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Hyperalgesie

Medizin & Schmerzforschung

Eine stilisierte Illustration zeigt einen menschlichen Zeigefinger, der sanft von einer hellen Feder berührt wird. Während die Berührung zart wirkt, lodern unter der Haut des Fingers rotglühende, blitzartige Nervenbahnen auf – ein Symbol für übersteigerte Schmerzreaktion. Der Hintergrund ist warm und texturiert in orange-roten Tönen, was das Gefühl von Hitze und Reizung verstärkt. Die Szene visualisiert eindrucksvoll das Prinzip der Hyperalgesie.

Aua bei der kleinsten Berührung? Wenn das Pflasterabziehen schlimmer ist als die eigentliche Wunde? Oder wenn der Sonnenbrand so empfindlich ist, dass selbst das T-Shirt zur Folter wird? Willkommen in der Welt der Hyperalgesie – ein Zustand, bei dem Schmerz stärker empfunden wird als normalerweise zu erwarten wäre.


Aber fangen wir vorne an:


„Algesie“ ist der medizinische Begriff für Schmerzempfindung. Und „Hyper-“ bedeutet wie immer: zu viel des Guten. Bei Hyperalgesie ist also nicht der Schmerz selbst das Problem – sondern die übertriebene Reaktion des Nervensystems darauf. Die Schmerzen sind „echt“, aber die Verstärkung kommt aus dem Inneren: aus einem Nervensystem, das aus der Balance geraten ist.


Es gibt zwei Hauptformen:

  1. Primäre Hyperalgesie – direkt am Ort der Verletzung. Die Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) dort sind sensibilisiert. Das ist biologisch sinnvoll: Du sollst die verletzte Stelle schonen.

  2. Sekundäre Hyperalgesie – im umliegenden, unverletzten Gewebe. Hier geht’s um die Verschaltung im Rückenmark und Gehirn: Das zentrale Nervensystem übertreibt.


Der eigentliche Knackpunkt: Hyperalgesie ist nicht einfach Schmerz – sie ist verstärkter Schmerz. Und das kann in der Medizin ganz schön knifflig werden. Besonders bei chronischen Schmerzen, Fibromyalgie oder nach Operationen beobachten Ärzt:innen oft: 


Der Patient hat mehr Schmerzen als zu erklären wäre. Warum? 


Weil das Nervensystem "lernt", Schmerz übermäßig zu verstärken.

Noch paradoxer: Auch langfristiger Schmerzmittelgebrauch, vor allem Opioide, kann zu einer sogenannten opioidinduzierten Hyperalgesie führen. Sprich: Ausgerechnet Medikamente, die Schmerzen lindern sollen, können langfristig das Schmerzempfinden steigern. Autsch – im wahrsten Sinne des Wortes.


Was passiert da neurologisch? Die Nervenbahnen werden empfindlicher, Botenstoffe wie Glutamat feuern verstärkt, hemmende Systeme versagen – das Gleichgewicht im „Schmerznetzwerk“ kippt. Man spricht auch von einer „zentralen Sensibilisierung“.


Fazit: Hyperalgesie zeigt, wie schmal der Grat zwischen Schutz und Leid sein kann. Schmerz ist nicht nur ein Signal – sondern auch eine Interpretation. Und wenn die Biochemie übertreibt, kann aus einer harmlosen Berührung eine Qual werden. Das macht Hyperalgesie zu einem zentralen Thema in Schmerzforschung und moderner Medizin.

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