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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung
Stressreaktion
Die Stressreaktion ist eine physiologische und psychologische Antwort des Körpers auf eine wahrgenommene Bedrohung oder Herausforderung, die sogenannten Stressoren. Diese Reaktion dient ursprünglich dem Überleben und bereitet den Körper darauf vor, in Gefahrensituationen schnell zu handeln – entweder durch Flucht oder Kampf. Auch wenn diese Reaktion im heutigen Leben oft weniger mit unmittelbarer körperlicher Gefahr zu tun hat, reagiert der Körper dennoch auf stressreiche Situationen in einer ähnlichen Weise, wie sie für evolutionär bedingte Überlebensmechanismen entwickelt wurde.
Die Stressreaktion wird durch das autonome Nervensystem und das endokrine System ausgelöst und verläuft in mehreren Phasen. Zu den wichtigsten Prozessen gehören die Aktivierung des sympathischen Nervensystems und die Freisetzung von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol. Die Aktivierung des sympathischen Nervensystems führt zur Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin, die eine Reihe körperlicher Veränderungen bewirken. Die Herzfrequenz und der Blutdruck steigen, die Atmung wird schneller, und die Muskeln spannen sich an. Gleichzeitig werden weniger dringend benötigte Körperfunktionen, wie die Verdauung, zurückgefahren, um Energie für die Bewältigung der wahrgenommenen Bedrohung zu sparen.
Die Freisetzung von Cortisol ist ebenfalls ein zentraler Bestandteil der Stressreaktion. Cortisol wird von der Nebennierenrinde produziert und spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Energiehaushalts. Es sorgt dafür, dass dem Körper in stressigen Situationen genügend Energie zur Verfügung steht, indem es den Blutzuckerspiegel erhöht und die Energiereserven mobilisiert. Diese Anpassungen sind kurzfristig sehr effektiv, da sie dem Körper helfen, in einer Gefahrensituation optimal zu reagieren. Wenn jedoch die Stressreaktion häufig oder über längere Zeit aktiviert wird, kann dies gesundheitliche Probleme verursachen, da anhaltend hohe Cortisolwerte schädliche Auswirkungen auf den Körper haben, etwa auf das Immunsystem, das Verdauungssystem und den Schlaf.
Psychologisch gesehen zeigt sich die Stressreaktion in emotionalen und kognitiven Veränderungen. Menschen in einer Stresssituation können sich unruhig, ängstlich oder reizbar fühlen und neigen dazu, Informationen schneller und fokussierter wahrzunehmen – allerdings oft mit einer Tendenz zur negativen Interpretation. Diese eingeschränkte Wahrnehmung, die sogenannte „Tunnelblick“-Reaktion, dient dazu, die Konzentration auf die Bedrohung zu lenken und hilft, schnelle Entscheidungen zu treffen. Gleichzeitig kann Stress das Denken jedoch auch beeinträchtigen und es schwieriger machen, kreative Lösungen oder langfristige Pläne zu entwickeln.
Die Stressreaktion verläuft in mehreren Phasen, die in der Allgemeinen Adaptationssyndrom-Theorie von Hans Selye beschrieben werden:
Alarmphase: Der Körper erkennt die Bedrohung und reagiert sofort mit der Aktivierung des sympathischen Nervensystems. Es kommt zur Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin, die den Körper in einen Zustand der erhöhten Wachsamkeit versetzen.
Widerstandsphase: Wenn der Stress anhält, versucht der Körper, sich an die Stresssituation anzupassen. Die Cortisolausschüttung bleibt erhöht, um Energie bereitzustellen und den Körper in einem Zustand der Wachsamkeit zu halten. Während dieser Phase können die Ressourcen des Körpers beansprucht werden, was ihn anfälliger für Krankheiten macht.
Erschöpfungsphase: Bei anhaltendem Stress ohne ausreichende Erholungsphasen sind die Energiereserven des Körpers erschöpft. Diese Phase kann zu körperlichen und psychischen Problemen führen, wie etwa Schwächung des Immunsystems, Schlafstörungen, Bluthochdruck, Angst und Depression.
Langfristig kann eine häufig aktivierte Stressreaktion ohne ausreichende Erholung zur Entstehung von Stressfolgestörungen beitragen, darunter chronische Stressstörungen, Burnout oder psychosomatische Erkrankungen wie Magen-Darm-Beschwerden, Herz-Kreislauf-Probleme und Hauterkrankungen. Chronischer Stress beeinflusst zudem die Gehirnfunktion und kann zu Gedächtnis- und Konzentrationsproblemen führen, da hohe Cortisolwerte die neuronalen Verbindungen im Hippocampus, einem Bereich des Gehirns, der für das Lernen und Gedächtnis zuständig ist, schwächen können.
Effektive Stressbewältigung und Erholungsphasen sind daher essentiell, um die negativen Folgen einer langfristigen Aktivierung der Stressreaktion zu vermeiden. Techniken wie Entspannungsübungen, Achtsamkeitspraxis, regelmäßige Bewegung und soziale Unterstützung helfen dem Körper, wieder in einen Zustand der Ruhe und Erholung zu gelangen. Sie tragen dazu bei, den Stresskreislauf zu unterbrechen, die Cortisolproduktion zu reduzieren und den Parasympathikus zu aktivieren – den Teil des autonomen Nervensystems, der für Entspannung und Regeneration verantwortlich ist.
Zusammengefasst ist die Stressreaktion eine überlebenswichtige Antwort des Körpers, die in akuten Gefahrensituationen hilfreich ist, aber bei Dauerbelastung gesundheitsschädlich wirken kann. Verständnis über die Mechanismen der Stressreaktion sowie das Erlernen von Stressbewältigungsstrategien sind entscheidend, um die gesundheitlichen Risiken von chronischem Stress zu minimieren und ein gesundes, ausgeglichenes Leben zu führen.
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