Die Geister der See – Wie verlassenes Fischereigerät zur tödlichen Falle wird 👻
Wissenschaft und Technik
Meeresforschung und Ozeanografie
13. September 2024 um 04:14:04
geschrieben von Benjamin Metzig
Stell dir vor, du tauchst in die Tiefen des Ozeans. Kristallklares Wasser, Sonnenstrahlen brechen durch die Oberfläche, bunte Fischschwärme ziehen vorüber. Doch plötzlich bemerkst du etwas Unheimliches – ein riesiges Netz, das schwerelos im Wasser treibt, halb zerrissen, halb unsichtbar. Ein „Geisternetz“. Für dich als Mensch harmlos, aber für die Meeresbewohner wird es zur tödlichen Falle. Die „Geister der See“, wie diese Netze oft genannt werden, sind ein globales Problem, das Millionen von Tieren das Leben kostet. Aber was genau steckt hinter diesen unsichtbaren Jägern?
1️⃣ Was sind Geisternetze und warum sind sie gefährlich?
Geisternetze sind verloren gegangene oder absichtlich zurückgelassene Fischereinetze, die weiter im Meer treiben. Sie stammen aus kommerziellen Fischereien, aber auch von Hobbyfischern. Diese Netze sind oft aus langlebigem Kunststoff gefertigt und können Jahrzehnte, wenn nicht sogar Jahrhunderte, im Wasser verbleiben. Ihre Tarnung im Wasser ist perfekt: Die Tiere erkennen sie nicht als Gefahr, bis es zu spät ist.
➡️ Warum sind sie so gefährlich?
Verwicklung und Erstickung: Fische, Meeresschildkröten, Delfine und andere Tiere verfangen sich in den Maschen der Netze und können sich nicht mehr befreien. Viele ersticken qualvoll oder verhungern.
Beschädigung von Ökosystemen: Geisternetze treiben nicht nur umher, sie legen sich auch über Korallenriffe und zerstören empfindliche Ökosysteme.
Mikroplastik: Im Laufe der Zeit zerfallen die Kunststofffasern der Netze in winzige Partikel, die als Mikroplastik in die Nahrungskette gelangen und schließlich auch uns Menschen erreichen.
2️⃣ Wie groß ist das Problem?
Wissenschaftler schätzen, dass jedes Jahr rund 640.000 Tonnen an Fischereigeräten in den Ozeanen verloren gehen. Das sind etwa 10 % des gesamten Plastikmülls im Meer! Geisternetze sind in jeder Ecke der Weltmeere zu finden, doch einige Gebiete sind besonders betroffen:
Nordsee: In europäischen Gewässern, wie der Nordsee, finden sich große Mengen an Geisternetzen. Diese dicht befahrenen Fischgründe machen es besonders schwer, Netze zu bergen.
Mittelmeer: Auch im Mittelmeer gibt es Hotspots, an denen Geisternetze besonders häufig vorkommen. Hier sind vor allem Schildkröten und Delfine gefährdet.
Pazifischer Müllstrudel: Ein beängstigender Teil des weltweiten Plastikmülls sammelt sich in riesigen Wirbeln, wie dem Pazifischen Müllstrudel. Auch hier sind Geisternetze Teil des Problems.
Es sind nicht nur die großen Meerestiere, die betroffen sind. Auch kleinere Arten, wie Krebse oder Fische, verfangen sich in den Netzen und sterben. Zudem stellen Geisternetze eine Gefahr für Schiffe dar, da sie sich in Propellern und Rudern verfangen können.
3️⃣ Wissenschaft im Einsatz: Die Jagd auf die Geisternetze
Wie kann man Geisternetze überhaupt aufspüren, wenn sie über weite Flächen des Ozeans treiben? Hier kommt die Wissenschaft ins Spiel. Forscher und Umweltschutzorganisationen arbeiten daran, die Geister der See zu bergen und das Meer wieder sicherer zu machen.
➡️ Technologien zur Bergung von Geisternetzen:
Sonar und Drohnen: Mit Sonar-Technologie und Unterwasserdrohnen können große Netzansammlungen entdeckt werden. Diese Technologien helfen dabei, Geisternetze auch in tieferen Gewässern zu lokalisieren, wo Taucher nicht hinkommen.
Unterwasserroboter: In einigen Fällen werden spezialisierte Roboter eingesetzt, um die Netze zu zerschneiden und zu bergen. Das ist besonders nützlich, wenn die Netze über Korallen oder in empfindlichen Ökosystemen festsitzen.
Ein beeindruckendes Beispiel ist das Projekt "Ghost Fishing", bei dem freiwillige Taucher weltweit Geisternetze aus den Ozeanen bergen. Sie arbeiten eng mit Fischereien, Forschern und Umweltorganisationen zusammen, um das Meer Stück für Stück von diesen tödlichen Fallen zu befreien.
4️⃣ Was können wir tun?
Die Lösung des Problems liegt nicht nur in der Hand der Wissenschaft. Auch wir als Verbraucher können dazu beitragen, die Geister der See zu vertreiben. Hier einige Ansätze, die auf verschiedenen Ebenen zur Verbesserung beitragen können:
➡️ Für die Fischerei:
Nachhaltigere Fischereimethoden: Es gibt bereits Initiativen, die sich für die Rückverfolgbarkeit von Fischereigeräten einsetzen. Einige Fischereien verwenden Netze mit eingebauten RFID-Chips, die nachverfolgt werden können, falls sie verloren gehen.
Recycling von Netzen: Alte oder beschädigte Netze können recycelt und zu neuen Produkten verarbeitet werden. So gibt es bereits Unternehmen, die aus recycelten Fischernetzen beispielsweise Sonnenbrillen oder Skateboards herstellen.
➡️ Für Regierungen und Organisationen:
Politische Maßnahmen: Einige Länder haben bereits strengere Gesetze zur Bekämpfung von Geisternetzen erlassen. Die Europäische Union hat Maßnahmen eingeführt, um die Rückverfolgbarkeit von Fischereigeräten zu verbessern und den Verlust zu minimieren.
Internationale Abkommen: Auf globaler Ebene arbeiten Organisationen wie die Vereinten Nationen an Richtlinien, um das Problem der Geisternetze zu bekämpfen. Es gibt auch Programme, die finanzielle Anreize für Fischereien bieten, verlorene Netze zurückzubringen.
➡️ Für uns als Konsumenten:
Bewusster Fischkonsum: Achte darauf, Fischprodukte aus nachhaltiger Fischerei zu kaufen. Zertifikate wie das MSC-Siegel (Marine Stewardship Council) garantieren, dass die Fischerei umweltfreundliche Methoden anwendet.
Meeresmüll sammeln: Wenn du am Strand oder auf dem Meer unterwegs bist, kannst du selbst aktiv werden. Jedes Stück Plastik oder Müll, das du aufhebst, verhindert, dass es ins Meer gelangt und Schaden anrichtet.
5️⃣ Eine Vision für die Zukunft
Trotz des ernsten Themas gibt es Hoffnung. Immer mehr Menschen und Organisationen setzen sich für die Bergung von Geisternetzen ein. Neue Technologien, politische Maßnahmen und das Engagement vieler Freiwilliger zeigen, dass das Problem lösbar ist. Jeder von uns kann seinen Beitrag leisten, indem wir uns bewusst machen, welche Auswirkungen unser Verhalten auf die Meere hat.
Die Geister der See müssen nicht ewig umherziehen. Mit vereinten Kräften und dem Willen zur Veränderung können wir die Ozeane von diesen tödlichen Fallen befreien und den Meeresbewohnern wieder den Raum geben, den sie zum Überleben brauchen.
🌊 Schlusswort: Die Geisternetze sind ein Sinnbild für die unsichtbaren Gefahren, die der Mensch der Natur aufbürdet. Doch genauso wie wir dieses Problem verursacht haben, können wir es auch lösen – durch Wissenschaft, Technologie und unser eigenes Engagement.
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