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Mykorrhiza

Biologie

Mykorrhiza bezeichnet eine essenzielle und weit verbreitete Form der Symbiose zwischen Pilzen und den Wurzeln höherer Pflanzen. Der Begriff leitet sich aus dem Griechischen ab: „mykes“ bedeutet Pilz und „rhiza“ bedeutet Wurzel. Diese Partnerschaft ist in den meisten terrestrischen Ökosystemen von fundamentaler Bedeutung und wird von über 90% aller Pflanzenarten eingegangen. Sie stellt eine hoch entwickelte Form des Mutualismus dar, bei dem beide Partner voneinander profitieren und ihre Überlebensfähigkeit sowie ihr Wachstum erheblich verbessern. Ohne diese Symbiose könnten viele Pflanzen in nährstoffarmen Böden nicht existieren.


Die Basis dieser symbiotischen Beziehung ist ein Austausch von Ressourcen. Der Pilz, der ein weit verzweigtes Netzwerk von Hyphen im Boden bildet, ist in der Lage, Nährstoffe und Wasser aus einem viel größeren Volumen zu erschließen, als es die Pflanzenwurzeln alleine könnten. Insbesondere schwer verfügbare Nährstoffe wie Phosphat, Stickstoff und Spurenelemente werden durch die Pilzhyphen aufgenommen und zur Pflanze transportiert. Im Gegenzug versorgt die Pflanze den Pilz mit Kohlenhydraten, die sie durch Photosynthese produziert. Pilze sind heterotrophe Organismen und können keine eigenen organischen Stoffe herstellen, daher sind sie auf diese Zuckerlieferung angewiesen.


Man unterscheidet verschiedene Typen von Mykorrhiza, wobei die Ektomykorrhiza und die Endomykorrhiza die bekanntesten sind. Bei der Ektomykorrhiza umhüllen die Pilzhyphen die äußere Oberfläche der Wurzeln und bilden einen dichten Mantel, das sogenannte Pilzmantel. Von diesem Mantel aus dringen Hyphen in die Wurzelrinde ein und bilden dort ein Netzwerk zwischen den Pflanzenzellen, das als Hartigsches Netz bezeichnet wird. Diese Form der Mykorrhiza ist typisch für viele Baumarten wie Eichen, Buchen, Kiefern und Birken. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Wasser- und Nährstoffaufnahme und schützt die Wurzeln zusätzlich vor Krankheitserregern und Trockenstress.


Die Endomykorrhiza ist die häufigste Form und wird von etwa 80% aller Pflanzenarten eingegangen, darunter die meisten landwirtschaftlichen Nutzpflanzen. Bei dieser Form dringen die Pilzhyphen direkt in die Zellen der Wurzelrinde ein, ohne jedoch die Zellmembran zu durchbrechen. Innerhalb der Pflanzenzellen bilden die Pilze spezifische Strukturen wie Arbuskeln (bäumchenartige Verzweigungen) und Vesikel (bläschenartige Speicherstrukturen). Die Arbuskeln sind die Hauptorte des Nährstoffaustauschs zwischen Pilz und Pflanze. Die häufigste Form der Endomykorrhiza ist die arbuskuläre Mykorrhiza (AM), die von Pilzen der Abteilung Glomeromycota gebildet wird.


Neben der Ektomykorrhiza und der arbuskulären Mykorrhiza gibt es weitere spezialisierte Formen wie die Erikazeen-Mykorrhiza, die bei Pflanzen der Familie Ericaceae (z.B. Heidelbeeren, Rhododendren) vorkommt, und die Orchideen-Mykorrhiza, die für die Keimung und frühe Entwicklung von Orchideensamen unerlässlich ist. Jede dieser Formen ist an die spezifischen Bedürfnisse und Lebensweisen der jeweiligen Pflanzengruppe angepasst und ermöglicht ihnen das Gedeihen unter oft schwierigen Umweltbedingungen.


Die Vorteile für die Pflanze durch die Mykorrhiza sind vielfältig und signifikant. Die Pilzhyphen vergrößern die effektive Oberfläche des Wurzelsystems um ein Vielfaches, was zu einer drastisch verbesserten Aufnahme von Wasser und gelösten Mineralstoffen führt. Besonders die Verfügbarkeit von Phosphat, einem oft limitierenden Nährstoff, wird durch die Pilzpartner enorm gesteigert. Zudem verbessert die Mykorrhiza die Toleranz der Pflanzen gegenüber verschiedenen Umweltstressfaktoren wie Trockenheit, Salzbelastung, Schwermetallen und Krankheitserregern im Boden. Sie stärkt das Immunsystem der Pflanze und fördert ein robustes Wachstum.


Für den Pilz besteht der Hauptvorteil in der kontinuierlichen Versorgung mit Kohlenhydraten, die von der Pflanze über die Photosynthese produziert werden. Pilze sind nicht in der Lage, Photosynthese zu betreiben und sind daher auf externe Quellen organischer Verbindungen angewiesen. Die Mykorrhiza-Symbiose bietet dem Pilz eine stabile und zuverlässige Energiequelle, die für sein Wachstum, seine Reproduktion und die Aufrechterhaltung seines ausgedehnten Hyphennetzwerks essenziell ist.


Ökologisch betrachtet ist die Mykorrhiza von immenser Bedeutung für die Stabilität und Produktivität von Ökosystemen. Sie spielt eine Schlüsselrolle im Nährstoffkreislauf, beeinflusst die Zusammensetzung von Pflanzengemeinschaften und trägt zur Bodengesundheit bei, indem sie die Bodenstruktur verbessert und die Aggregation von Bodenteilchen fördert. In Wäldern ist die Mykorrhiza entscheidend für die Regeneration und das Wachstum von Bäumen, da sie die Nährstoffversorgung der Setzlinge sicherstellt.


In der Praxis findet die Mykorrhiza-Forschung Anwendung in der Landwirtschaft, im Gartenbau und in der Renaturierung. Durch die gezielte Inokulation von Pflanzen mit Mykorrhiza-Pilzen kann der Bedarf an synthetischen Düngemitteln reduziert, die Ernteerträge gesteigert und die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegenüber Stress erhöht werden. Dies fördert eine nachhaltigere Landwirtschaft und trägt zum Umweltschutz bei. Auch bei Aufforstungsprojekten oder der Rekultivierung geschädigter Böden werden Mykorrhiza-Pilze eingesetzt, um das Anwachsen und Überleben junger Pflanzen zu verbessern.

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