Das Mesolithikum, oft auch als Mittelsteinzeit bezeichnet, stellt eine entscheidende Übergangsperiode in der Urgeschichte des Menschen dar. Es folgt auf das Paläolithikum (Altsteinzeit) und geht dem Neolithikum (Jungsteinzeit) voraus. Chronologisch wird das Mesolithikum in Europa typischerweise von etwa 9.600 v. Chr. bis ca. 4.500 v. Chr. datiert, wobei der Beginn mit dem Ende der letzten Kaltzeit (Weichsel-Kaltzeit) und dem Übergang zum Holozän zusammenfällt. Diese Epoche ist durch eine tiefgreifende Anpassung der menschlichen Gesellschaften an die sich wandelnden Umweltbedingungen nach dem Abschmelzen der Gletscher gekennzeichnet.
Mit dem Rückzug des Eises und dem Anstieg der globalen Temperaturen veränderte sich die Landschaft dramatisch. Die eiszeitliche Tundra wich dichten Wäldern aus Laubbäumen wie Eichen, Haseln und Linden. Die großen Herden der eiszeitlichen Megafauna, wie Mammuts und Wollnashörner, starben aus oder zogen sich in nördlichere Regionen zurück. An ihre Stelle traten neue Wildtierarten wie Rothirsche, Rehe, Wildschweine und Elche, die an die Waldumgebung angepasst waren. Auch die Gewässer boten durch den Anstieg des Meeresspiegels und die Bildung von Binnenseen und Flüssen neue ökologische Nischen.
Diese ökologischen Veränderungen zwangen die mesolithischen Jäger und Sammler zu einer Diversifizierung ihrer Subsistenzstrategien. Statt der Spezialisierung auf Großwildjagd entwickelten sie eine breitere Basis der Nahrungsgewinnung, die als „Broad-Spectrum Economy“ bekannt ist. Dies umfasste die Jagd auf kleinere, schnellere Waldbewohner, intensive Fischerei mit Netzen, Harpunen und Reusen, sowie das Sammeln einer Vielzahl von Pflanzen, Nüssen, Beeren und Muscheln. Saisonale Wanderungen, die sich an der Verfügbarkeit spezifischer Ressourcen orientierten, waren weiterhin üblich, doch zeigten sich auch Tendenzen zu einer stärkeren regionalen Bindung an besonders ressourcenreiche Gebiete.
Charakteristisch für die materielle Kultur des Mesolithikums sind die sogenannten Mikrolithen. Dies sind sehr kleine, geometrisch geformte Feuersteinartefakte, die als Spitzen, Widerhaken oder Schneiden in Kompositwerkzeuge wie Pfeile, Speere oder Harpunen eingesetzt wurden. Der Bogen und Pfeil erlangte in dieser Zeit eine große Bedeutung für die Jagd. Neben Steinwerkzeugen spielten auch Geräte aus Knochen, Geweih und Holz eine wichtige Rolle, darunter Äxte und Beile zur Waldrodung oder für den Bootsbau. In einigen Regionen finden sich auch frühe Formen der Töpferei, die jedoch noch nicht flächendeckend verbreitet war.
Die Siedlungsmuster im Mesolithikum waren flexibel und passten sich den lokalen Ressourcen an. Während einige Gruppen weiterhin nomadisch lebten, entstanden in besonders günstigen Umgebungen, wie an Flussmündungen, Seen oder Küsten, semi-sesshafte oder sogar ganzjährige Siedlungen. Diese waren oft durch Abfallhaufen (Muschelhaufen oder „Køkkenmøddinger“) gekennzeichnet, die Einblicke in die Ernährung und Lebensweise der Menschen geben. Die erhöhte Ressourcendichte in diesen Gebieten ermöglichte potenziell größere und stabilere soziale Gruppen.
Soziale Strukturen blieben wahrscheinlich eher egalitär, basierend auf kleineren Familiengruppen oder Clans, doch gibt es Hinweise auf komplexere Bestattungsriten und möglicherweise eine beginnende Territorialisierung. Die Kunst des Mesolithikums unterscheidet sich von der paläolithischen Höhlenkunst. Sie findet sich oft auf Felswänden im Freien (z.B. in Spanien oder Skandinavien) und zeigt schematischere Darstellungen von Menschen, Jagdszenen und Alltagssituationen, manchmal auch in Form von tragbaren Kunstobjekten oder verzierten Geräten.
Das Mesolithikum war keine homogene Periode; es gab erhebliche regionale Unterschiede in Bezug auf Lebensweise, Werkzeugtraditionen und den Zeitpunkt des Übergangs zum Neolithikum. Im Nahen Osten beispielsweise begann die Neolithisierung mit dem Aufkommen von Ackerbau und Viehzucht bereits deutlich früher (Präkeramisches Neolithikum), während in Teilen Europas die mesolithische Lebensweise noch Jahrtausende nach der Einführung der Landwirtschaft in anderen Regionen fortbestand. Der Übergang vom Mesolithikum zum Neolithikum war ein gradueller Prozess, der oft durch die schrittweise Übernahme neolithischer Elemente wie domestizierte Tiere oder Pflanzen gekennzeichnet war.
Insgesamt war das Mesolithikum eine dynamische und innovative Epoche, in der sich der Mensch erfolgreich an grundlegende Umweltveränderungen anpasste. Die in dieser Zeit entwickelten Technologien und Subsistenzstrategien legten den Grundstein für die späteren tiefgreifenden Veränderungen der Neolithischen Revolution und damit für die Entwicklung komplexerer menschlicher Gesellschaften.