Du liegst im Bett. Es ist Nacht. Du kannst dich nicht bewegen. Ein schwerer Druck liegt auf deiner Brust. Etwas ist da – du fühlst es, obwohl du es nicht sehen kannst. Es beugt sich über dich…
Herzlichen Glückwunsch, du hattest möglicherweise eine Begegnung mit einem Inkubus – zumindest nach mittelalterlicher Vorstellung.
Der Inkubus (lateinisch: incubare = „draufliegen“) ist ein männlicher Dämon, der nachts auf Menschen – insbesondere Frauen – „herabsteigt“, sie heimsucht, verführt oder sogar sexuell missbraucht. Sein weibliches Gegenstück heißt Sukkubus. Beide Figuren sind tief in der Mythologie, Folklore und Dämonologie vieler Kulturen verwurzelt – von Mesopotamien bis ins christliche Mittelalter.
Wie sah so ein Inkubus aus?
Beschreibungen variieren, aber häufig taucht er auf als:
Schattenhafte, dunkle Gestalt
Mit ledrigen Flügeln, Hörnern, glühenden Augen
Oder – besonders tückisch – in verführerisch schöner, menschlicher Form
Der Inkubus galt als gefährlicher Verführer, der nachts erschien, um seine Opfer sexuell zu bedrängen. Im Mittelalter wurde er auch für unerklärliche Schwangerschaften, Lustgefühle oder „sündige Träume“ verantwortlich gemacht. Manche glaubten sogar, Inkubi könnten menschliche Nachkommen zeugen – Halbmenschen mit besonderen Kräften (Hallo, Merlin!).
Doch woher kommt diese Vorstellung eigentlich?
Moderne Interpretationen vermuten, dass viele Inkubus-Legenden aus Schlafparalyse-Erfahrungen resultieren – also Zuständen, in denen Menschen zwischen Wachen und Schlafen feststecken, sich nicht bewegen können und intensive, oft beängstigende Halluzinationen erleben. Die gefühlte Präsenz, der Druck auf der Brust, das Ausgeliefertsein – all das passt verblüffend gut zur Inkubus-Erzählung.
In manchen Kulturen sind Inkubus-ähnliche Wesen fest im Volksglauben verankert:
„Alp“ oder „Nachtmahr“ im deutschsprachigen Raum
„Mara“ in Skandinavien
„Kanashibari“ in Japan
„Pisadeira“ in Brasilien
Heute lebt der Inkubus weiter – in Fantasy-Literatur, Rollenspielen, Filmen und Serien. Mal als düsterer Dämon, mal als sexy Antiheld, mal als Metapher für verdrängte Begierden.
Der Inkubus ist mehr als nur ein Gruselwesen – er ist ein Spiegel unserer Ängste, unserer Lust und unserer Faszination für das Unheimliche im eigenen Schlafzimmer. Eine Figur zwischen Mythos, Psychologie und Erotik… und definitiv nichts für zarte Nerven vor dem Einschlafen.