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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung

Psychologie

Sozialer Vergleich

Der soziale Vergleich ist ein psychologisches Konzept, das die Tendenz von Individuen beschreibt, ihr eigenes Verhalten, ihre Fähigkeiten, Meinungen und Leistungen mit denen anderer Menschen zu vergleichen. Dieser Vergleich dient als eine Möglichkeit, die eigene Position in sozialen Kontexten zu bewerten und ein besseres Verständnis für die eigene Identität und den sozialen Status zu entwickeln. Der Begriff wurde ursprünglich von dem Psychologen Leon Festinger 1954 eingeführt, der die Theorie des sozialen Vergleichs formulierte. Festinger nahm an, dass Menschen aus einem grundlegenden Bedürfnis heraus handeln, ihre eigenen Meinungen und Fähigkeiten in Bezug auf die Wahrnehmung anderer zu überprüfen, um Unsicherheiten zu verringern und eine Orientierung in sozialen und persönlichen Fragen zu erhalten.

Es gibt verschiedene Formen des sozialen Vergleichs, die sich in ihrer Richtung und Intention unterscheiden. Grundsätzlich lassen sich zwei Hauptarten des sozialen Vergleichs unterscheiden:

Vergleich mit „Besseren“ (Upward Social Comparison): In diesem Fall vergleicht sich eine Person mit jemandem, der in einer bestimmten Hinsicht als überlegen wahrgenommen wird. Ein solcher Vergleich kann zu einer Steigerung der eigenen Motivation führen, da die Person bestrebt ist, das höhere Niveau zu erreichen. Ein klassisches Beispiel für diesen Vergleich ist die Beobachtung erfolgreicherer Kollegen oder prominenter Persönlichkeiten, um sich selbst zu inspirieren oder ein Ziel zu setzen, das als erstrebenswert gilt. Allerdings kann ein ständiger Vergleich mit scheinbar überlegenen Personen auch zu Gefühlen der Unzulänglichkeit oder des Neides führen, wenn man das Gefühl hat, die eigenen Leistungen oder Fähigkeiten genügen nicht.

Vergleich mit „Schlechteren“ (Downward Social Comparison): Hierbei vergleicht sich eine Person mit jemandem, der als weniger erfolgreich oder in einer weniger vorteilhaften Position wahrgenommen wird. Dieser Vergleich kann dazu führen, dass die Person sich besser fühlt und ihr Selbstwertgefühl gestärkt wird. Der downward social comparison wird oft genutzt, um das eigene Selbstbild zu verbessern und das Gefühl von Bedrohung oder Unsicherheit zu verringern. Ein typisches Beispiel dafür wäre, dass eine Person, die in einer schwierigen Lebenssituation ist, sich mit jemandem vergleicht, der sich in einer noch schlechteren Lage befindet, was dazu führt, dass die eigene Situation als weniger belastend empfunden wird.

Neben diesen beiden grundlegenden Arten des sozialen Vergleichs gibt es auch den vergleichen mit gleichgestellten Personen (lateral social comparison), bei dem Menschen ihre Fähigkeiten oder Meinungen mit denen von Gleichaltrigen oder anderen, die als ähnlich oder in einer ähnlichen Situation angesehen werden, abgleichen. Dieser Vergleich ist oft nützlich, um die eigene Stellung in einer sozialen Gruppe oder in Bezug auf bestimmte Merkmale oder Normen zu verstehen. Beispielsweise könnte ein Student seine akademischen Leistungen mit denen von Kommilitonen vergleichen, um zu sehen, ob er sich im Durchschnitt befindet oder ob er möglicherweise besonders gut oder schlecht abschneidet.

Der soziale Vergleich ist ein universelles Phänomen, das in verschiedenen sozialen und kulturellen Kontexten eine wichtige Rolle spielt. Er hilft Menschen, ihre sozialen Identitäten zu definieren, sich als Teil einer Gruppe zu fühlen und zu verstehen, wie ihre eigenen Fähigkeiten und Leistungen im Vergleich zu anderen stehen. Der Vergleich mit anderen ist jedoch nicht immer förderlich. Er kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl und die psychische Gesundheit haben.

Auf der positiven Seite kann sozialer Vergleich dazu beitragen, das eigene Verhalten zu verbessern, neue Ziele zu setzen oder positive soziale Bindungen zu fördern. Wenn der Vergleich als motivierend oder inspirierend erlebt wird, kann er eine Quelle des Wachstums und der Weiterentwicklung darstellen. Besonders in Bereichen wie der beruflichen Entwicklung, der Leistungsmotivation oder der sozialen Integration kann sozialer Vergleich eine wichtige Funktion übernehmen, indem er als Maßstab für die eigene Entwicklung dient.

Auf der negativen Seite kann der soziale Vergleich jedoch zu Frustration, Neid, Unzufriedenheit oder einer verzerrten Wahrnehmung des Selbstwerts führen. Besonders der Upward Social Comparison kann zu einem übermäßigen Fokus auf die Wahrnehmung von Defiziten oder Mängeln führen, was das Selbstwertgefühl verringern und sogar psychische Probleme wie Angst oder Depressionen begünstigen kann. Das ständige Streben nach einem unerreichbaren Ideal oder das Gefühl, nicht genug zu leisten, kann zu einer verringerten Lebenszufriedenheit führen. In sozialen Medien ist dieser Effekt besonders auffällig, da Nutzer oft mit idealisierten Darstellungen des Lebens anderer konfrontiert werden, die nicht die Realität widerspiegeln, was zu einem verzerrten Bild der eigenen Lebenssituation führen kann.

Zudem kann sozialer Vergleich auch eine wichtige Rolle in der Entstehung von Gruppenprozessen und Gruppenzugehörigkeit spielen. Menschen nutzen den Vergleich mit anderen, um ihre eigene Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen zu bestätigen oder zu hinterfragen. Dieser Prozess kann sowohl zu einer stärkeren Kohäsion innerhalb einer Gruppe als auch zu Konflikten oder Ausgrenzungen führen, wenn der Vergleich die Wahrnehmung von „In-Gruppen“ und „Out-Gruppen“ verstärkt.

In der psychologischen Praxis, etwa in der Psychotherapie oder in Coaching-Sitzungen, wird der soziale Vergleich als ein Thema behandelt, wenn es um die Verbesserung des Selbstwertgefühls und der Selbstwahrnehmung geht. Therapeutische Ansätze versuchen oft, Klienten zu helfen, ihren sozialen Vergleich bewusst zu steuern und eine gesunde Balance zwischen Selbstakzeptanz und Inspiration durch andere zu finden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sozialer Vergleich ein tief verwurzeltes menschliches Verhalten ist, das sowohl Vorteile als auch Herausforderungen mit sich bringt. Er hilft uns, uns selbst zu verstehen und soziale Orientierung zu finden, kann aber auch zu negativen Gefühlen und ungesunden Denkmustern führen, wenn er zu intensiv oder verzerrt erlebt wird. Ein bewusster Umgang mit sozialen Vergleichen und eine gesunde Perspektive auf den eigenen Selbstwert können dazu beitragen, dass dieser Prozess zu einer positiven Quelle der Motivation und des Wachstums wird.

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