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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung
Reinforcement (Verstärkung)
In der Psychologie bezeichnet der Begriff "Verstärkung" (oder Reinforcement) einen zentralen Prozess in der Behavioristischen Lerntheorie, der sich auf die Veränderung der Wahrscheinlichkeit bezieht, mit der ein bestimmtes Verhalten in der Zukunft wiederholt wird. Verstärkung ist ein Schlüsselkonzept in der operanten Konditionierung, die von B.F. Skinner entwickelt wurde. Bei der Verstärkung handelt es sich um ein Verfahren, bei dem eine bestimmte Konsequenz auf ein Verhalten folgt und dieses Verhalten dadurch in seiner Häufigkeit erhöht wird. Verstärkungen werden gezielt eingesetzt, um erwünschtes Verhalten zu fördern und zu stabilisieren.
Es gibt zwei Hauptarten der Verstärkung: positive Verstärkung und negative Verstärkung. Beide Arten dienen dem gleichen Ziel, nämlich der Erhöhung der Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Verhalten wiederholt wird, unterscheiden sich jedoch in der Art und Weise, wie die Konsequenzen wirken.
Positive Verstärkung tritt auf, wenn ein angenehmes oder wünschenswertes Ereignis als Folge eines Verhaltens präsentiert wird, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass dieses Verhalten wieder gezeigt wird. Ein typisches Beispiel für positive Verstärkung ist die Belohnung eines Kindes mit einem Süßigkeitenstück, wenn es seine Hausaufgaben gemacht hat. In diesem Fall wird das angenehme Ereignis (die Süßigkeit) als Verstärker eingesetzt, um das Verhalten (Hausaufgaben machen) zu fördern.
Negative Verstärkung bezieht sich darauf, dass ein unangenehmes oder aversives Ereignis entfernt oder vermieden wird, nachdem ein bestimmtes Verhalten gezeigt wurde, wodurch dieses Verhalten ebenfalls wahrscheinlicher wird. Ein Beispiel für negative Verstärkung ist, wenn ein Schüler seine Hausaufgaben rechtzeitig erledigt, um den Ärger eines Lehrers zu vermeiden. In diesem Fall wird das aversive Ereignis (der Ärger des Lehrers) durch das Verhalten (Hausaufgaben machen) entfernt, was das Verhalten in der Zukunft verstärkt.
Beide Formen der Verstärkung – positive und negative – tragen zur Erhöhung des Verhaltens bei, jedoch aus unterschiedlichen Gründen. Positive Verstärkung erhöht das Verhalten durch die Hinzufügung eines angenehmen Reizes, während negative Verstärkung das Verhalten durch die Entfernung eines unangenehmen Reizes steigert.
Neben der Unterscheidung zwischen positiver und negativer Verstärkung wird auch zwischen kontinuierlicher Verstärkung und intermittierender Verstärkung unterschieden. Bei der kontinuierlichen Verstärkung wird jedes Mal, wenn das gewünschte Verhalten gezeigt wird, eine Verstärkung präsentiert. Diese Art der Verstärkung ist besonders effektiv, wenn ein Verhalten neu erlernt wird. Bei der intermittierenden Verstärkung hingegen wird das Verhalten nur gelegentlich verstärkt, was dazu führt, dass das Verhalten stabiler und widerstandsfähiger gegenüber Extinktion (Löschung) wird. Intermittierende Verstärkung kann in verschiedenen Mustern auftreten, zum Beispiel in Form von festgelegten Intervallen oder festen Quoten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Verstärkung ist ihre Effektivität, die durch mehrere Faktoren beeinflusst wird. Die Timing der Verstärkung ist entscheidend: Je schneller nach dem Verhalten die Verstärkung erfolgt, desto stärker ist die Assoziation zwischen dem Verhalten und der Belohnung. Auch die Art des Verstärkers spielt eine Rolle. Ein Verstärker muss für die betreffende Person oder das Tier wertvoll oder wünschenswert sein, um das Verhalten effektiv zu verstärken. Beispielsweise könnte das Belohnen eines Kindes mit Spielzeit für das Erledigen von Hausaufgaben nur dann wirksam sein, wenn das Kind Spielzeit als wertvoll empfindet.
Verstärkung ist nicht nur ein zentrales Konzept im Bereich der operanten Konditionierung, sondern auch in der praktischen Anwendung in der Psychologie. Sie wird in vielen Bereichen wie der Verhaltenstherapie, der Erziehungspsychologie und der Tiertrainingstechnik genutzt. In der Verhaltenstherapie wird Verstärkung eingesetzt, um dysfunktionale Verhaltensweisen zu reduzieren und gewünschte Verhaltensweisen zu fördern. Ein Beispiel ist das Token-System, bei dem Personen für positives Verhalten Punkte oder Tokens erhalten, die später gegen eine Belohnung eingetauscht werden können.
Trotz ihrer vielen Vorteile gibt es auch Risiken im Zusammenhang mit Verstärkung, insbesondere wenn sie nicht korrekt angewendet wird. Eine zu starke oder unangemessene Verstärkung kann zu unerwünschtem Verhalten führen oder zu einer Überabhängigkeit auf äußere Belohnungen. Auch das Problem der Verstärkungsübersättigung (Overjustification Effect) kann auftreten, wenn eine ursprünglich intrinsisch motivierte Person durch äußere Belohnungen dazu gebracht wird, das Verhalten nur noch aus extrinsischen Gründen auszuführen. Dies kann langfristig die ursprüngliche Motivation verringern.
Zusammengefasst ist Verstärkung ein bedeutendes Konzept der Psychologie, das sowohl in der Theorie als auch in der Praxis eine wichtige Rolle spielt. Sie beschreibt den Prozess, durch den das Verhalten eines Individuums durch die Zugabe eines angenehmen Reizes (positive Verstärkung) oder das Entfernen eines unangenehmen Reizes (negative Verstärkung) verstärkt wird. Die Anwendung von Verstärkung ist in vielen Bereichen der psychologischen Praxis ein effektives Mittel zur Verhaltensmodifikation und zur Förderung von positiven Verhaltensweisen.
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