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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung
Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit ist ein psychologisches Konzept, das von dem Psychologen Albert Bandura im Rahmen seiner sozialen Lerntheorie entwickelt wurde. Sie beschreibt das Vertrauen einer Person in ihre Fähigkeit, bestimmte Aufgaben oder Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen und gewünschte Ergebnisse zu erzielen. Anders ausgedrückt ist Selbstwirksamkeit das subjektive Gefühl, die Kontrolle über eigene Handlungen und deren Auswirkungen zu haben. Sie beeinflusst, wie Menschen denken, sich motivieren, wie sie Herausforderungen angehen und wie sie auf Rückschläge reagieren.
Der Begriff "Selbstwirksamkeit" ist eng mit dem Konzept der Selbstregulation und dem Selbstkonzept verbunden. Eine Person mit hoher Selbstwirksamkeit glaubt daran, dass sie die Fähigkeiten besitzt, ihre Umwelt zu beeinflussen, ihre Ziele zu erreichen und ihre Probleme zu lösen. Im Gegensatz dazu zeigt eine Person mit niedriger Selbstwirksamkeit häufig Resignation, vermeidet herausfordernde Aufgaben oder gibt schnell auf, wenn Schwierigkeiten auftreten. Bandura betrachtete Selbstwirksamkeit als einen entscheidenden Faktor für die menschliche Motivation und das Handeln.
Selbstwirksamkeit kann in verschiedenen Lebensbereichen unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ein Individuum kann beispielsweise eine hohe Selbstwirksamkeit in seinem Beruf haben, glaubt jedoch vielleicht nicht, dass es in der Lage ist, gesunde Lebensgewohnheiten zu entwickeln. Diese Differenzierung verdeutlicht, dass Selbstwirksamkeit nicht nur eine allgemeine Fähigkeit betrifft, sondern sich je nach Kontext und spezifischer Aufgabe variieren kann. Bandura unterschied zwischen spezifischer Selbstwirksamkeit (z. B. die Überzeugung, eine bestimmte Aufgabe bewältigen zu können) und generalisierter Selbstwirksamkeit (die allgemeine Überzeugung, in vielen Bereichen des Lebens wirksam zu sein).
Es gibt vier zentrale Quellen, aus denen sich die Selbstwirksamkeit einer Person speist:
Erfolgserlebnisse (Mastery Experiences): Das eigene Erleben von Erfolg ist der stärkste Einflussfaktor auf die Entwicklung von Selbstwirksamkeit. Wenn eine Person in der Vergangenheit erfolgreich eine Aufgabe gemeistert hat, stärkt dies ihr Vertrauen in ihre Fähigkeit, ähnliche Aufgaben auch in Zukunft zu bewältigen. Wiederholte Erfolge tragen dazu bei, das Gefühl der Kompetenz und der Selbstwirksamkeit zu festigen. Ein einzelner Misserfolg kann jedoch den Glauben an die eigene Wirksamkeit schwächen, vor allem, wenn er nicht richtig eingeordnet oder verarbeitet wird.
Beobachtungslernen (Vicarious Experiences): Menschen können durch das Beobachten anderer, die eine bestimmte Aufgabe erfolgreich erledigen, ihre eigene Überzeugung stärken, dass sie diese ebenfalls bewältigen können. Besonders wirkungsvoll ist dies, wenn die beobachtete Person als ähnlich zu einem selbst wahrgenommen wird. Das Beobachten von Vorbildern kann also eine wichtige Rolle in der Entwicklung von Selbstwirksamkeit spielen.
Soziale Überzeugung (Social Persuasion): Ermutigungen und Bestätigung von anderen können die Selbstwirksamkeit ebenfalls fördern. Wenn Freunde, Familie oder Kollegen an die Fähigkeiten einer Person glauben und sie ermutigen, etwas zu tun, kann dies das Vertrauen in die eigene Wirksamkeit stärken. Wichtig dabei ist, dass diese Überzeugung authentisch und glaubwürdig ist, da leere oder übertriebene Bestätigung weniger effektiv ist.
Physiologische und emotionale Zustände (Physiological and Emotional States): Der körperliche und emotionale Zustand einer Person beeinflusst ebenfalls ihre Wahrnehmung von Selbstwirksamkeit. Wenn eine Person sich nervös, ängstlich oder gestresst fühlt, kann sie ihre Fähigkeit, eine Aufgabe zu bewältigen, negativ bewerten. Umgekehrt kann ein Gefühl von Ruhe und Entspannung das Vertrauen in die eigene Fähigkeit stärken. Die Fähigkeit, Stress zu regulieren und eine positive emotionale Einstellung zu entwickeln, fördert die Wahrnehmung von Selbstwirksamkeit.
Selbstwirksamkeit hat einen erheblichen Einfluss auf viele Lebensbereiche, insbesondere in Bezug auf Motivation und Verhaltensänderung. Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit sind eher bereit, sich schwierigen Aufgaben zu stellen, Ausdauer zu zeigen und bei Rückschlägen nicht aufzugeben. Sie gehen Herausforderungen aktiv an, haben eine hohe Problemlösungsfähigkeit und sind oft kreativer bei der Suche nach Lösungen. Im Gegensatz dazu neigen Menschen mit niedriger Selbstwirksamkeit dazu, Herausforderungen zu vermeiden, schnell aufzugeben und sich von Misserfolgen entmutigen zu lassen.
In der Psychotherapie, insbesondere in der kognitiven Verhaltenstherapie, spielt die Förderung der Selbstwirksamkeit eine wichtige Rolle. Ein Ziel in der Therapie ist es, den Klienten zu unterstützen, ihre Überzeugungen in Bezug auf ihre Fähigkeit, Probleme zu bewältigen, zu hinterfragen und zu verändern. Dies kann durch das Setzen und Erreichen kleinerer Ziele, durch den Erwerb neuer Fähigkeiten oder durch die Arbeit an negativen Gedankenmustern geschehen.
Die Entwicklung von Selbstwirksamkeit ist nicht nur auf individuelle Leistung bezogen, sondern kann auch im sozialen und gesellschaftlichen Kontext eine Rolle spielen. Menschen, die an die Möglichkeit glauben, durch ihr Handeln Veränderungen in ihrer Umgebung zu bewirken, engagieren sich häufiger in sozialen oder politischen Aktivitäten und tragen so zur gesellschaftlichen Veränderung bei. Eine starke soziale Selbstwirksamkeit kann also das Engagement in der Gemeinschaft und das Streben nach sozialer Gerechtigkeit fördern.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Selbstwirksamkeit ein entscheidendes Konzept in der Psychologie ist, das die Überzeugung einer Person beschreibt, in der Lage zu sein, Ziele zu erreichen und Herausforderungen zu bewältigen. Sie beeinflusst die Motivation, das Verhalten und das Wohlbefinden eines Individuums und ist eng mit Erfolgserlebnissen, sozialer Unterstützung, Vorbildern und der Fähigkeit zur emotionalen Regulation verknüpft. Die Förderung der Selbstwirksamkeit ist ein wichtiger Aspekt in der persönlichen Entwicklung und in therapeutischen Prozessen und trägt dazu bei, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken und zu einer aktiveren und resilienteren Lebensweise zu führen.
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