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Fachbereich Psychologie
Begriffserklärung

Psychologie

Zustandsangst

Zustandsangst beschreibt eine Form der Angst, die akut und situationsbedingt auftritt, im Gegensatz zur sogenannten "Trait-Angst" (Eigenschaftsangst), die eine langfristige und stabilere Disposition zur Angst darstellt. Zustandsangst tritt häufig in spezifischen Situationen auf, die als bedrohlich, belastend oder überwältigend wahrgenommen werden, wie etwa vor Prüfungen, bei einem wichtigen sozialen Ereignis oder in medizinischen Notfällen. Sie wird oft durch externe Stressoren ausgelöst und kann als vorübergehende, intensive Angst- oder Unruheempfindung verstanden werden, die in der Regel verschwindet, sobald die angstauslösende Situation vorbei ist.

Zustandsangst äußert sich sowohl psychisch als auch physisch. Psychisch kann sie sich durch Nervosität, Besorgnis, erhöhte Wachsamkeit oder ein Gefühl von Kontrollverlust zeigen. Körperliche Symptome der Zustandsangst umfassen eine beschleunigte Herzfrequenz, Schwitzen, Zittern, Atemnot, Übelkeit oder Schwindel. Diese Symptome sind Teil der „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“, einer natürlichen Stressreaktion des Körpers, die darauf ausgelegt ist, in bedrohlichen Situationen für schnelle Reaktionen zu sorgen. Bei Menschen mit hoher Zustandsangst tritt diese Reaktion jedoch auch in Situationen auf, die objektiv betrachtet keine wirkliche Gefahr darstellen, was das Erleben und die Bewältigung dieser Zustände erschwert.

Die Ursachen von Zustandsangst liegen häufig in der individuellen Bewertung und Interpretation einer Situation. Ein Mensch, der eine bevorstehende Prüfung als extrem stressig und bedrohlich bewertet, wird eher Zustandsangst erleben als jemand, der die gleiche Situation als Herausforderung sieht. Kognitive Faktoren wie katastrophisierendes Denken, das heißt, negative und unrealistische Erwartungen an den Ausgang einer Situation, können die Zustandsangst verstärken. Ebenso spielt die individuelle Stressverarbeitung eine Rolle: Menschen, die mit Unsicherheiten oder Belastungen schwer umgehen können, neigen tendenziell stärker zur Zustandsangst.

Zustandsangst ist jedoch nicht ausschließlich negativ und kann in gewissem Maße sogar hilfreich sein. Eine moderate Ausprägung der Zustandsangst kann die Konzentration und Wachsamkeit steigern und das Leistungspotenzial in bestimmten Situationen, wie Prüfungen oder Wettkämpfen, positiv beeinflussen. Dieser Effekt wird als „Yerkes-Dodson-Gesetz“ beschrieben, das besagt, dass eine moderate Anspannung und Aktivierung die Leistung steigern kann, während zu hohe Zustandsangst wiederum zu einer Leistungsminderung führt.

Behandlung und Bewältigung von Zustandsangst zielen darauf ab, die Intensität und Häufigkeit solcher Angstzustände zu reduzieren und die Stressresilienz zu stärken. Ein bewährter Ansatz ist die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), in der Betroffene lernen, ihre Gedankenmuster zu erkennen und zu verändern. Durch die kognitive Umstrukturierung werden dysfunktionale Gedanken identifiziert und durch realistischere, beruhigende Überzeugungen ersetzt, was die Zustandsangst reduzieren kann. Auch Techniken zur Entspannung wie Atemübungen, progressive Muskelentspannung oder Achtsamkeitsmeditation helfen, die körperlichen Symptome der Angst zu mindern und die emotionale Stabilität zu fördern.

Zustandsangst ist ein häufiges Phänomen, das fast jeder Mensch in bestimmten Lebenssituationen erlebt. Sie wird dann als problematisch betrachtet, wenn sie häufig oder in einem übermäßigen Ausmaß auftritt und das alltägliche Leben und Wohlbefinden erheblich beeinträchtigt. Insgesamt kann das Verständnis der Zustandsangst und ihrer zugrunde liegenden Mechanismen Betroffenen helfen, einen bewussteren Umgang mit angstauslösenden Situationen zu entwickeln und langfristig eine höhere emotionale Widerstandskraft aufzubauen.

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