Die Kryosphäre bezeichnet die Gesamtheit aller gefrorenen Wasseranteile auf der Erde. Sie umfasst eine Vielzahl von Komponenten, darunter Gletschereis, Eisschilde und Eiskappen, Meereis, Schnee, Permafrost (dauerhaft gefrorener Boden) sowie gefrorene Seen und Flüsse. Diese gefrorenen Regionen sind nicht statisch, sondern dynamische Bestandteile des globalen Klimasystems und spielen eine entscheidende Rolle im Wasserkreislauf, Energiehaushalt und bei der Regulierung des Meeresspiegels. Ihre Existenz und ihr Zustand sind eng mit den atmosphärischen Temperaturen, Niederschlagsmustern und ozeanischen Strömungen verknüpft.
Zu den wichtigsten Komponenten zählen die großen Eisschilde Grönlands und der Antarktis, die den Großteil des globalen Süßwassers in gefrorener Form speichern. Diese Eisschilde sind tausende von Metern dick und enthalten genug Wasser, um den globalen Meeresspiegel bei vollständigem Abschmelzen um Dutzende von Metern anzuheben. Gletscher, die in Gebirgsregionen weltweit vorkommen, sind ebenfalls wichtige Süßwasserreservoirs und reagieren sensibel auf Klimaveränderungen. Meereis, das sich aus gefrorenem Meerwasser bildet, bedeckt große Teile der Polarregionen, insbesondere im Arktischen Ozean und um die Antarktis. Es schwimmt auf dem Wasser und beeinflusst nicht direkt den Meeresspiegel, spielt aber eine zentrale Rolle für das Klima und die Ökosysteme. Permafrost, also dauerhaft gefrorener Boden, bedeckt etwa ein Viertel der Landfläche der Nordhalbkugel und speichert große Mengen organischer Kohlenstoffverbindungen.
Die Kryosphäre übt einen signifikanten Einfluss auf das globale Klima aus, primär durch den Albedo-Effekt. Eis und Schnee reflektieren einen Großteil der einfallenden Sonnenstrahlung zurück ins All, was zu einer Abkühlung der Erde beiträgt. Wenn diese Eisflächen schmelzen, wird die dunklere Oberfläche darunter (Meer oder Land) freigelegt, die mehr Sonnenenergie absorbiert, was wiederum die Erwärmung verstärkt – ein positiver Rückkopplungseffekt. Darüber hinaus ist die Kryosphäre ein zentrales Element des globalen Wasserkreislaufs. Das Schmelzen von Gletschern und Eisschilden führt zu einem Anstieg des Meeresspiegels und beeinflusst die Süßwasserversorgung von Millionen von Menschen, insbesondere in Regionen, die von Gletscherschmelzwasser abhängig sind. Die Freisetzung von Treibhausgasen aus tauendem Permafrost stellt eine weitere bedeutende Rückkopplung dar, da Methan und Kohlendioxid freigesetzt werden können, die zuvor im gefrorenen Boden gebunden waren.
Die Kryosphäre reagiert besonders empfindlich auf den anthropogenen Klimawandel. Wissenschaftler beobachten seit Jahrzehnten einen beschleunigten Rückzug der Gletscher, den rapiden Verlust von Meereis in der Arktis, das Auftauen von Permafrost und eine erhöhte Schmelzrate der großen Eisschilde. Diese Veränderungen haben weitreichende Konsequenzen für die Ökosysteme, die globale Zirkulation von Ozean und Atmosphäre sowie für menschliche Gesellschaften, die von den Ressourcen der Kryosphäre abhängen oder von ihren Veränderungen betroffen sind. Die Erforschung der Kryosphäre erfolgt mittels Satellitenbeobachtungen, Feldmessungen und Klimamodellen, um die aktuellen Veränderungen zu verstehen, zukünftige Entwicklungen vorherzusagen und die Rolle der Kryosphäre im Erdsystem genauer zu quantifizieren. Der Schutz der Kryosphäre ist daher ein zentrales Anliegen der Klimaforschung und des globalen Umweltschutzes.