Prolaktin, oft auch als Laktotropin bezeichnet, ist ein Peptidhormon, das hauptsächlich von den laktotropen Zellen des Hypophysenvorderlappens, einer kleinen Drüse an der Basis des Gehirns, produziert wird. Es ist in seiner chemischen Struktur dem Wachstumshormon (GH) ähnlich und spielt eine zentrale Rolle in zahlreichen physiologischen Prozessen im menschlichen Körper, wobei seine bekannteste Funktion die Anregung der Milchproduktion bei Säugetieren ist. Neben der Hypophyse wird Prolaktin auch in geringeren Mengen von anderen Geweben wie der Brustdrüse, der Gebärmutter, der Plazenta, der Prostata, der Haut und dem Immunsystem synthetisiert, was auf seine breitere systemische Bedeutung hindeutet.
Die primäre und am besten erforschte Funktion von Prolaktin ist die Initiierung und Aufrechterhaltung der Laktation nach der Geburt. Während der Schwangerschaft bereitet Prolaktin zusammen mit Östrogen und Progesteron die Brustdrüsen auf die Milchproduktion vor, indem es das Wachstum des Drüsengewebes stimuliert. Nach der Geburt, wenn die Spiegel von Östrogen und Progesteron stark abfallen, kann Prolaktin seine volle laktogene Wirkung entfalten. Das Saugen des Säuglings an der Brust ist der stärkste Stimulus für die Prolaktinfreisetzung. Dieser Reiz wird über Nervenbahnen zum Hypothalamus geleitet, der daraufhin die Freisetzung von Dopamin, dem wichtigsten Prolaktin-inhibierenden Hormon, hemmt. Der resultierende Anstieg des Prolaktinspiegels fördert die Synthese von Milchproteinen, Laktose und Lipiden in den Brustdrüsenzellen.
Über die Laktation hinaus hat Prolaktin eine Vielzahl weiterer Funktionen im Körper. Es spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Fortpflanzungssystems. Hohe Prolaktinspiegel, wie sie während des Stillens auftreten, können die Freisetzung von Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) aus dem Hypothalamus unterdrücken, was wiederum die Sekretion von luteinisierendem Hormon (LH) und follikelstimulierendem Hormon (FSH) aus der Hypophyse hemmt. Dies führt zu einer Unterdrückung des Eisprungs (ovulatorische Amenorrhoe) und dient als natürliche Methode der Geburtenkontrolle während der Stillzeit. Prolaktin beeinflusst auch das Immunsystem, indem es die Proliferation und Differenzierung von Lymphozyten moduliert und an entzündlichen Prozessen beteiligt ist. Es wirkt auch auf den Stoffwechsel, beeinflusst den Knochenstoffwechsel, den Wasser- und Elektrolythaushalt und kann das Verhalten und die Stimmung, einschließlich des elterlichen Verhaltens, modulieren.
Die Sekretion von Prolaktin wird hauptsächlich durch den Hypothalamus reguliert, insbesondere durch Dopamin, das als Prolaktin-inhibierendes Hormon (PIH) fungiert. Dopamin wird von den tuberoinfundibulären Neuronen des Hypothalamus freigesetzt und hemmt kontinuierlich die Prolaktinfreisetzung aus der Hypophyse. Eine Reduktion der Dopaminwirkung führt zu einem Anstieg des Prolaktinspiegels. Andere Faktoren, die die Prolaktinfreisetzung stimulieren können, sind Thyrotropin-Releasing-Hormon (TRH), Vasoaktives Intestinales Peptid (VIP), Östrogene, Stress, körperliche Anstrengung, Schlaf und bestimmte Medikamente wie Dopaminantagonisten. Die komplexe Regulation gewährleistet, dass Prolaktin nur bei Bedarf in ausreichenden Mengen freigesetzt wird.
Abnormale Prolaktinspiegel können zu verschiedenen klinischen Zuständen führen. Eine Hyperprolaktinämie, also ein erhöhter Prolaktinspiegel im Blut, ist die häufigste Hypophysen-Hormonstörung. Sie kann durch Prolaktin-produzierende Tumore der Hypophyse (Prolaktinome), bestimmte Medikamente (z.B. Antipsychotika, Antidepressiva, Blutdrucksenker), Niereninsuffizienz, Hypothyreose oder chronischen Stress verursacht werden. Symptome bei Frauen umfassen Galaktorrhoe (Milchfluss außerhalb der Stillzeit), Menstruationsstörungen (Oligomenorrhoe oder Amenorrhoe), Unfruchtbarkeit und verminderte Libido. Bei Männern können erektile Dysfunktion, verminderte Libido, Gynäkomastie (Brustvergrößerung) und Unfruchtbarkeit auftreten. Langfristig kann Hyperprolaktinämie auch zu einer Abnahme der Knochendichte (Osteoporose) führen. Die Behandlung hängt von der Ursache ab und kann Medikamente (Dopaminagonisten wie Bromocriptin oder Cabergolin), Bestrahlung oder in seltenen Fällen eine Operation umfassen.
Eine Hypoprolaktinämie, also ein zu niedriger Prolaktinspiegel, ist seltener und weniger gut verstanden. Sie kann bei bestimmten Hypophysenerkrankungen oder nach der Einnahme von Dopaminagonisten auftreten. Symptome können eine Beeinträchtigung der Laktationsfähigkeit nach der Geburt sein, und es gibt Hinweise auf eine mögliche Rolle bei der Beeinträchtigung des Immunsystems oder bei psychischen Zuständen, obwohl die klinische Relevanz hier noch Gegenstand weiterer Forschung ist. Die umfassende Erforschung der vielfältigen Rollen von Prolaktin, insbesondere seiner extrahypophysären Produktion und seiner Auswirkungen auf das Immunsystem und das Verhalten, ist ein aktives Feld der endokrinologischen Forschung und verspricht neue Einblicke in menschliche Physiologie und Pathologie.