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Curie-Temperatur

Physik

Die Curie-Temperatur, benannt nach dem französischen Physiker Pierre Curie, ist eine fundamentale Materialkonstante, die den kritischen Punkt markiert, an dem ferromagnetische Materialien ihren permanenten Magnetismus verlieren und in einen paramagnetischen Zustand übergehen. Unterhalb dieser Temperatur, oft als Tc bezeichnet, zeigen Materialien wie Eisen, Nickel oder Kobalt eine spontane Magnetisierung, was bedeutet, dass sie auch ohne äußeres Magnetfeld magnetisch sind. Dies ist auf die kooperative Ausrichtung der elementaren magnetischen Momente der Atome zurückzuführen, die durch eine starke quantenmechanische Austauschwechselwirkung vermittelt wird. Diese Wechselwirkung sorgt dafür, dass benachbarte magnetische Momente parallel zueinander ausgerichtet sind und so Domänen bilden, in denen eine einheitliche Magnetisierung herrscht.


Steigt die Temperatur eines ferromagnetischen Materials an, nimmt die thermische Energie der Atome zu. Diese erhöhte thermische Energie wirkt der ordnenden Kraft der Austauschwechselwirkung entgegen. Ab einer bestimmten Temperatur, der Curie-Temperatur, ist die thermische Energie groß genug, um die Austauschwechselwirkung vollständig zu überwinden. Die zuvor parallel ausgerichteten magnetischen Momente werden zufällig orientiert, und die spontane Magnetisierung verschwindet abrupt. Das Material verhält sich nun paramagnetisch, was bedeutet, dass es nur noch in Anwesenheit eines externen Magnetfeldes eine schwache Magnetisierung zeigt, die mit dem Feld verschwindet, sobald dieses entfernt wird. Dieser Übergang ist ein Beispiel für einen Phasenübergang zweiter Ordnung, bei dem sich die erste Ableitung der freien Energie (z.B. die spezifische Wärme) unstetig verhält, während die freie Energie selbst stetig bleibt.


Der Verlauf der spontanen Magnetisierung in Abhängigkeit von der Temperatur ist charakteristisch: Sie ist bei absoluten Nullpunkt am größten und nimmt mit steigender Temperatur kontinuierlich ab, bis sie bei der Curie-Temperatur auf Null fällt. Oberhalb der Curie-Temperatur gehorcht die magnetische Suszeptibilität vieler Materialien dem Curie-Weiss-Gesetz, das besagt, dass die Suszeptibilität umgekehrt proportional zur Differenz zwischen der tatsächlichen Temperatur und der Curie-Temperatur ist. Dieses Gesetz beschreibt das Verhalten von Paramagneten, die aus ferromagnetischen Materialien oberhalb von Tc entstehen, und bietet einen Einblick in die zugrunde liegenden Wechselwirkungen. Die genaue Curie-Temperatur ist materialabhängig und kann bei verschiedenen ferromagnetischen Legierungen stark variieren, was ihre spezifischen Anwendungen bestimmt.


Analog zur Curie-Temperatur bei Ferromagneten existiert bei ferroelektrischen Materialien ein ähnlicher kritischer Punkt, der oft ebenfalls als Curie-Temperatur oder Curie-Punkt bezeichnet wird. Ferroelektrika sind Materialien, die eine spontane elektrische Polarisation aufweisen, die durch ein äußeres elektrisches Feld umgepolt werden kann. Oberhalb ihrer Curie-Temperatur verlieren auch diese Materialien ihre spontane Polarisation und gehen in einen paraelektrischen Zustand über. In diesem paraelektrischen Zustand sind die elektrischen Dipole zufällig orientiert, und das Material zeigt nur noch eine feldinduzierte Polarisation. Beispiele hierfür sind Bariumtitanat oder Rochelle-Salz, die aufgrund dieses Verhaltens in Kondensatoren, Sensoren und Aktuatoren eingesetzt werden.


Die praktische Bedeutung der Curie-Temperatur ist vielfältig. Sie spielt eine entscheidende Rolle in der Entwicklung und Anwendung von Magneten und magnetischen Speichermedien. Bei der magneto-optischen Datenspeicherung, wie sie beispielsweise bei MiniDiscs zum Einsatz kam, wird die Curie-Temperatur genutzt: Ein Laser erhitzt einen kleinen Bereich des Speichermediums über seine Curie-Temperatur, wodurch es seinen Magnetismus verliert und extern magnetisiert werden kann. Beim Abkühlen unter Tc wird die neue Magnetisierungsrichtung fixiert. Auch in der Industrie findet die Curie-Temperatur Anwendung, etwa beim Induktionshärten, wo Werkstücke gezielt über ihre Curie-Temperatur erhitzt werden, um dann durch Abschrecken eine gewünschte Härte zu erzielen. In der Medizintechnik wird sie bei der Hyperthermie-Behandlung von Tumoren erforscht, indem magnetische Nanopartikel in den Tumor eingebracht und mittels Wechselfeld über ihre spezifische Curie-Temperatur erhitzt werden, um Krebszellen selektiv abzutöten.

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