wenn diese Erwartungen zu chronischem Stress oder zu einem verminderten Selbstwertgefühl führen. Eine zentrale Aufgabe in der Therapie kann daher sein, die introjizierten Normen und Werte zu identifizieren und zu reflektieren, um zu klären, ob sie tatsächlich mit den eigenen Vorstellungen und Zielen übereinstimmen. Dieser Prozess der „Des-Introjektion“ oder „Differenzierung“ zielt darauf ab, eine gesunde Balance zwischen äußeren Erwartungen und der eigenen Identität zu finden.

Introjektion spielt auch in der sozialen und interkulturellen Psychologie eine Rolle, da sie dabei hilft, die Anpassung an gesellschaftliche und kulturelle Normen zu verstehen. Menschen übernehmen häufig Werte und Verhaltensweisen, die in ihrer Kultur oder sozialen Gruppe als wichtig gelten, um sozial akzeptiert zu werden und ein Gefühl der Zugehörigkeit zu entwickeln. Diese introjizierten Elemente können jedoch zu inneren Konflikten führen, wenn das Individuum sich in unterschiedlichen kulturellen oder sozialen Kontexten bewegt und widersprüchliche Erwartungen erfährt. Der Prozess, introjizierte Normen bewusst zu hinterfragen und die eigene Identität aktiv zu gestalten, wird oft als wichtiger Schritt zu einer authentischen und stabilen Selbstwahrnehmung betrachtet.

Zusammengefasst beschreibt die Introjektion in der Psychologie die unbewusste Übernahme fremder Normen, Werte und Verhaltensweisen, die zur Strukturierung des Selbst beiträgt, jedoch auch zu inneren Konflikten führen kann. In der therapeutischen Arbeit sowie in der Persönlichkeitsentwicklung spielt die bewusste Auseinandersetzung mit diesen introjizierten Elementen eine wesentliche Rolle, um ein autonomes, selbstbestimmtes Leben zu führen und die Balance zwischen sozialen Erwartungen und eigenen Bedürfnissen zu finden.

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