Ein Qubit, kurz für "Quantenbit", stellt die grundlegende Informationseinheit im Bereich des Quantencomputings dar und ist das direkte Analogon zum klassischen Bit in herkömmlichen Computern. Während ein klassisches Bit stets einen von zwei definierten Zuständen annehmen kann – entweder 0 oder 1 – besitzt ein Qubit die einzigartige Fähigkeit, sich nicht nur in den Zuständen 0 oder 1 zu befinden, sondern auch in einer Kombination beider Zustände gleichzeitig. Dieses Phänomen wird als Superposition bezeichnet und ist ein Eckpfeiler der Quantenmechanik, der die immense Rechenleistung von Quantencomputern erst ermöglicht. Die Fähigkeit zur Superposition erlaubt es einem Qubit, eine viel größere Informationsmenge zu speichern und zu verarbeiten als ein klassisches Bit, das nur einen von zwei Zuständen repräsentieren kann.
Die Superposition eines Qubits kann man sich wie eine Münze vorstellen, die in der Luft gedreht wird: Solange sie sich dreht und noch nicht gelandet ist, befindet sie sich gleichzeitig in einem Zustand, der sowohl "Kopf" als auch "Zahl" repräsentiert. Erst wenn die Münze landet und gemessen wird, nimmt sie einen definitiven Zustand an. Analog dazu kann ein Qubit als eine Überlagerung von Zuständen betrachtet werden, wobei jeder Zustand mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit existiert. Mathematisch wird dies durch eine Linearkombination der Basiszustände |0⟩ und |1⟩ ausgedrückt. Dies bedeutet, dass ein System aus N Qubits theoretisch 2^N verschiedene Zustände gleichzeitig repräsentieren kann, was exponentiell mehr ist als die N Zustände, die N klassische Bits speichern könnten. Diese exponentielle Skalierung ist der Grund, warum Quantencomputer das Potenzial haben, Probleme zu lösen, die für klassische Rechner undenkbar sind.
Neben der Superposition ist die Verschränkung (Entanglement) ein weiteres, entscheidendes Quantenphänomen, das die Leistungsfähigkeit von Qubits maßgeblich bestimmt. Verschränkung tritt auf, wenn zwei oder mehr Qubits auf eine Weise miteinander verbunden sind, dass der Zustand des einen Qubits sofort den Zustand des oder der anderen Qubits beeinflusst, selbst wenn sie räumlich voneinander getrennt sind. Diese "spukhafte Fernwirkung", wie Albert Einstein sie nannte, bedeutet, dass die Zustände verschränkter Qubits nicht unabhängig voneinander beschrieben werden können. Eine Messung an einem verschränkten Qubit legt nicht nur dessen eigenen Zustand fest, sondern bestimmt augenblicklich auch den Zustand des oder der anderen verschränkten Qubits. Dieses Merkmal ist essenziell für viele Quantenalgorithmen, da es die Erzeugung komplexer Korrelationen zwischen Qubits ermöglicht, die für bestimmte Berechnungen notwendig sind.
Wenn ein Qubit gemessen wird, kollabiert seine Superposition und es nimmt einen definitiven klassischen Zustand an, entweder 0 oder 1. Das Ergebnis dieser Messung ist jedoch nicht deterministisch, sondern probabilistisch. Das bedeutet, dass ein Qubit, das sich in Superposition befindet, bei einer Messung mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit den Zustand 0 und mit einer anderen Wahrscheinlichkeit den Zustand 1 annehmen wird. Die Amplituden der Zustände in der Superposition bestimmen diese Wahrscheinlichkeiten. Dieser Kollaps des Wellenpakets ist ein fundamentaler Aspekt der Quantenmechanik und unterscheidet die Informationsverarbeitung mit Qubits grundlegend von der klassischen Berechnung, bei der Zustände immer eindeutig definiert sind.
Die physikalische Realisierung von Qubits ist eine der größten Herausforderungen im Quantencomputing. Forscher weltweit experimentieren mit verschiedenen Technologien, um stabile und kohärente Qubits zu erzeugen. Zu den vielversprechendsten Ansätzen gehören supraleitende Qubits, die bei extrem niedrigen Temperaturen betrieben werden, um Quanteneffekte zu erhalten; gefangene Ionen, bei denen einzelne Atome in elektromagnetischen Fallen manipuliert werden; photonische Qubits, die auf Lichtteilchen basieren; sowie topologische Qubits und Quantenpunkte. Jede dieser Technologien hat ihre eigenen Vor- und Nachteile hinsichtlich Skalierbarkeit, Kohärenzzeit und Fehleranfälligkeit. Die Entwicklung robuster Qubits, die ihre Quanteneigenschaften lange genug beibehalten und präzise gesteuert werden können, ist entscheidend für den Bau leistungsfähiger Quantencomputer.
Die einzigartigen Eigenschaften von Qubits – Superposition und Verschränkung – sind der Schlüssel zur Überlegenheit von Quantencomputern bei bestimmten Problemstellungen. Quantenalgorithmen nutzen diese Phänomene, um Berechnungen auf eine Weise durchzuführen, die für klassische Computer undenkbar wäre. Beispiele hierfür sind Shor's Algorithmus, der exponentiell schneller große Zahlen faktorisieren kann als jeder bekannte klassische Algorithmus, und Grover's Algorithmus, der die Suche in unsortierten Datenbanken quadratisch beschleunigt. Diese Algorithmen haben das Potenzial, transformative Anwendungen in Bereichen wie der Medikamentenentwicklung (durch Simulation komplexer Moleküle), der Materialwissenschaft (Entwicklung neuer Materialien mit maßgeschneiderten Eigenschaften), der Finanzmodellierung, der Logistikoptimierung und der Kryptographie (Brechen oder Schaffen neuer Verschlüsselungsmethoden) zu ermöglichen.
Trotz der enormen Fortschritte stehen die Forscher immer noch vor erheblichen Herausforderungen bei der Entwicklung von Quantencomputern. Eine der größten ist die Dekohärenz, der Verlust der empfindlichen Quanteneigenschaften eines Qubits durch Wechselwirkungen mit seiner Umgebung. Diese Wechselwirkungen können dazu führen, dass die Superposition oder Verschränkung verloren geht, bevor eine Berechnung abgeschlossen ist. Um dem entgegenzuwirken, werden Qubits oft in extrem isolierten Umgebungen betrieben, beispielsweise bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt. Ein weiterer kritischer Aspekt ist die Quantenfehlerkorrektur, die notwendig ist, um die hohen Fehlerraten heutiger Qubits zu beherrschen und sogenannte fehlertolerante Quantencomputer zu bauen. Die aktuelle Generation von Quantencomputern wird oft als NISQ-Geräte (Noisy Intermediate-Scale Quantum) bezeichnet, da sie noch anfällig für Rauschen sind und eine begrenzte Anzahl von Qubits besitzen. Die Forschung arbeitet jedoch intensiv daran, diese Hürden zu überwinden, um das volle Potenzial der Qubits und des Quantencomputings in der Zukunft zu realisieren.