Ein Doppelsternsystem, oft auch als Binärsternsystem bezeichnet, ist ein System aus zwei Sternen, die gravitativ aneinander gebunden sind und sich um einen gemeinsamen Massenmittelpunkt bewegen. Diese stellaren Paare sind im Universum weit verbreitet und stellen keine Seltenheit dar; tatsächlich wird geschätzt, dass ein Großteil aller Sterne in Mehrfachsystemen existiert, wobei Doppelsterne die häufigste Form sind. Die Komponenten eines Doppelsternsystems können sehr unterschiedliche Massen, Radien und Entwicklungsstadien aufweisen, von zwei jungen Hauptreihensternen bis hin zu einem Neutronenstern, der einen roten Riesen umkreist.
Die Klassifikation von Doppelsternsystemen erfolgt primär nach der Methode, mit der sie beobachtet werden können. Visuelle Doppelsterne sind solche, deren Komponenten mit einem Teleskop direkt voneinander getrennt und als zwei individuelle Lichtpunkte wahrgenommen werden können. Ihre Umlaufzeiten können von wenigen Jahren bis zu mehreren tausend Jahren reichen. Spektroskopische Doppelsterne hingegen sind zu eng beieinander, um visuell getrennt zu werden; ihre binäre Natur wird durch die periodische Verschiebung ihrer Spektrallinien entdeckt, die durch den Doppler-Effekt infolge ihrer Orbitalbewegung verursacht wird. Wenn die Bahnebene eines Doppelsternsystems so orientiert ist, dass eine Komponente die andere periodisch bedeckt, spricht man von Bedeckungsveränderlichen oder Bedeckungsdoppelsternen. Diese zeigen charakteristische Helligkeitsschwankungen, die wertvolle Informationen über die Sternparameter liefern.
Weitere Kategorien umfassen astrometrische Doppelsterne, bei denen die Anwesenheit eines unsichtbaren Begleiters durch das periodische Wackeln des sichtbaren Sterns am Himmel nachgewiesen wird, und Röntgen-Doppelsterne, die starke Röntgenstrahlung emittieren, oft wenn Materie von einem normalen Stern auf einen kompakten Begleiter wie einen Weißen Zwerg, Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch überströmt. Die Beobachtung und Analyse dieser verschiedenen Typen erfordert unterschiedliche astronomische Techniken und Instrumente, von optischen Teleskopen über Spektrographen bis hin zu Röntgenteleskopen.
Die Entstehung von Doppelsternsystemen ist ein komplexes Forschungsfeld. Eine Haupttheorie besagt, dass sie sich gleichzeitig aus einer einzigen, rotierenden Gas- und Staubwolke bilden, die während ihres Kollapses in zwei oder mehr Fragmente zerfällt. Jedes Fragment kontrahiert dann zu einem Stern, und die anfängliche Drehimpulsverteilung der Wolke führt dazu, dass die Sterne in einem gebundenen System umeinander kreisen. Eine andere Möglichkeit ist die gravitative Einfangung eines vorbeiziehenden Sterns durch einen bereits vorhandenen Stern, obwohl dies unter den Bedingungen der stellaren Dichte im galaktischen Feld seltener ist und spezifische Bedingungen erfordert, um stabil zu sein.
Die Entwicklung von Doppelsternsystemen unterscheidet sich signifikant von der von Einzelsternen, insbesondere wenn die Sterne nahe genug beieinander sind, um Materie auszutauschen. Wenn einer der Sterne sein Roche-Grenzvolumen überschreitet – die Region um den Stern, in der seine eigene Gravitation Materie bindet –, kann Materie auf den Begleiter überströmen. Dieser Massentransfer kann dramatische Auswirkungen haben, die Lebenswege der Sterne verändern, zu Akkretionsscheiben führen, Röntgenausbrüche verursachen oder sogar Supernovae auslösen, insbesondere bei Systemen, die Weiße Zwerge involvieren (Typ-Ia-Supernovae). Solche Phasen werden oft als "Common Envelope"-Phasen bezeichnet, in denen beide Sterne in eine gemeinsame Hülle aus Gas eingebettet sind.
Doppelsternsysteme sind von immenser Bedeutung für die Astrophysik. Sie ermöglichen die direkte Bestimmung von Sternmassen, einer der fundamentalsten Eigenschaften eines Sterns, die bei Einzelsternen nur indirekt abgeleitet werden kann. Durch die Anwendung der Keplerschen Gesetze auf die beobachteten Orbitalparameter können die Massen der Komponenten eines Doppelsterns mit hoher Präzision berechnet werden. Diese Massen wiederum sind entscheidend für das Verständnis der Sternentwicklung, der Lebenszyklen von Sternen und der Struktur und Zusammensetzung des Universums.
Des Weiteren dienen Doppelsterne als natürliche Laboratorien zur Untersuchung von Phänomenen wie Massentransfer, Sternrotation, Gezeitenwechselwirkungen und der Entstehung kompakter Objekte wie Neutronensternen und Schwarzen Löchern. Viele der ersten entdeckten Schwarzen Löcher und Neutronensterne wurden in Doppelsternsystemen gefunden, da ihre Anwesenheit durch die Wechselwirkung mit einem sichtbaren Begleiter verraten wird. Prominente Beispiele sind Sirius, ein visuelles Doppelsternsystem bestehend aus einem hellen Hauptreihenstern und einem Weißen Zwerg, und Algol, ein bekannter Bedeckungsveränderlicher. Das Studium von Doppelsternsystemen liefert somit unverzichtbare Einblicke in die physikalischen Prozesse, die das Universum formen.