Du hörst: „Das war ein heftiger Streit.“ Und kurz darauf: „Das war ein heftiger Song!“ Gleiche Vokabel, komplett gegensätzliche Stimmung. Willkommen in der Welt der Januswörter – Begriffe, die sich selbst widersprechen können, je nachdem, wie man sie verwendet.
Benannt nach dem römischen Gott Janus, der zwei Gesichter hatte – eins nach vorn, eins nach hinten –, beschreibt ein Januswort (auch „Autoantonym“ genannt) ein sprachliches Phänomen, bei dem ein und dasselbe Wort zwei gegensätzliche Bedeutungen haben kann. Mal positiv, mal negativ. Mal aufbauen, mal zerstören. Sprachliches Schrödingers Wort, sozusagen.
Ein paar Beispiele gefällig?
„Aufheben“ kann bedeuten: etwas beseitigen („Ich hebe das Verbot auf“) oder etwas bewahren („Ich hebe das Ticket auf“).
„Abschließen“ kann heißen: etwas beenden („Das Projekt ist abgeschlossen“) oder etwas beginnen („Ich habe den Vertrag abgeschlossen“).
„Lassen“ kann heißen: etwas erlauben („Ich lasse dich gehen“) oder etwas unterlassen („Lass das!“).
„Fast“ kann heißen: beinahe („Fast getroffen“) oder verzichtend („Ich faste“ – okay, kleiner Etikettenschwindel, aber trotzdem witzig).
Januswörter sind ein Paradebeispiel dafür, wie flexibel und kontextabhängig Sprache funktioniert. Ohne Tonfall, Mimik oder Zusatzinformationen kann ein Satz mit einem Januswort leicht missverstanden werden – ideal für Ironie, Wortspiele oder poetische Doppeldeutigkeiten.
Und natürlich bietet das dem Sprachwitz eine herrliche Spielwiese. Autor:innen und Werbetexter:innen lieben Januswörter für subtile Doppelsinnigkeit. In der Rhetorik wirken sie wie ein sprachliches Chamäleon: Je nach Licht und Kontext zeigen sie ein anderes Gesicht.
Fazit: Januswörter sind wie der Joker im Kartenspiel der Sprache – sie können für oder gegen dich arbeiten. Und manchmal weiß man erst am Ende des Satzes, was sie wirklich meinen.