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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung

Psychologie

Negative Verstärkung

Negative Verstärkung ist ein zentraler Begriff der Lerntheorie und bezeichnet eine Art der Verstärkung, bei der ein Verhalten durch das Entfernen oder Vermeiden eines aversiven (unangenehmen) Reizes verstärkt wird. Das bedeutet, dass das Auftreten eines bestimmten Verhaltens gefördert wird, weil eine unangenehme Situation oder ein negativer Zustand durch dieses Verhalten beseitigt oder vermieden wird. Der Begriff wurde erstmals im Kontext der operanten Konditionierung durch den Verhaltensforscher B.F. Skinner geprägt und wird in der Psychologie verwendet, um zu erklären, wie und warum bestimmte Verhaltensweisen durch das Entfernen negativer Konsequenzen häufiger auftreten.

Im Gegensatz zur positiven Verstärkung, bei der ein angenehmer Reiz hinzugefügt wird, um ein Verhalten zu fördern, führt die negative Verstärkung zur Verstärkung eines Verhaltens durch das Wegfallen eines negativen Reizes. Ein einfaches Beispiel für negative Verstärkung im Alltag ist das Drücken eines „Snooze“-Knopfes, um den lauten Weckton des Weckers auszuschalten. Das Verhalten (Snooze-Knopf drücken) wird verstärkt, weil der unangenehme Reiz (lauter Weckton) dadurch entfernt wird. Ein weiteres Beispiel ist das Anlegen eines Sicherheitsgurts im Auto, um das unangenehme Piepen zu beenden, das ertönt, wenn der Gurt nicht angelegt ist. Hier verstärkt das Verhalten des Anschnallens, weil das unangenehme Geräusch aufhört.

Negative Verstärkung wird häufig mit Bestrafung verwechselt, obwohl die beiden Konzepte sehr unterschiedliche Mechanismen und Ziele haben. Während negative Verstärkung das Ziel hat, ein Verhalten zu stärken, indem ein unangenehmer Reiz entfernt wird, zielt Bestrafung darauf ab, ein Verhalten zu reduzieren oder zu unterdrücken. Ein Beispiel für Bestrafung wäre, eine Person für ein unerwünschtes Verhalten zu tadeln oder zu bestrafen, um zu verhindern, dass dieses Verhalten erneut auftritt. Bei der negativen Verstärkung hingegen wird die Häufigkeit eines Verhaltens erhöht, weil das Verhalten dazu beiträgt, eine unangenehme Konsequenz zu vermeiden oder zu beenden.

In der klinischen Psychologie und Verhaltenstherapie wird das Konzept der negativen Verstärkung verwendet, um bestimmte Verhaltensweisen zu erklären, die bei psychischen Störungen häufig auftreten. Ein Beispiel hierfür ist die Rolle der negativen Verstärkung bei der Aufrechterhaltung von Vermeidungsverhalten bei Angststörungen. Menschen mit Phobien oder sozialer Angst tendieren oft dazu, angstauslösende Situationen zu vermeiden, um die unangenehmen Gefühle und körperlichen Symptome der Angst zu reduzieren. Diese Vermeidung wird negativ verstärkt, da die Angstgefühle abnehmen, sobald die Situation vermieden wird. Langfristig verstärkt die negative Verstärkung allerdings das Vermeidungsverhalten und verhindert die Konfrontation und Bewältigung der Angst, wodurch sich die Störung oft weiter verstärkt und verfestigt.

Ein weiteres Beispiel für negative Verstärkung findet sich in der Suchtforschung, insbesondere bei Substanzgebrauchsstörungen. Konsumieren Menschen eine Substanz wie Alkohol oder Drogen, um unangenehme Gefühle wie Angst, Stress oder Entzugserscheinungen zu lindern, wird das Konsumverhalten durch negative Verstärkung aufrechterhalten. Da die unangenehmen Gefühle nachlassen, wenn die Substanz konsumiert wird, wird der Betroffene dazu motiviert, dieses Verhalten zu wiederholen, um weitere unangenehme Gefühle zu vermeiden. Negative Verstärkung trägt daher entscheidend zur Aufrechterhaltung problematischer Verhaltensweisen bei, weil das Verhalten unmittelbare Erleichterung verschafft, obwohl es langfristig negative Konsequenzen haben kann.

Zusammenfassend ist negative Verstärkung ein grundlegendes Prinzip der operanten Konditionierung, das eine bedeutende Rolle im Verständnis von Verhaltensmustern spielt, die durch das Vermeiden oder Beenden negativer Konsequenzen aufrechterhalten werden. Sie erklärt, wie und warum bestimmte Verhaltensweisen – auch solche, die langfristig schädlich sein können – verstärkt werden, wenn sie kurzfristige Erleichterung bieten. Die Unterscheidung zwischen negativer Verstärkung und Bestrafung ist dabei entscheidend, um zu verstehen, wie Verstärkungsmuster zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Verhalten beitragen und welche therapeutischen Ansätze sinnvoll sein können, um unerwünschte Verhaltensmuster zu ändern.

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