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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung

Psychologie

Kreativität

Kreativität ist die Fähigkeit, neue, originelle und nützliche Ideen, Lösungen oder Kunstwerke zu schaffen und wird oft als eine der wichtigsten kognitiven und emotionalen Fähigkeiten des Menschen betrachtet. In der Psychologie ist Kreativität ein multidimensionales Konzept, das mehrere kognitive Prozesse, Persönlichkeitseigenschaften und Umwelteinflüsse umfasst. Kreativität spielt in nahezu allen Bereichen des Lebens eine Rolle, sei es in der Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft oder in der Lösung alltäglicher Probleme.

Ein grundlegender Aspekt der Kreativität ist das divergente Denken, das die Fähigkeit beschreibt, viele verschiedene Lösungswege und Ideen zu einem bestimmten Problem zu generieren. Im Gegensatz zum konvergenten Denken, das eine klare und logische Lösung anstrebt, fördert divergentes Denken die Offenheit für eine Vielzahl von Perspektiven und Interpretationen. Der Psychologe J.P. Guilford prägte in den 1950er Jahren diesen Begriff und untersuchte die Fähigkeit, über konventionelle Muster hinauszudenken. Divergentes Denken gilt als wichtiger Baustein kreativer Prozesse, da es Menschen ermöglicht, Verbindungen zwischen scheinbar unzusammenhängenden Konzepten herzustellen und auf diese Weise zu neuen Erkenntnissen zu gelangen.

Kreativität ist jedoch nicht nur ein rein kognitiver Prozess; sie ist auch stark mit Persönlichkeitsmerkmalen verknüpft. Offenheit für neue Erfahrungen, emotionale Stabilität, Risikobereitschaft und Selbstbewusstsein sind Eigenschaften, die häufig mit hoher Kreativität assoziiert werden. Studien zeigen, dass Menschen mit einer ausgeprägten Neigung zur Offenheit oft kreativer sind, weil sie neue Ideen und Erfahrungen ohne Vorurteile annehmen und weniger konformistisch denken. Auch die Fähigkeit, Frustrationen zu überwinden und eine hohe Toleranz für Unsicherheiten zu entwickeln, kann das kreative Potenzial steigern. Solche Persönlichkeitsmerkmale fördern eine flexible Denkweise, die es ermöglicht, auf Herausforderungen innovativ zu reagieren.

Die Entwicklung kreativer Fähigkeiten wird auch von äußeren Faktoren beeinflusst, insbesondere von der sozialen und kulturellen Umwelt. Kreativität kann durch ein unterstützendes Umfeld, das Freiräume für Experimente, Rückschläge und Entdeckungen bietet, gefördert werden. Eltern und Lehrer, die kreative Aktivitäten und freies Denken fördern, tragen entscheidend zur Entwicklung kreativer Kompetenzen bei. Der Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi beschreibt in seinem Konzept des Flow-Zustands, wie Menschen, die in kreativen Aufgaben völlig aufgehen, zu Höchstleistungen fähig sind. Dieser Zustand tritt ein, wenn die Person eine ideale Balance zwischen Anforderung und Fähigkeit erreicht und dabei das Gefühl für Zeit und Raum verliert, was zu besonders kreativen und produktiven Momenten führt.

Eine weitere zentrale Theorie in der Kreativitätsforschung ist die Investment-Theorie der Kreativität von Robert Sternberg und Todd Lubart. Diese besagt, dass kreative Menschen wie Investoren handeln: Sie "kaufen" Ideen, die von anderen zunächst abgelehnt werden, und setzen diese mit Ausdauer und Hingabe um, bis ihre Nützlichkeit erkannt wird. Kreativität erfordert demnach nicht nur originelles Denken, sondern auch die Bereitschaft, für seine Ideen einzustehen und gegen Widerstände anzukämpfen. Diese Theorie unterstreicht, dass Kreativität oft erst dann anerkannt wird, wenn die Ideen ausgereift sind und ihren praktischen Nutzen bewiesen haben.

In den letzten Jahrzehnten haben sich auch neurowissenschaftliche Ansätze der Erforschung der Kreativität gewidmet. Studien zeigen, dass kreative Prozesse in verschiedenen Hirnarealen, insbesondere im präfrontalen Kortex, ablaufen. Der sogenannte "Default Mode Network" (DMN) im Gehirn ist ebenfalls stark mit kreativen Prozessen assoziiert, da er aktiv wird, wenn Menschen in Gedanken versunken sind und ihre Aufmerksamkeit nach innen richten – zum Beispiel beim Tagträumen. Diese inneren Prozesse spielen eine entscheidende Rolle bei der Generierung neuer Ideen und dem kreativen Umgang mit Problemen.

Zusammengefasst ist Kreativität ein komplexes Zusammenspiel von kognitiven Fähigkeiten, Persönlichkeitsmerkmalen und sozialen Einflüssen, das es Menschen ermöglicht, über das Gewohnte hinauszudenken und neue Perspektiven zu entwickeln. In einer sich ständig wandelnden Welt ist Kreativität von zentraler Bedeutung, um innovative Lösungen für gesellschaftliche und technologische Herausforderungen zu finden. Die Psychologie sieht Kreativität nicht nur als Begabung, sondern als entwickelbare Fähigkeit, die durch gezielte Förderung und ein förderliches Umfeld gestärkt werden kann.

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