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Xylothek

Kuriose historische Sammlungen

Ein liebevoll gezeichneter Querschnitt eines Xylothek-Buchs – beschriftet wie ein Schulbuch: außen Rinde, innen Holz, oben Samenfach, unten Blattkammer – informativ und charmant illustriert.

Stell dir eine Bibliothek vor, in der jedes Buch wie ein kleiner Baum aussieht – und nicht nur wie einer, sondern tatsächlich aus dem Holz dieses Baums besteht. Willkommen in der wunderlich-wissenschaftlichen Welt der Xylothek!


Das Wort stammt vom Griechischen xýlon (Holz) und thḗkē (Aufbewahrungsort). Eine Xylothek (auch: Xylotheque oder Holzsammlung) ist also wörtlich eine Holz-Bibliothek – aber nicht im Sinne von Bücherregalen, sondern: eine Sammlung von „Büchern“, die selbst aus Holz bestehen und jeweils einen Baum oder Strauch repräsentieren.


Wie sieht so ein „Buch“ aus?

  • Einband: gefertigt aus der Rinde der jeweiligen Baumart

  • Buchrücken: oft mit Moos, Flechten oder Knospen verziert

  • Innenleben: enthält Holzproben, Blätter, Samen, Früchte, Querschnitte und manchmal sogar schriftliche Infos zum Baum – wie ein botanisches Porträt in 3D


Kurz: Jedes „Buch“ ist eine Mini-Ausstellung über eine Pflanzenart, eingebettet in ihre eigenen Materialien. Es ist, als würde der Baum sich selbst archivieren.


Besonders beliebt waren Xylotheken im 18. und 19. Jahrhundert – in einer Zeit, in der Naturbeobachtung und botanische Klassifikation Hochkonjunktur hatten. Adlige, Universitäten, Forstakademien und naturwissenschaftliche Sammler waren fasziniert von der Idee, die Vielfalt der Holzarten systematisch darzustellen – mit allen Sinnen erfahrbar.


Die wohl bekannteste Xylothek stammt aus dem deutschen Schloss Salzdahlum und wurde später in die Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel integriert. Dort kannst du noch heute rund 530 „Holzbücher“ bestaunen – ein echtes Kuriositätenkabinett zwischen Botanik und Bibliophilie.


Doch Xylotheken sind nicht nur nostalgische Naturkuriositäten. Sie haben auch wissenschaftlichen Wert:

  • Forstwirtschaft: Holzarten vergleichen, Wachstum erkennen

  • Kunstgeschichte: Materialanalyse bei Möbeln und Gemälden

  • Ökologie: Biodiversität sichtbar machen

  • Kriminalistik: Holzarten in Schmuggelware identifizieren


Und natürlich: Sie sind wunderschön. Jede Xylothek ist ein haptisches Kunstwerk, ein botanischer Schatzkasten – eine Hommage an das, was wir heute als „analoges Wissen“ bezeichnen würden.


Die Xylothek ist mehr als eine Sammlung – sie ist ein sinnliches Archiv des Waldes. Zwischen Rinde, Blatt und Samen steckt nicht nur Wissen, sondern auch eine tiefe Liebe zur Natur und zum Detail. Und mal ehrlich: Wie cool ist bitte ein Buch, das selbst aus dem Baum gemacht ist, von dem es erzählt?

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