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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung
Selbstwirksamkeitstheorie
Die Selbstwirksamkeitstheorie ist ein Konzept aus der Psychologie, das sich mit dem Vertrauen einer Person in ihre eigenen Fähigkeiten befasst, eine bestimmte Aufgabe erfolgreich zu bewältigen oder eine Herausforderung zu meistern. Der Begriff der Selbstwirksamkeit wurde von dem kanadischen Psychologen Albert Bandura eingeführt und beschreibt das individuelle Gefühl der Kompetenz und des Einflusses auf die eigenen Handlungen und deren Ergebnisse. Die Selbstwirksamkeit ist damit ein zentraler Faktor für die Motivation, das Verhalten und die emotionale Gesundheit eines Menschen, da sie entscheidend dafür ist, ob und wie eine Person an die Bewältigung von Herausforderungen herangeht.
Selbstwirksamkeit ist mehr als bloßes Selbstvertrauen. Sie bezieht sich auf das spezifische Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, um bestimmte Ziele zu erreichen oder Aufgaben zu bewältigen, und unterscheidet sich somit von einem allgemeinen Gefühl des Selbstwerts. Bandura argumentierte, dass Menschen, die eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung haben, motivierter sind, Herausforderungen anzunehmen, mehr Anstrengung zu investieren und in schwierigen Situationen beharrlicher zu bleiben. Sie sind besser in der Lage, Hindernisse zu überwinden und ihre Ziele zu verfolgen, während Menschen mit niedriger Selbstwirksamkeit dazu neigen, vor Herausforderungen zurückzuschrecken und Schwierigkeiten oft als unüberwindbare Hindernisse wahrzunehmen.
Die Selbstwirksamkeitstheorie basiert auf vier Hauptquellen, die laut Bandura die Entwicklung von Selbstwirksamkeit beeinflussen:
Erfolgserlebnisse (Mastery Experiences): Die wichtigste Quelle für die Selbstwirksamkeit sind persönliche Erfolgserfahrungen. Wenn eine Person eine Aufgabe erfolgreich bewältigt, steigt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, was die Selbstwirksamkeit stärkt. Umgekehrt können Misserfolge, besonders wenn sie früh oder wiederholt auftreten, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten beeinträchtigen. Der Umgang mit Misserfolgen und das Lernen aus ihnen sind jedoch auch bedeutende Aspekte, die zur langfristigen Stärkung der Selbstwirksamkeit beitragen können.
Beobachtung von Modellen (Vicarious Experiences): Menschen lernen auch durch Beobachtung anderer, insbesondere von Personen, die ihnen ähnlich sind. Wenn sie sehen, dass jemand mit vergleichbaren Fähigkeiten erfolgreich eine Herausforderung meistert, können sie Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten entwickeln. Die Beobachtung eines erfolgreichen Modells stärkt die Selbstwirksamkeit, da sie zeigt, dass die Aufgabe bewältigbar ist, und ermutigt zur Nachahmung.
Verbale Überzeugung (Verbal Persuasion): Verbale Ermutigung und Zuspruch von anderen können das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten stärken. Diese Art der Unterstützung kann durch Lehrer, Eltern, Kollegen oder Freunde erfolgen, die eine Person dazu ermutigen, an sich selbst zu glauben und Herausforderungen anzunehmen. Positives Feedback, konstruktive Kritik und das Hervorheben der Stärken einer Person können dazu beitragen, die Selbstwirksamkeit zu erhöhen. Es ist jedoch wichtig, dass diese Überzeugungen realistisch und glaubwürdig sind, da übermäßige oder unrealistische Ermutigung auch kontraproduktiv sein kann.
Emotionale und physiologische Zustände: Die Selbstwahrnehmung von emotionalen und physiologischen Zuständen beeinflusst ebenfalls die Selbstwirksamkeit. Positive emotionale Zustände, wie Gelassenheit oder Entspannung, können das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten erhöhen. Umgekehrt können negative Zustände, wie Angst, Stress oder starke körperliche Erregung, das Gefühl der Selbstwirksamkeit verringern. Menschen, die ihre physiologischen und emotionalen Reaktionen kontrollieren und regulieren können, sind besser in der Lage, Herausforderungen positiv anzugehen und ihr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken.
Die Bedeutung der Selbstwirksamkeit zeigt sich in vielen Bereichen des Lebens. In der Bildung ist die Selbstwirksamkeit von großer Bedeutung, da sie das Lernverhalten und die schulischen Leistungen beeinflusst. Schüler mit hoher Selbstwirksamkeit sind eher bereit, schwierige Aufgaben anzunehmen, sich Herausforderungen zu stellen und in ihrer Bildung beharrlich zu bleiben. Sie haben ein größeres Vertrauen in ihre Fähigkeit, erfolgreich zu sein, und sind weniger anfällig für schulische Misserfolge oder Lernblockaden. Lehrer und Pädagogen können die Selbstwirksamkeit ihrer Schüler fördern, indem sie realistische Erfolgserlebnisse ermöglichen, eine unterstützende Lernumgebung schaffen und positives Feedback geben.
Auch im beruflichen Kontext ist Selbstwirksamkeit ein zentraler Faktor, der die Leistungsbereitschaft, die Motivation und die Fähigkeit, berufliche Herausforderungen zu bewältigen, beeinflusst. Menschen mit hoher beruflicher Selbstwirksamkeit sind eher bereit, Verantwortung zu übernehmen, neue Fähigkeiten zu erlernen und mit Veränderungen umzugehen. Sie sehen Schwierigkeiten eher als Chancen für persönliches Wachstum und Erfolg anstatt als unüberwindbare Hindernisse. Führungskräfte, die ihren Mitarbeitern dabei helfen, ihre Selbstwirksamkeit zu stärken, fördern deren Leistungsfähigkeit und tragen zu einem positiven Arbeitsumfeld bei.
In der Gesundheitspsychologie hat die Selbstwirksamkeit ebenfalls eine große Bedeutung. Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit neigen dazu, gesunde Lebensgewohnheiten zu entwickeln und beizubehalten, etwa durch regelmäßige Bewegung oder gesunde Ernährung, und zeigen größere Resilienz in Zeiten von Stress oder Krankheit. Sie sind auch besser in der Lage, mit chronischen Krankheiten umzugehen, da sie ein stärkeres Gefühl der Kontrolle über ihre Situation haben. Umgekehrt kann eine geringe Selbstwirksamkeit mit schlechteren Gesundheitsgewohnheiten und einem höheren Risiko für psychische Probleme wie Depressionen oder Angststörungen einhergehen.
Die Förderung der Selbstwirksamkeit ist ein wichtiges Ziel in vielen therapeutischen Ansätzen, insbesondere in der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT). Ein Therapeut arbeitet daran, den Klienten zu unterstützen, ihre negativen und dysfunktionalen Gedankenmuster zu erkennen und durch realistische, positive Überzeugungen zu ersetzen. Dies geschieht oft durch die Erarbeitung kleiner, erreichbarer Ziele, die die Klienten in ihrer eigenen Kompetenz bestätigen und sie schrittweise zu größeren Herausforderungen führen. Durch die Wiederholung positiver Erfahrungen und die gezielte Förderung der eigenen Fähigkeiten wächst das Vertrauen in die eigene Selbstwirksamkeit.
Zusammenfassend betrachtet die Selbstwirksamkeitstheorie das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten als einen Schlüsselfaktor für Motivation, Leistung und psychisches Wohlbefinden. Selbstwirksamkeit beeinflusst, wie Menschen Herausforderungen wahrnehmen, wie sie mit Hindernissen umgehen und welche Ziele sie verfolgen. Menschen mit hoher Selbstwirksamkeit sind in der Lage, Herausforderungen aktiv anzugehen und aus Misserfolgen zu lernen, während Menschen mit niedriger Selbstwirksamkeit oft Schwierigkeiten als unüberwindbar erleben. Durch die Förderung der Selbstwirksamkeit – sei es durch persönliche Erfolgserlebnisse, Vorbilder, Ermutigung oder das Lernen, die eigenen emotionalen Reaktionen zu kontrollieren – können Menschen ihr Potenzial besser entfalten und ein erfüllteres Leben führen. Die Arbeit von Albert Bandura zur Selbstwirksamkeit hat unser Verständnis der menschlichen Motivation und der Rolle des Selbstvertrauens in vielen Lebensbereichen maßgeblich geprägt.
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