Die Koerzitivfeldstärke, oft auch als Koerzitivität bezeichnet, ist eine fundamentale Eigenschaft von ferromagnetischen und ferrimagnetischen Materialien. Sie quantifiziert den Widerstand eines magnetisierten Materials gegen eine äußere Entmagnetisierung. Im Wesentlichen gibt sie die Stärke des entgegenwirkenden Magnetfeldes an, das erforderlich ist, um die magnetische Remanenz eines zuvor gesättigten Materials auf null zu reduzieren. Dieser Wert ist entscheidend für die Charakterisierung und Anwendung von magnetischen Werkstoffen, insbesondere im Bereich der Permanentmagnete und magnetischen Datenspeicher.
Physikalisch betrachtet ist die Koerzitivfeldstärke ein Schlüsselparameter, der aus der Hystereseschleife eines magnetischen Materials abgeleitet wird. Nachdem ein Material durch ein starkes äußeres Magnetfeld bis zur Sättigung magnetisiert wurde und dieses Feld anschließend entfernt wird, bleibt eine Restmagnetisierung, die sogenannte Remanenz, bestehen. Um diese Restmagnetisierung vollständig zu eliminieren oder gar umzukehren, muss ein Magnetfeld in entgegengesetzter Richtung angelegt werden. Die Stärke dieses entgegengesetzten Feldes, bei der die Netto-Magnetisierung oder die magnetische Flussdichte des Materials auf null sinkt, ist die Koerzitivfeldstärke. Man unterscheidet hierbei oft zwischen der intrinsischen Koerzitivfeldstärke (H_cJ), die sich auf die Magnetisierung M bezieht, und der normalen Koerzitivfeldstärke (H_cB), die sich auf die magnetische Flussdichte B bezieht. Für Permanentmagnete ist die intrinsische Koerzitivfeldstärke oft relevanter, da sie angibt, wie stabil die Magnetisierung des Materials selbst gegenüber Entmagnetisierung ist.
Die Höhe der Koerzitivfeldstärke wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst, darunter die chemische Zusammensetzung des Materials, seine Kristallstruktur, die Größe und Form der einzelnen magnetischen Domänen sowie die Anwesenheit von Defekten und Verunreinigungen. Kleinere Korngrößen und eine hohe Dichte an Korngrenzen können beispielsweise die Koerzitivfeldstärke erhöhen, da sie die Bewegung der Domänenwände behindern, die für die Entmagnetisierung verantwortlich sind. Auch die Anisotropie, also die bevorzugte Magnetisierungsrichtung in einem Material, spielt eine wesentliche Rolle. Materialien mit einer hohen magnetokristallinen Anisotropie, wie Neodym-Magnete, weisen typischerweise eine sehr hohe Koerzitivfeldstärke auf.
Die technologische Bedeutung der Koerzitivfeldstärke ist immens. Materialien mit einer hohen Koerzitivfeldstärke werden als hartmagnetische Materialien bezeichnet und sind die Grundlage für Permanentmagnete. Diese finden Anwendung in Elektromotoren, Generatoren, Lautsprechern, Sensoren und in der magnetischen Datenspeicherung (z.B. Festplatten, Magnetbänder), wo eine dauerhafte und stabile Magnetisierung erforderlich ist. Beispiele hierfür sind Neodym-Eisen-Bor (NdFeB), Samarium-Kobalt (SmCo) und Ferritmagnete. Im Gegensatz dazu sind weichmagnetische Materialien durch eine sehr geringe Koerzitivfeldstärke gekennzeichnet. Sie werden dort eingesetzt, wo eine schnelle und reversible Magnetisierung und Entmagnetisierung gewünscht ist, beispielsweise in Transformatoren, Induktivitäten und elektromagnetischen Schaltern. Siliziumstahl und Permalloy sind typische Vertreter weichmagnetischer Materialien.
Die Messung der Koerzitivfeldstärke erfolgt in der Regel mittels eines Hysteresegraphen oder eines Vibrating Sample Magnetometers (VSM), bei dem das Material einem variierenden Magnetfeld ausgesetzt wird und die resultierende Magnetisierung oder Flussdichte aufgezeichnet wird, um die vollständige Hystereseschleife zu erhalten. Die Einheit der Koerzitivfeldstärke ist Ampere pro Meter (A/m) im SI-System oder Oersted (Oe) im CGS-System. Die Umrechnung beträgt 1 A/m = 4π × 10⁻³ Oe ≈ 0,01257 Oe. Das Verständnis und die gezielte Einstellung der Koerzitivfeldstärke sind entscheidend für die Entwicklung neuer und verbesserter magnetischer Materialien für vielfältige technische Anwendungen.