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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung
Projektive Identifikation
Projektive Identifikation ist ein komplexes Konzept der Psychoanalyse, das ursprünglich von Melanie Klein entwickelt wurde und insbesondere im Kontext von zwischenmenschlichen Beziehungen sowie bei psychischen Abwehrmechanismen betrachtet wird. Bei der projektiven Identifikation werden unerwünschte, meist als bedrohlich oder belastend empfundene eigene Gefühle, Impulse oder Persönlichkeitsanteile unbewusst auf eine andere Person projiziert. Dabei unterscheidet sich die projektive Identifikation von der reinen Projektion, indem der Projektor, also die Person, die diese Gefühle abgibt, auf subtile Weise dafür sorgt, dass die andere Person die projizierten Gefühle tatsächlich annimmt und verkörpert.
In der projektiven Identifikation spielen zwei Aspekte eine Rolle: Zum einen die Projektion – die unbewusste Auslagerung eigener Anteile – und zum anderen die Induktion, bei der der Empfänger, oft ein enger Beziehungspartner, so beeinflusst wird, dass er sich tatsächlich im Sinne der projizierten Inhalte verhält. Der Begriff „Identifikation“ bezieht sich hier darauf, dass die Person, die die Projektion empfängt, sich letztlich mit diesen zugeschriebenen Gefühlen identifiziert und sie als eigene Emotionen erlebt. Dadurch entsteht eine Art emotionaler „Kurzschluss“, der die Grenzen zwischen dem emotionalen Erleben beider Beteiligten verwischt und oft zu großen Spannungen in der Beziehung führt.
Die projektive Identifikation ist häufig in intensiven, von starken emotionalen Abhängigkeiten geprägten Beziehungen zu finden, etwa in Paarbeziehungen oder engen familiären Bindungen. Sie tritt besonders häufig bei Menschen auf, die mit starken inneren Spannungen oder Konflikten kämpfen und keine ausreichenden psychischen Ressourcen haben, um diese Spannungen eigenständig zu verarbeiten. Durch die Abgabe dieser problematischen Gefühle auf eine andere Person versucht das Individuum, eine Entlastung oder Kontrolle über die eigenen Emotionen zu gewinnen, was jedoch oft nur kurzfristig gelingt und langfristig die Konflikte noch verstärkt. Die Empfänger der Projektion fühlen sich dann oft gezwungen, dem Bild, das ihnen aufoktroyiert wurde, zu entsprechen, was zu einem Verlust des eigenen authentischen Erlebens führen kann.
Ein Beispiel für projektive Identifikation könnte in einer Beziehung so aussehen: Eine Person, die stark eifersüchtig ist, empfindet ihre Eifersucht als unerträglich und „unpassend“. Statt die eigene Unsicherheit zu erkennen, projiziert sie diese Eifersucht auf ihren Partner, indem sie ihn subtil dazu bringt, sich kontrolliert und übermäßig beschuldigt zu fühlen. Der Partner könnte sich schließlich tatsächlich so verhalten, als hätte er etwas falsch gemacht, was die eigene Wahrnehmung des Eifersüchtigen bestärkt. Die ursprünglich empfundene Unsicherheit wird somit bestätigt und verstärkt.
In der therapeutischen Praxis stellt die projektive Identifikation eine große Herausforderung dar, da der Therapeut oft selbst unbewusst in diese Dynamik hineingezogen wird und die projizierten Gefühle wie eigene erleben kann. Ein Therapeut, der beispielsweise mit einem sehr misstrauischen Patienten arbeitet, kann unter Umständen plötzlich das Gefühl entwickeln, unter ständiger Beobachtung oder gar Bedrohung zu stehen, obwohl diese Gefühle von ihm ursprünglich nicht wahrgenommen wurden. Es ist daher wichtig, dass Therapeuten in der Lage sind, solche übertragenden Dynamiken zu erkennen und zu reflektieren, ohne die projizierten Anteile zu übernehmen.
Zusammenfassend ist die projektive Identifikation ein vielschichtiger psychodynamischer Mechanismus, der in engen zwischenmenschlichen Beziehungen dazu führt, dass eine Person versucht, ihre eigenen problematischen Emotionen in einem anderen Menschen zu „verankern“ und diesen dazu bringt, sich mit diesen Anteilen zu identifizieren. Diese Abwehrstrategie dient oft der kurzfristigen emotionalen Entlastung, führt aber langfristig zu Verstrickungen und Beziehungskonflikten, die sich nur durch die bewusste Auseinandersetzung mit den zugrunde liegenden, eigenen Emotionen lösen lassen.
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