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Die universelle Lebensregel – gilt sie wirklich für alle Lebewesen?

Eine stilisierte Balkenwaage steht im Zentrum. In der linken Waagschale befindet sich ein grüner, blühender Baum auf fruchtbarem Boden, der Leben und Wachstum symbolisiert. In der rechten Waagschale liegt ein Haufen dunkler Asche oder Gestein, während im Hintergrund ein Vulkan ausbricht und Rauchschwaden aufsteigen, was Zerstörung und Chaos darstellt. Über der Waage steht in großen Buchstaben die Frage: "Strebt die Natur wirklich nach Gleichgewicht?". Unten rechts steht "Wissenschaftswelle.de".

Pack deine Denkmütze auf und schnall dich an, denn heute begeben wir uns auf eine absolut faszinierende Reise – eine Reise zur vielleicht grundlegendsten Frage überhaupt: Gibt es so etwas wie eine universelle Regel für alles, was lebt? Stell dir das mal vor! Eine einzige Logik, die vom winzigsten Bakterium bis zum komplexesten Ökosystem alles durchdringt. Diese Frage ist nicht nur ein intellektuelles Gedankenspiel; sie rührt an den Kern unseres Verständnisses vom Leben selbst, von seiner Entstehung, seiner Funktionsweise und den fundamentalen Gesetzen, denen es unterworfen ist. Gemeinsam wollen wir erkunden, ob es einen solchen universellen Code des Lebens wirklich gibt, oder ob die Realität vielleicht vielschichtiger, paradoxer und ja, vielleicht sogar noch spannender ist!


Ich bin fest davon überzeugt, dass das Leben zwar von universellen physikalischen Gesetzen unweigerlich begrenzt wird, aber eine einzelne, simple biologische Regel, die für alles und jeden gilt, schwer zu fassen ist. Vielmehr scheint das Leben von einer ganzen Hierarchie von Prinzipien gelenkt zu werden. Dabei können Phänomene auf einer höheren Ebene – denk nur an selbstlose Kooperation – scheinbar grundlegende Imperative auf einer niedrigeren Ebene, wie das reine individuelle Überleben, einfach mal über den Haufen werfen. Ist das nicht unglaublich? Die Essenz des Lebens liegt dann vielleicht gar nicht im Befolgen einer starren Regel, sondern in der meisterhaften, adaptiven Navigation durch eine komplexe Landschaft voller konkurrierender Zwänge und Möglichkeiten.


Um dieser spannenden These auf den Grund zu gehen, wollen wir uns das Ganze mal genauer anschauen. Zuerst werfen wir einen Blick auf die "üblichen Verdächtigen" – die fundamentalen Prinzipien, die oft als universelle Regeln des Lebens postuliert werden. Dann stürzen wir uns mitten hinein in die größten Herausforderungen und Paradoxien für diese Regeln – von selbstlosem Altruismus bis hin zum programmierten Zelltod. Und schließlich, versprochen, betrachten wir das Ganze aus einer philosophischen und ethischen Perspektive, um zu verstehen, was "Regeln" in der Biologie überhaupt bedeuten und was das für uns Menschen heißt. Mach dich bereit für ein Abenteuer, das unser Bild vom Leben vielleicht ein kleines bisschen auf den Kopf stellt!


Bevor wir uns in die Details stürzen, lass uns erst einmal die Basis schaffen. Welche "Regeln" werden denn am häufigsten ins Spiel gebracht, wenn es um die Universalität des Lebens geht? Wir schauen uns drei große Kandidaten an: die Definition von Leben selbst, die unumstößlichen Gesetze der Thermodynamik und die faszinierende Logik der Evolution.


Das definitorische Dilemma: Was konstituiert „Leben“?


Schon hier fängt es an, knifflig zu werden! Bevor wir eine Regel für das Leben finden, müssen wir uns ja erstmal einig sein, was Leben ist. Und genau da liegt der Haken: Es gibt keine einzige, universell akzeptierte wissenschaftliche Definition von Leben. Verrückt, oder? Diese Unschärfe ist die allererste Hürde auf unserer Suche. Das Leben, so scheint es, ist ein so komplexes Phänomen, dass es sich einer einfachen, allumfassenden Beschreibung einfach entzieht.

Oft wird versucht, Leben über eine Art Checkliste zu definieren. Du kennst das vielleicht aus dem Bio-Unterricht:


  • Organisation: Lebewesen sind strukturiert, bestehen aus Zellen.

  • Stoffwechsel (Metabolismus): Sie nehmen Energie auf, wandeln Stoffe um.

  • Homöostase: Sie halten ein stabiles inneres Milieu aufrecht.

  • Wachstum: Sie werden größer, entwickeln sich.

  • Fortpflanzung (Reproduktion): Sie erzeugen Nachkommen.

  • Reizbarkeit: Sie reagieren auf ihre Umwelt.

  • Bewegung: Sie zeigen irgendeine Form von Eigenbewegung.


Klingt erstmal logisch. Aber diese Checkliste hat ihre Tücken. Ein Maultier ist lebendig, kann sich aber nicht fortpflanzen. Viren, diese faszinierenden Grenzgänger, haben keinen eigenen Stoffwechsel und sind außerhalb einer Wirtszelle quasi tot. Die Checkliste ist also eher eine Orientierungshilfe als eine wasserdichte Definition.


Deshalb geht die wissenschaftliche Debatte eher in Richtung prozess- und systembasierter Definitionen. Die NASA hat zum Beispiel eine ziemlich coole Arbeitsdefinition, formuliert von Gerald Joyce: „Leben ist ein sich selbst erhaltendes chemisches System, das eine darwinische Evolution erfahren kann.“ Hier steht die Evolution im Mittelpunkt – die Fähigkeit zur Anpassung und Veränderung. Aber auch die hat ihre Grenzen, wenn man an das allererste Lebewesen denkt.


Andere Ansätze betonen die Thermodynamik (Leben als System, das Ordnung auf Kosten von Unordnung in der Umgebung schafft – dazu gleich mehr!) oder die Selbstorganisation (Autopoiese – die Fähigkeit, sich selbst zu erzeugen und zu erhalten). Du siehst, die Frage "Was ist Leben?" ist selbst ein lebendiges Forschungsfeld! Synthetische Biologie und Astrobiologie treiben diese Debatte immer weiter voran. Das ist kein Scheitern der Wissenschaft, sondern ein Zeichen für die unfassbare Komplexität des Lebens!


Hier eine kleine Übersicht, um die verschiedenen Ansätze besser zu verstehen:

Definitionsansatz

Kernthesen

Stärken

Schwächen & Grenzfälle

Merkmal-Checkliste

Ein System ist lebendig, wenn es eine Reihe von Kriterien erfüllt (z.B. Stoffwechsel, Fortpflanzung).

Intuitiv, pädagogisch wertvoll.

Unflexibel; schließt sterile Organismen aus; kann nicht mit Viren umgehen.

Thermodynamisch

Leben ist ein offenes System, das seine niedrige Entropie aufrechterhält, indem es die Entropie der Umgebung erhöht.

Basiert auf fundamentalen physikalischen Gesetzen.

Sehr abstrakt; viele nichtlebende Systeme (z.B. Hurrikan) passen ebenfalls.

NASA (Evolutionär)

Leben ist ein sich selbst erhaltendes chemisches System, das fähig ist, eine darwinische Evolution zu durchlaufen.

Stellt den dynamischen, anpassungsfähigen Charakter des Lebens in den Mittelpunkt.

Problematisch für das erste Lebewesen; schließt lebende, aber nicht evolvierende Individuen aus.

Autopoietisch

Leben ist ein System, das sich durch ein Netzwerk von Komponentenproduktionsprozessen selbst erzeugt und erhält.

Betont Autonomie und Selbsterhaltung.

Kann als zirkulär angesehen werden; Anwendbarkeit auf Ökosysteme umstritten.


Die unverhandelbare Grundlage: Die Thermodynamik der Existenz


Wenn es eine Regel gibt, an der absolut kein Weg vorbeiführt, dann ist sie nicht biologischer, sondern physikalischer Natur. Jedes Lebewesen, egal wie fremdartig es sein mag, muss den Gesetzen der Thermodynamik gehorchen. Diese Gesetze diktieren die "Energiekosten des Lebens" – ein unumstößliches Fundament.


Stell dir vor, Lebewesen sind wie kleine, offene Systeme. Sie tauschen ständig Materie und Energie mit ihrer Umgebung aus – nehmen energiereiche Nahrung auf, geben energiearme Abfallprodukte und Wärme ab. Dieser ständige Fluss ist überlebenswichtig, um einen Zustand fernab des thermodynamischen Gleichgewichts zu halten. Gleichgewicht bedeutet für eine Zelle nämlich den Tod. Stattdessen existiert das Leben in einem Fließgleichgewicht, einem dynamischen Zustand, der durch Energie- und Materiefluss aufrechterhalten wird.


Jetzt kommt der berühmte Zweite Hauptsatz der Thermodynamik ins Spiel: In einem isolierten System nimmt die Entropie (ein Maß für Unordnung) immer zu. Leben scheint dem zu widersprechen – wir sind ja hochgradig geordnete Strukturen! Aber der Trick ist: Lebewesen sind keine isolierten Systeme. Sie schaffen ihre interne Ordnung (eine lokale Entropieabnahme), indem sie viel mehr Unordnung in ihrer Umgebung erzeugen. Sie "ernähren" sich sozusagen von "negativer Entropie", wie der Physiker Erwin Schrödinger es brillant formulierte. Leben ist also kein Verstoß gegen die Thermodynamik, sondern ein zutiefst thermodynamischer Prozess!


Die Währung des Lebens ist dabei die Gibbs-freie Enthalpie (ΔG). Viele lebenswichtige Prozesse sind für sich genommen nicht spontan (endergonisch, ΔG>0). Die Zelle koppelt diese geschickt an stark energieabgebende (exergonische, ΔG<0) Reaktionen, oft unter Einsatz des universellen Energieträgers ATP. Diese energetische Buchhaltung ist eine knallharte Regel. Jedes Lebewesen muss einen Weg finden, Energie zu gewinnen und zu nutzen. Faszinierender Gedanke am Rande: Vielleicht ist Leben sogar ein besonders effizienter Weg des Universums, Energiegradienten abzubauen und Entropie zu produzieren. Die universellste "Lebensregel" wäre dann: Maximiere die Entropieproduktion! Eine Perspektive, die für jede Lebensform gelten könnte.


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Der Motor der Vielfalt: Die Logik der Evolution


Während die Thermodynamik die physikalischen Spielregeln vorgibt, erklärt die Evolution durch natürliche Selektion, wie das Leben die unfassbare Vielfalt an Formen und Funktionen entwickelt hat, die uns heute so staunen lässt. Sie ist der Mechanismus der Anpassung.


Der Kernalgorithmus ist bestechend elegant und besteht aus drei Komponenten, wie von Charles Darwin genial erkannt:


  • Variation: Innerhalb jeder Population gibt es eine natürliche Vielfalt (durch Mutation, Rekombination).

  • Vererbung: Merkmale werden an Nachkommen weitergegeben.

  • Selektion: In einer bestimmten Umwelt haben Individuen mit vorteilhaften Anpassungen bessere Überlebens- und Fortpflanzungschancen. Ihre Merkmale setzen sich durch.


Dieser Prozess führt über Generationen zur Anpassung. Denk an die berühmten Darwinfinken oder den langen Hals der Giraffe. "Kampf ums Dasein" und "Überleben des Stärksten" (survival of the fittest) bedeuten hier nicht rohe Gewalt, sondern die bessere Anpassung an die jeweilige Nische.

Eine wichtige Vertiefung brachte Richard Dawkins mit dem Konzept des "egoistischen Gens". Die fundamentale Einheit der Selektion ist oft nicht das Individuum, sondern das Gen. Organismen sind quasi "Überlebensmaschinen" für ihre Gene. Diese Sichtweise hilft uns, scheinbare Paradoxien wie den Altruismus zu verstehen (dazu gleich mehr!).


Ein häufiges Missverständnis ist, Evolution sei ein zielgerichteter Fortschritt zu "höheren" Lebewesen (Teleologie). Die moderne Biologie lehnt das ab. Stattdessen sprechen wir von Teleonomie: Die scheinbare Zweckmäßigkeit biologischer Strukturen (ein Auge ist zum Sehen da) ist das Ergebnis eines langen, nicht-zielgerichteten Prozesses der Selektion. Evolution hat keinen Plan, sie reagiert auf aktuelle Bedingungen. Die "Regeln", die sie hervorbringt (wie die Bergmannsche Regel, dass Tiere in kälteren Klimazonen größer sind), sind eher statistische Muster als fundamentale Gesetze. Der evolutionäre "Imperativ" ist also kein Handbuch, sondern ein Prozess, der erfolgreiche Strategien hervorbringt.


Jetzt wird es richtig spannend! Nachdem wir die potenziellen Grundregeln beleuchtet haben, stellen wir sie nun auf die Probe. Wir schauen uns Phänomene an, bei denen einfache, auf das Individuum zentrierte Regeln gebrochen oder auf erstaunliche Weise transzendiert werden.


Das Paradox der Selbstaufopferung: Altruismus und Kooperation


Das weit verbreitete Phänomen des Altruismus ist wohl die direkteste Herausforderung für ein simples "Überleben des Stärksten". Verhalten, das selbstlos erscheint – Erdmännchen, die Wache halten und sich gefährden, Vögel, die Warnrufe ausstoßen – wie passt das ins Bild? Ein Gen für Selbstaufopferung sollte doch eigentlich aussterben!


Die Evolutionsbiologie hat dafür geniale Erklärungen:


  • Verwandtenselektion (Kin Selection): W.D. Hamiltons Regel (rB>C) besagt, dass ein altruistischer Akt begünstigt wird, wenn der Nutzen für den Empfänger (B), gewichtet mit dem Verwandtschaftsgrad (r), die Kosten für den Helfer (C) übersteigt. Hilfst du deiner Schwester, hilfst du indirekt deinen eigenen Genen. Aus Sicht des "egoistischen Gens" eine profitable Strategie!

  • Reziproker Altruismus: "Wie du mir, so ich dir." Kooperation zwischen nicht verwandten Individuen, die sich wiederholt begegnen und sich an frühere Hilfe erinnern können. Vampirfledermäuse, die Blutmahlzeiten teilen, sind ein klassisches Beispiel. Das ist verzögerter Eigennutz.

  • Eusozialität: Das Extrembeispiel sind Insektenstaaten (Ameisen, Bienen). Sterile Arbeiterinnen verzichten komplett auf eigene Fortpflanzung und dienen der Kolonie. Oft sind sie aufgrund genetischer Besonderheiten (Haplodiploidie) enger mit ihren Schwestern verwandt als mit eigenen Nachkommen.


Diese Mechanismen zeigen: Die scheinbare Regel der individuellen Selbsterhaltung ist einer tieferen Regel untergeordnet – der Erhaltung der Gene. "Selbsterhaltung" ist skalenabhängig. Eine universelle "Lebensregel" kann also nicht nur auf der Ebene des Individuums formuliert werden.


Der programmierte Tod als Lebensprinzip: Die Logik der Apoptose


Noch fundamentaler wird es beim programmierten Zelltod, der Apoptose. Das Leben, insbesondere komplexes mehrzelliges Leben, hat einen eingebauten "Selbstzerstörungsmechanismus"! Das ist kein Unfall, sondern ein aktiver, kontrollierter und lebenswichtiger Prozess.


Im Gegensatz zur Nekrose (unkontrollierter Zelltod durch Schaden) ist Apoptose ein "sauberer Selbstmord" der Zelle. Sie schrumpft, ihre DNA wird zerlegt, und sie wird von Fresszellen beseitigt, ohne Entzündung. Warum das Ganze?


  • Entwicklung: Entfernt überflüssige Strukturen (Schwimmhäute beim Fötus, Kaulquappenschwanz).

  • Gewebehomöostase: Hält die Zellzahl konstant.

  • Immunsystem: Eliminiert Immunzellen, die den eigenen Körper angreifen würden, und hilft, infizierte Zellen zu beseitigen.

  • Krebsprävention: Das Gen p53 löst Apoptose in Zellen mit irreparablen DNA-Schäden aus. Versagt dieser Mechanismus, ist das ein Kennzeichen von Krebs.


Wie kann eine Lebensregel eine Regel für den Tod beinhalten? Die Antwort ist ähnlich wie beim Altruismus, nur auf zellulärer Ebene: Die "Selbsterhaltung" der einzelnen Zelle wird dem Überleben des Gesamtorganismus untergeordnet. Die Mehrzelligkeit wurde erst möglich durch diesen zellulären "Gesellschaftsvertrag". Der Tod ist hier kein Gegenteil des Lebens, sondern ein Werkzeug, das Leben auf höherer Ebene ermöglicht. Ist das nicht ein verblüffender Gedanke? Lass mir unbedingt einen Like da, wenn dich das Thema genauso fesselt, und teile deine eigenen Überlegungen in den Kommentaren!


An den Rändern der Existenz: Viren, Prionen und Extremophile


Die härtesten Tests für jede Regel finden sich an den Grenzen des Lebens.


  • Viren: Bestehen aus Genmaterial und Proteinhülle, können evolvieren, haben aber keinen eigenen Stoffwechsel. Außerhalb der Wirtszelle sind sie inert. Sie zeigen, dass Evolution ohne eigenständigen Stoffwechsel möglich ist!

  • Prionen: Infektiöse Proteine ohne genetisches Material! Sie "vermehren" sich, indem sie normale Proteine zwingen, ihre fehlgefaltete Struktur anzunehmen. Das stellt die Regel in Frage, dass Vererbung Nukleinsäuren braucht.

  • Extremophile: Organismen, die in für uns absolut tödlichen Umgebungen gedeihen: in kochendem Wasser (Thermophile), im Eis (Psychrophile), in extremer Säure (Acidophile), in hochkonzentriertem Salz (Halophile) oder unter enormem Druck (Piezophile). Sie zeigen, dass unsere Vorstellung von "normalen" Lebensbedingungen sehr relativ ist.


Diese Grenzgänger lehren uns Bescheidenheit. Viele unserer "universellen" Regeln könnten nur lokale Zufälle unserer irdischen Evolution sein. Die wahre universelle "Regel" scheint das Prinzip der Anpassung selbst zu sein. Bei der Suche nach außerirdischem Leben dürfen wir also nicht nur nach unserem Spiegelbild suchen!


Kommen wir nun zu einer höheren Ebene der Betrachtung. Was bedeutet das alles für die Natur von "Regeln" in der Biologie und für uns Menschen?


Die Natur der „Lebensregeln“: Gesetze, Prinzipien oder bloße Beschreibungen?


Gibt es in der Biologie überhaupt Gesetze im strengen physikalischen Sinne – universell, ausnahmslos? Viele biologische "Gesetze" (Mendelsche Regeln, Bergmann-Regel) sind eher ceteris paribus-Gesetze: Sie gelten nur "unter sonst gleichen Bedingungen" und haben Ausnahmen. Sie scheinen eher statistische Regelmäßigkeiten oder historische Zufälle zu sein.


Die Idee einer "Lebensregel" birgt auch die Gefahr der Teleologie – der Vorstellung einer zielgerichteten Absicht. Die moderne Biologie lehnt eine kosmische Teleologie ab. Evolution hat kein Ziel. Stattdessen sprechen wir von Teleonomie: Die scheinbare Zweckmäßigkeit (ein Herz ist zum Pumpen da) ist ein Ergebnis der nicht-zielgerichteten natürlichen Selektion. Biologie ist eine historische Wissenschaft. Die "Regeln" sind eher a posteriori Beschreibungen des einzigartigen Weges, den das Leben auf der Erde genommen hat. Die fundamentalste "Regel" ist der evolutionäre Algorithmus selbst, aber sein Ergebnis ist eine einzigartige Geschichte.


Ethische Reflexionen: Die menschliche Dimension einer universellen Regel


Welche Implikationen hätte eine universelle Lebensregel für uns Menschen? Hier müssen wir vorsichtig sein vor dem naturalistischen Fehlschluss: Man kann nicht von dem, was in der Natur ist, direkt ableiten, was in der Gesellschaft sein sollte. Nur weil es einen "Kampf ums Dasein" gibt, ist Sozialdarwinismus nicht moralisch gerechtfertigt.


Der Mensch zeichnet sich durch die Fähigkeit zur ethischen Reflexion aus. Wir können unsere biologischen Impulse hinterfragen und überwinden. Denk an Kants Kategorischen Imperativ (handle so, dass deine Maxime ein allgemeines Gesetz werden könnte), den Utilitarismus (größtmögliches Glück für die größtmögliche Zahl) oder die universellen Menschenrechte. Diese Konzepte basieren nicht auf biologischem Vorteil, sondern auf Vernunft, Empathie und dem postulierten Wert jedes Individuums.


Wir sind die einzige uns bekannte Lebensform, die die "Regeln" ihrer Existenz analysieren und sich bewusst für andere entscheiden kann. Die ultimative menschliche "Lebensregel" ist vielleicht die Fähigkeit, unsere eigenen Regeln zu wählen. Das ist eine anspruchsvolle, aber auch optimistische Sicht.


Das Leben als komplexes, selbstorganisierendes System ohne einfache Gebrauchsanweisung


Unsere Reise zur universellen "Lebensregel" hat uns gezeigt: Eine einzelne, simple Vorschrift für alles Leben gibt es wohl nicht. Das Leben operiert nicht nach einer Gebrauchsanweisung, sondern entfaltet sich in einem komplexen, hierarchischen Rahmen von Prinzipien – von der Physik bis zur Ethik.


Wir sehen eine Hierarchie:


  1. Gesetze der Physik (Thermodynamik): Absolut universell. Die Regel: Zahle den Entropie-Preis für deine Ordnung.

  2. Algorithmus der Evolution: Kreativ, aber nicht zielgerichtet. Die Regel: Passe dich an oder stirb aus.

  3. Emergente biologische Prinzipien: Auf höheren Ebenen können neue Prinzipien die einfacheren Regeln außer Kraft setzen (Altruismus, Apoptose).


Also, gibt es die eine Lebensregel? Nein. Die wahre "Regel" des Lebens ist seine unglaubliche Fähigkeit, Komplexität zu erzeugen, sich anzupassen und sogar seine eigenen neuen Regeln zu schaffen – vom Gen zur Zelle, vom Organismus zum Ökosystem, und beim Menschen bis in Kultur und Ethik. Das Genie des Lebens liegt nicht darin, einem Handbuch zu folgen, sondern seine eigene Geschichte zu schreiben und immer wieder neu zu erfinden. Die Suche nach der Regel des Lebens enthüllt nicht eine Antwort, sondern die unendliche Kreativität des Lebens selbst.


Was für eine Entdeckungsreise! Ich hoffe, sie hat dich genauso fasziniert und zum Nachdenken angeregt wie mich.


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Verwendete Quellen:


  1. Was ist Leben? - Synthetische Biologie - Max-Planck-Gesellschaft - https://www.synthetische-biologie.mpg.de/17480/was-ist-leben

  2. Was ist Leben? - YouTube - https://www.youtube.com/watch?v=bLRMNLbEFXA

  3. Was ist Leben? (Artikel) | Khan Akademy - https://de.khanacademy.org/science/biology/intro-to-biology/what-is-biology/a/what-is-life

  4. Kennzeichen des Lebens • einfach erklärt, Liste & Beispiele - Studyflix - https://studyflix.de/biologie/kennzeichen-des-lebens-3406

  5. Leben - Lexikon der Biologie - Spektrum der Wissenschaft - https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/leben/38516

  6. Viren, Viroide und Prionen – eine Übersicht in | Schülerlexikon ... - https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/biologie-abitur/artikel/viren-viroide-und-prionen-eine-uebersicht

  7. Viren, Viroide und Prionen in | Schülerlexikon - Lernhelfer.de - https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/biologie-abitur/artikel/viren-viroide-und-prionen

  8. Was ist Leben? - Spektrum der Wissenschaft - https://www.spektrum.de/pdf/sdw-07-10-s066-pdf/905108?file

  9. Philosophie der Biologie - Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Philosophie_der_Biologie

  10. Energetische Verhältnisse in biologischen Systemen in | Schülerlexikon - Lernhelfer.de - https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/biologie-abitur/artikel/energetische-verhaeltnisse-biologischen-systemen

  11. Energieumwandlung - Stoffwechsel - Abitur-Vorbereitung - abiweb.de - https://www.abiweb.de/biologie-stoffwechsel/grundlagen-des-stoffwechsels/energieumwandlung.html

  12. Leben - DocCheck Flexikon - https://flexikon.doccheck.com/de/Leben

  13. Organismen leben von freier Energie in | Schülerlexikon - Lernhelfer.de - https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/biologie-abitur/artikel/organismen-leben-von-freier-energie

  14. Entropie – eine Einführung | sofatutor.com - https://www.sofatutor.com/chemie/videos/entropie-eine-einfuehrung

  15. Was ist Leben und wie ist es entstanden? - ETH Zürich - https://ethz.ch/content/dam/ethz/special-interest/biol/cal-dam/supported-courses/impressions/fundI/Fundamentals%20in%20Biology%201_1_Entstehung_des_Lebens.pdf

  16. Hauptsätze der Thermodynamik: Grundlagen & Erklärung - StudySmarter - https://www.studysmarter.de/schule/physik/waermelehre/hauptsaetze-der-thermodynamik/

  17. Darwinismus- Evolutionstheorie nach Darwin einfach erklärt - simpleclub - https://simpleclub.com/lessons/biologie-evolution-nach-darwin

  18. Selektion: Definition, Typen & Evolution | StudySmarter - https://www.studysmarter.de/schule/biologie/evolution/selektion/

  19. Natürliche Selektion – Selektionsfaktoren und Selektionstypen | sofatutor.com - https://www.sofatutor.com/biologie/videos/natuerliche-selektion-selektionsfaktoren-und-selektionstypen

  20. Soziobiologie in | Schülerlexikon - Lernhelfer.de - https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/biologie-abitur/artikel/soziobiologie

  21. Teleologie in der Evolution? - MASTERARBEIT / MASTER'S THESIS - Universität Wien - https://phaidra.univie.ac.at/open/o:1658920

  22. Vorstellungen von Studierenden über Gesetze, Theorien und Modelle in der Biologie - Freie Universität Berlin - https://www.bcp.fu-berlin.de/biologie/arbeitsgruppen/didaktik/forschung/Erkenntnisweg/2014/Reinisch_B-Krueger_D.pdf

  23. Altruismus im Tierreich - Warum Tiere kooperieren – und was das über uns Menschen aussagt - SRF - https://www.srf.ch/wissen/natur-tiere/altruismus-im-tierreich-warum-tiere-kooperieren-und-was-das-ueber-uns-menschen-aussagt

  24. Altruismus: Definition, Beispiel & Formen | StudySmarter - https://www.studysmarter.de/schule/biologie/verhaltensbiologie/altruismus/

  25. Apoptose – genetisch programmierter Zelltod inkl. Übungen - Sofatutor - https://www.sofatutor.com/biologie/videos/apoptose-genetisch-programmierter-zelltod

  26. Apoptose: die Selbstvernichtung der Zelle als Überlebensschutz - Uniklinik Düsseldorf - https://www.uniklinik-duesseldorf.de/fileadmin/Fuer-Patienten-und-Besucher/Kliniken-Zentren-Institute/Institute/Zentralinstitut_fuer_Klinische_Chemie_und_Laboratoriumsdiagnostik/Lehre/Wahlpflichtk/Geronto/Literatur/WPK_Geronto_Apoptose_L.pdf

  27. Extremophile - Wikipedia - https://en.wikipedia.org/wiki/Extremophile

  28. Extremophile Bakterien - Gesundheitsindustrie BW - https://www.gesundheitsindustrie-bw.de/fachbeitrag/dossier/extremophile-bakterien/sendPdf/553602

  29. Kohlenstoffchauvinismus - Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Kohlenstoffchauvinismus

  30. Wie wird Moral begründet - Fachverband Ethik - https://www.fachverband-ethik.de/fileadmin/user_upload/Baden-Wu%CC%88rttemberg/dateien/unterrichtsmaterialien/1.Reader-Moralbegruendung.doc

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