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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung

Psychologie

Kognitive Dissonanz

Kognitive Dissonanz ist ein psychologisches Konzept, das den unangenehmen inneren Spannungszustand beschreibt, der entsteht, wenn eine Person widersprüchliche Gedanken, Überzeugungen oder Verhaltensweisen hat. Dieser Zustand der Dissonanz – also der Unvereinbarkeit von Gedanken und Handlungen – führt oft zu einem starken inneren Druck, diesen Widerspruch aufzulösen, um das eigene Selbstbild zu bewahren und ein Gefühl der Konsistenz und Harmonie wiederherzustellen. Die Theorie der kognitiven Dissonanz wurde erstmals 1957 von dem Sozialpsychologen Leon Festinger formuliert und ist seither ein zentrales Konzept, um menschliches Verhalten, Entscheidungskonflikte und Einstellungsänderungen zu erklären.

Ein klassisches Beispiel für kognitive Dissonanz tritt auf, wenn eine Person weiß, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist, aber trotzdem weiter raucht. In dieser Situation stehen das Wissen um die Risiken und das Verhalten, weiterhin zu rauchen, im Widerspruch zueinander und erzeugen Dissonanz. Um diesen Spannungszustand zu verringern, kann die Person verschiedene Strategien anwenden: Sie könnte ihre Überzeugungen ändern, indem sie zum Beispiel die Gefahren des Rauchens herunterspielt („Mein Großvater hat auch geraucht und wurde 90 Jahre alt“) oder indem sie ihr Verhalten ändert, indem sie das Rauchen aufgibt, um Konsistenz zwischen ihren Überzeugungen und ihrem Handeln zu schaffen. Dies zeigt, dass kognitive Dissonanz eine starke Motivation sein kann, entweder die eigenen Überzeugungen anzupassen oder das Verhalten zu ändern.

Die Theorie der kognitiven Dissonanz erklärt auch, warum Menschen manchmal ihre Einstellungen ändern, um eine Entscheidung zu rechtfertigen, die sie bereits getroffen haben. In Entscheidungssituationen, bei denen mehrere Optionen in Betracht gezogen werden, kann nach einer Entscheidung eine Dissonanz auftreten, da auch die abgelehnten Alternativen bestimmte Vorteile hatten. Menschen tendieren dann dazu, die positiven Eigenschaften ihrer gewählten Option zu überhöhen und die Vorteile der abgelehnten Optionen herunterzuspielen, um das Gefühl zu vermeiden, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben. Dieser Prozess wird als „post-decision dissonance“ bezeichnet und zeigt, dass kognitive Dissonanz die Art beeinflusst, wie Menschen mit Entscheidungen und deren Konsequenzen umgehen.

Ein weiteres Feld, in dem kognitive Dissonanz eine wichtige Rolle spielt, ist die Moralpsychologie. Wenn Menschen gegen ihre moralischen Überzeugungen handeln, beispielsweise wenn sie lügen oder unethische Entscheidungen treffen, erleben sie oft Dissonanz. Um diesen Widerspruch zu lösen, neigen sie dazu, ihre Handlungen zu rechtfertigen oder die Wichtigkeit der moralischen Normen herunterzuspielen („Das war nur eine kleine Notlüge“). Dieses Phänomen zeigt, wie sehr Menschen bestrebt sind, ein positives Selbstbild aufrechtzuerhalten, auch wenn dies bedeutet, ihre Überzeugungen zu verzerren oder ihre Werte anzupassen.

Die Auswirkungen kognitiver Dissonanz sind in vielen sozialen und individuellen Kontexten zu beobachten und zeigen, wie stark Menschen bestrebt sind, Konsistenz in ihren Gedanken und Handlungen zu bewahren. Kognitive Dissonanz kann als Motor für persönliches Wachstum wirken, wenn sie dazu führt, dass Menschen ihre Überzeugungen hinterfragen und korrigieren. Gleichzeitig kann sie aber auch dazu führen, dass Menschen in ihren Denkmustern verharren, indem sie widersprüchliche Informationen ignorieren oder umdeuten, um ihre bestehenden Überzeugungen aufrechtzuerhalten.

Zusammengefasst ist kognitive Dissonanz ein universelles Phänomen, das einen bedeutenden Einfluss auf unsere Entscheidungen, Überzeugungen und Verhaltensweisen hat. Sie verdeutlicht, dass Menschen stets danach streben, ein konsistentes Selbstbild und innere Harmonie zu wahren, und oft erhebliche mentale Anstrengungen unternehmen, um Widersprüche zu beseitigen. Die Theorie der kognitiven Dissonanz hilft uns zu verstehen, wie Menschen mit inneren Konflikten umgehen und wie tiefgreifend der Wunsch nach Konsistenz das menschliche Denken und Verhalten prägt.

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