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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung
Neurotische Störung
Neurotische Störungen, oft auch als Neurosen bezeichnet, umfassen eine Gruppe von psychischen Erkrankungen, die durch übermäßige Ängste, Sorgen und Spannungen gekennzeichnet sind. Diese Störungen beeinträchtigen das Leben der Betroffenen, ohne jedoch das Realitätsbewusstsein oder die grundlegenden kognitiven Fähigkeiten derart zu verändern, wie es bei psychotischen Störungen der Fall ist. Menschen mit neurotischen Störungen sind sich ihrer Symptome meist bewusst und leiden unter ihnen, doch sie behalten weitgehend die Kontrolle über ihr Verhalten. Die Hauptmerkmale neurotischer Störungen sind intensive, langanhaltende Ängste und Spannungen, die die Lebensqualität erheblich einschränken können, aber keinen vollständigen Realitätsverlust verursachen.
Die Kategorie der neurotischen Störungen ist vielfältig und umfasst unter anderem generalisierte Angststörungen, Phobien, Zwangsstörungen und Panikstörungen. Menschen mit generalisierten Angststörungen (GAD) leiden unter ständiger, unkontrollierbarer Sorge über verschiedenste Lebensbereiche, oft begleitet von körperlichen Symptomen wie Unruhe, Muskelverspannung und Schlafproblemen. Phobien hingegen sind gekennzeichnet durch eine intensive und oft irrationale Angst vor spezifischen Objekten oder Situationen, wie Höhen, engen Räumen oder Tieren. Zwangsstörungen (OCD) umfassen aufdringliche Gedanken oder Impulse (Zwänge), die die Betroffenen oft dazu zwingen, wiederholte Handlungen auszuführen, um das subjektive Unbehagen zu lindern. Panikstörungen beinhalten plötzliche, unerwartete Angstanfälle (Panikattacken), die oft mit intensiven körperlichen Symptomen wie Herzklopfen, Atemnot und Schweißausbrüchen einhergehen.
In der Psychologie wird neurotisches Verhalten häufig als eine maladaptive Bewältigungsstrategie verstanden, bei der Ängste und innere Konflikte nicht auf gesunde Weise verarbeitet werden können. Psychodynamische Theorien, die auf den Arbeiten von Sigmund Freud basieren, sehen neurotische Störungen als Ausdruck unterdrückter innerer Konflikte und als Versuch, unbewusste Ängste abzuwehren. Der Begriff "Neurose" wurde von Freud geprägt und in seinen Theorien verwendet, um die Verdrängung von unangenehmen Gefühlen oder Erinnerungen zu beschreiben, die durch innerpsychische Konflikte hervorgerufen werden. Freud nahm an, dass diese verdrängten Inhalte sich in Form von neurotischen Symptomen manifestieren können. Obwohl der Begriff "Neurose" heute seltener verwendet wird, haben freudianische Konzepte wie Abwehrmechanismen und die Rolle unbewusster Konflikte nach wie vor einen Einfluss auf das Verständnis neurotischer Störungen.
Kognitive und behaviorale Ansätze zur Erklärung neurotischer Störungen konzentrieren sich auf die Lernmechanismen, die diese Störungen aufrechterhalten. So wird beispielsweise bei Phobien angenommen, dass die betroffenen Personen durch klassische Konditionierung eine Assoziation zwischen einem neutralen Reiz und einem negativen Erlebnis entwickelt haben. Wenn ein Mensch beispielsweise von einem Hund gebissen wurde, kann er eine spezifische Phobie gegenüber Hunden entwickeln. Diese Angstreaktionen werden dann durch Vermeidungsverhalten verstärkt, was langfristig dazu führt, dass die Phobie bestehen bleibt oder sich sogar intensiviert. Kognitive Verhaltenstherapien (KVT) konzentrieren sich darauf, diese maladaptiven Gedanken- und Verhaltensmuster zu verändern und den Betroffenen zu helfen, ihre Ängste besser zu bewältigen.
Die Behandlung neurotischer Störungen ist in der Regel darauf ausgerichtet, die zugrunde liegenden Ängste und Spannungen zu reduzieren und dem Individuum Strategien zur Bewältigung von Stress und zur Verbesserung des Selbstmanagements an die Hand zu geben. Neben der kognitiven Verhaltenstherapie, die sich als besonders wirksam erwiesen hat, können auch psychodynamische Ansätze und tiefenpsychologisch fundierte Therapien zur Anwendung kommen, insbesondere wenn innere Konflikte oder belastende Kindheitserfahrungen eine Rolle spielen. Medikamentöse Behandlungen, vor allem durch Antidepressiva oder Anxiolytika, können ebenfalls zur Linderung der Symptome beitragen, werden jedoch häufig in Kombination mit Psychotherapie eingesetzt, um langfristige Verbesserungen zu erzielen.
Zusammenfassend sind neurotische Störungen komplexe psychische Erkrankungen, die das emotionale Erleben und Verhalten der Betroffenen stark beeinflussen können. Sie umfassen ein breites Spektrum an Angstsymptomen und können das alltägliche Leben erheblich beeinträchtigen, auch wenn das Realitätsbewusstsein und die kognitive Funktionsfähigkeit in der Regel erhalten bleiben. Die Psychologie bietet verschiedene Erklärungsansätze und Behandlungsmöglichkeiten für neurotische Störungen, die von tiefenpsychologischen und psychodynamischen Konzepten bis hin zu kognitiven und behavioralen Interventionen reichen. Indem diese Methoden kombiniert oder angepasst werden, kann eine effektive Behandlung der neurotischen Symptome erreicht werden, die den Betroffenen hilft, ein erfüllteres und weniger angstgeprägtes Leben zu führen.
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