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Glaziale

Geowissenschaften

Der Begriff "glazial" leitet sich vom lateinischen Wort "glacies" ab, was Eis bedeutet, und beschreibt Phänomene, Prozesse und Landschaftsformen, die durch die Wirkung von Gletschern oder Eisschilden entstanden sind oder mit Eiszeiten in Verbindung stehen. In der Geologie und Geomorphologie ist er von zentraler Bedeutung, um die prägende Kraft des Eises auf die Erdoberfläche zu verstehen. Glaziale Prozesse sind verantwortlich für einige der spektakulärsten und großflächigsten Landschaftsveränderungen, insbesondere während der quartären Eiszeiten, die weite Teile der nördlichen Hemisphäre bedeckten.


Ein Schlüsselkonzept in diesem Zusammenhang ist die "glaziale Serie", welche die typische Abfolge von Landschaftsformen beschreibt, die durch einen vorstoßenden und später abschmelzenden Kontinentalgletscher entstehen. Diese Serie beginnt oft mit einer Grundmoränenlandschaft, die durch die Ablagerung von Geschiebemergel unter dem Eis gebildet wird und eine sanftwellige Topographie aufweist. Daran schließen sich Endmoränen an, die am Eisrand als Wälle aus abgelagertem Material entstehen. Vor den Endmoränen erstrecken sich die Sander, flache Schwemmebenen, die durch Schmelzwasserströme des Gletschers aufgeschüttet wurden. Den Abschluss bilden oft Urstromtäler, breite, flache Talzüge, die als Abflusswege für das Schmelzwasser dienten und oft parallel zum Eisrand verliefen.


Glaziale Prozesse lassen sich grundsätzlich in zwei Hauptkategorien unterteilen: Erosion und Akkumulation. Die glaziale Erosion ist extrem leistungsfähig und formt charakteristische Merkmale wie Trogtäler (U-Täler), die durch die Schleifwirkung des Eises entstehen, oder Kare, kesselförmige Vertiefungen in Gebirgen, die oft von Gletschern ausgehöhlt wurden. Auch Fjorde sind das Ergebnis tiefgreifender glazialer Erosion, bei der ehemalige Flusstäler durch Gletscher vertieft und nach dem Rückzug des Eises vom Meer überflutet wurden. Die Erosion erfolgt hauptsächlich durch Detraktion (Herausbrechen von Gestein) und Exaration (Abschleifen und Abschürfen von Gestein durch im Eis mitgeführtes Material).


Die glaziale Akkumulation bezieht sich auf die Ablagerung von Gletschermaterial, dem sogenannten Till oder Geschiebemergel. Neben den bereits erwähnten Moränenformen (Grund-, End-, Seiten-, Mittelmoränen) entstehen durch Akkumulation auch Drumlins, stromlinienförmige Hügel aus Geschiebemergel, die die Fließrichtung des Eises anzeigen, sowie Oser, langgestreckte, schmale Sand- und Kiesrücken, die in Gletscherspalten oder -tunneln durch Schmelzwasser abgelagert wurden. Kames sind unregelmäßig geformte Hügel aus Sand und Kies, die in Hohlräumen auf oder im Gletscher abgelagert wurden und beim Abschmelzen des Eises zum Vorschein kamen.


Die Auswirkungen glazialer Perioden, der Eiszeiten, sind global. Sie führten zu massiven Meeresspiegelschwankungen, Verlagerungen von Klimazonen und tiefgreifenden Veränderungen der Flora und Fauna. Die letzte große Eiszeit, die Weichsel-Kaltzeit in Europa, endete vor etwa 10.000 Jahren und hinterließ eine Landschaft, die bis heute von ihren Prozessen geprägt ist, von den Seenplatten Norddeutschlands bis zu den alpinen Hochgebirgen. Das Verständnis glazialer Phänomene ist somit nicht nur für die Rekonstruktion vergangener Umweltbedingungen, sondern auch für die Bewertung heutiger Landschaften und ihrer Ressourcen von großer Bedeutung.

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