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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung
Mnemotechnik
Mnemotechnik, auch Gedächtniskunst oder Gedächtnisstütze genannt, beschreibt eine Sammlung von Methoden und Techniken, die darauf abzielen, das menschliche Gedächtnis zu verbessern und das Behalten und Abrufen von Informationen zu erleichtern. Der Begriff stammt aus dem Griechischen („mneme“ für „Gedächtnis“) und bezieht sich auf Strategien, mit denen Informationen so aufbereitet werden, dass sie leichter einprägsam und abrufbar sind. Mnemotechniken werden seit der Antike verwendet, insbesondere von Rednern und Gelehrten, und haben sich in zahlreichen Varianten entwickelt, die auf spezifischen kognitiven Prinzipien basieren, etwa der Assoziation, der Visualisierung und der Strukturierung.
Eine der bekanntesten und ältesten Mnemotechniken ist die sogenannte Loci-Methode, auch Gedächtnispalast genannt. Diese Methode basiert darauf, dass man Informationen mit bestimmten Orten oder „Loci“ verknüpft, die man sich in einem gut bekannten Raum, etwa in einem Haus oder auf einer Straße, vorstellt. Die zu merkenden Informationen werden mental an diesen Orten „abgelegt“. Bei Bedarf kann man dann durch diesen Gedächtnispalast „wandern“ und sich an den dort platzierten Informationen erinnern. Die Loci-Methode ist besonders effektiv, da das menschliche Gedächtnis räumliche Informationen sehr gut speichern und abrufen kann. Dies liegt daran, dass das Gehirn gut darin ist, räumliche Beziehungen und Bilder zu behalten, was das Erinnern erleichtert.
Eine weitere häufig verwendete Mnemotechnik ist das sogenannte Chunking. Diese Methode konzentriert sich darauf, Informationen in kleinere Einheiten oder „Chunks“ zu gruppieren, die leichter zu verarbeiten und zu erinnern sind. Beispielsweise lassen sich lange Zahlenreihen wie Telefonnummern besser merken, wenn man sie in kleine Gruppen aufteilt. Anstatt sich eine Zahl wie „159734625“ als einzelne lange Sequenz zu merken, würde man sie in drei Blöcke wie „159“, „734“ und „625“ zerlegen. Das Chunking nutzt das Prinzip, dass das Kurzzeitgedächtnis typischerweise nur etwa sieben Informationen gleichzeitig speichern kann und durch die Gruppierung die Speicherkapazität optimiert wird.
Eine weitere beliebte Methode ist die sogenannte Schlüsselworttechnik, die besonders beim Vokabellernen in fremden Sprachen effektiv ist. Bei dieser Technik wird das zu lernende Wort mit einem ähnlich klingenden Wort oder Bild in der eigenen Sprache assoziiert, das eine bestimmte Bedeutung oder Vorstellung hervorruft. Ein Beispiel wäre das englische Wort „duck“ (Ente). Um sich dieses Wort zu merken, könnte man es mit dem deutschen Wort „Dock“ verknüpfen und sich eine Ente vorstellen, die an einem Bootsanleger sitzt. Durch die Assoziation des Wortklangs mit einem mentalen Bild bleibt das Wort leichter im Gedächtnis.
Reimtechniken und akustische Mnemotechniken, wie das Bilden von Reimen, Liedern oder rhythmischen Melodien, sind ebenfalls bewährte Mnemotechniken. Ein einfaches Beispiel ist der Reim „30 Tage hat der November, April, Juni und September“, mit dem sich die Anzahl der Tage in den Monaten leicht merken lässt. Durch die rhythmische Struktur und die akustische Komponente werden Informationen leichter einprägsam. Auch viele Schüler verwenden solche Reime und Lieder, um sich mathematische Formeln, chemische Elemente oder historische Fakten zu merken.
Zusätzlich zu diesen Techniken wird oft die sogenannte Geschichtentechnik verwendet, bei der Informationen in eine kurze Geschichte eingebunden werden. Durch das Erzählen einer Geschichte oder das Schaffen eines sinnvollen Zusammenhangs zwischen den Informationen kann man selbst komplexe Fakten in eine narrative Struktur einbetten, die das Erinnern erleichtert. Wenn zum Beispiel mehrere Begriffe zu einem Thema gelernt werden sollen, kann man eine kurze Geschichte erfinden, in der jeder Begriff vorkommt, und die Abfolge der Geschichte dient dann als Gedächtnisstütze.
Die Wirksamkeit von Mnemotechniken lässt sich durch die neuropsychologische Forschung belegen. Sie zeigen, dass die Anwendung solcher Techniken das Erinnern verbessert, indem sie verschiedene Bereiche des Gehirns aktivieren, insbesondere die Regionen, die für das Langzeitgedächtnis und die visuelle Vorstellungskraft verantwortlich sind. Die bildliche Darstellung und die Assoziation, die viele Mnemotechniken nutzen, führen dazu, dass das Gedächtnis mehr neuronale Verbindungen bildet, was die Abrufbarkeit der Informationen erhöht.
Mnemotechniken werden heute in verschiedenen Bereichen eingesetzt, von der Schule und Universität über das Berufsleben bis hin zu Therapieansätzen für Gedächtnisprobleme und Altersdemenz. Sie helfen nicht nur, das Erinnern zu verbessern, sondern fördern auch das aktive und strukturierte Lernen. Das bewusste Anwenden solcher Techniken trägt dazu bei, die Gedächtnisleistung zu steigern und die kognitive Flexibilität zu erweitern, was das Lernen und Behalten von Informationen in einer zunehmend informationsreichen Welt erleichtert.
Zusammengefasst ist die Mnemotechnik eine wertvolle Methode zur Optimierung des Gedächtnisses und des Abrufprozesses von Informationen. Durch das gezielte Anwenden von Assoziationen, Bildern, Rhythmen und Strukturen können komplexe oder umfangreiche Informationen auf eine Weise gespeichert werden, die sie für den späteren Abruf deutlich zugänglicher macht. Mnemotechniken sind eine effektive und bewährte Strategie, die sowohl die schulische und berufliche Leistung unterstützt als auch das individuelle Lernen und persönliche Wachstum fördert.
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