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Dadaismus

Kunst und Literatur

Dadaismus war eine internationale künstlerische und literarische Bewegung, die sich während des Ersten Weltkriegs, hauptsächlich zwischen 1916 und 1922, entwickelte. Entstanden aus dem Gefühl der Absurdität und Sinnlosigkeit angesichts des Massensterbens und der Zerstörung des Krieges, war Dada ein radikaler Protest gegen die bürgerliche Kultur, die traditionelle Kunst, die Logik und die Vernunft, die sie als Ursachen für die Katastrophe ansahen. Die Bewegung begann offiziell im Cabaret Voltaire in Zürich, einem neutralen Hafen für Künstler, Schriftsteller und Intellektuelle, die vor dem Krieg geflohen waren. Gründerfiguren wie Hugo Ball, Emmy Hennings, Tristan Tzara, Jean Arp, Marcel Janco und Richard Huelsenbeck suchten nach neuen Ausdrucksformen, die die Konventionen sprengten und die Welt schockieren sollten.


Der Dadaismus zeichnete sich durch seine fundamentale Ablehnung etablierter Werte und Ästhetiken aus. Er lehnte die Idee der Kunst als Ausdruck von Schönheit oder Harmonie ab und bevorzugte stattdessen das Hässliche, das Banale, das Zufällige und das Provokante. Dadaisten nutzten Nonsens, Ironie, Satire und den bewussten Bruch mit der Form, um ihre Botschaft zu vermitteln. Sie experimentierten mit neuen Medien und Techniken wie Collagen, Fotomontagen, Readymades (Alltagsgegenstände, die zu Kunst erklärt wurden), Lautgedichten und simultanen Rezitationen. Ziel war es, die Betrachter und Zuhörer zu irritieren, zum Nachdenken anzuregen und die Grenzen zwischen Kunst und Leben aufzuheben.


Obwohl Zürich als Geburtsort gilt, verbreitete sich Dada schnell in andere europäische Städte und darüber hinaus. In Berlin, angeführt von Raoul Hausmann, Hannah Höch, George Grosz und John Heartfield, nahm Dada eine stärker politisch-revolutionäre Ausrichtung an und nutzte Fotomontagen als scharfes Werkzeug der Gesellschaftskritik. In Köln arbeiteten Max Ernst und Johannes Theodor Baargeld an surrealistischen Collagen und Objekten. In Paris wurde Dada von Tristan Tzara vorangetrieben und beeinflusste später maßgeblich die Entstehung des Surrealismus. Auch in New York gab es eine unabhängige Dada-Szene um Marcel Duchamp, Man Ray und Francis Picabia, die bereits vor der Zürcher Gründung ähnliche Ideen der Anti-Kunst verfolgten, insbesondere durch Duchamps berühmte Readymades.


Die künstlerischen Techniken des Dadaismus waren vielfältig und revolutionär. Die Collage und Fotomontage, bei der Fragmente aus Zeitungen, Magazinen und Fotografien neu zusammengesetzt wurden, ermöglichte es, neue Bedeutungen zu schaffen und die Manipulation von Informationen zu kritisieren. Die Readymades von Marcel Duchamp, wie das berühmte „Fountain“ (ein Urinal), stellten die Frage nach dem Wesen der Kunst und der Rolle des Künstlers provokativ in den Raum. Lautgedichte, bei denen die Klangqualitäten der Wörter wichtiger waren als ihre semantische Bedeutung, brachen mit traditionellen Sprachkonventionen. Obwohl der Dadaismus als Bewegung nur wenige Jahre existierte und sich viele seiner Protagonisten später dem Surrealismus zuwandten, hatte er einen tiefgreifenden und nachhaltigen Einfluss auf die moderne Kunst, die Performance-Kunst, das Design und die Popkultur. Seine subversiven Strategien und seine Kritik an der Konsumgesellschaft sind bis heute relevant.


Gegen Mitte der 1920er Jahre löste sich der Dadaismus als kohärente Bewegung weitgehend auf. Viele seiner Mitglieder, darunter André Breton, Louis Aragon und Paul Éluard, schlossen sich dem aufkommenden Surrealismus an, der die dadaistischen Prinzipien des Zufalls und des Unbewussten aufgriff, aber in eine neue, psychologisch fundiertere Richtung lenkte. Dennoch bleibt Dada ein entscheidender Wendepunkt in der Kunstgeschichte. Es legte den Grundstein für zahlreiche spätere künstlerische Strömungen, darunter Fluxus, Konzeptkunst und Postmoderne, indem es die Grenzen der Kunst erweiterte, die Rolle des Künstlers neu definierte und die Betrachter aktiv in den Schaffensprozess einbezog. Die dadaistische Haltung, Konventionen zu hinterfragen und das Absurde zu umarmen, wirkt bis heute als Inspiration für Künstler, die sich kritisch mit ihrer Zeit auseinandersetzen.

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