Der Skeptizismus (altgriechisch: σκέψις sképsis „Betrachtung“, „Prüfung“, „Zweifel“) ist eine philosophische Grundhaltung, die die Möglichkeit sicheren Wissens, absoluter Wahrheit oder gesicherter Erkenntnis grundsätzlich anzweifelt oder zumindest die Bedingungen und Grenzen menschlicher Erkenntnis kritisch hinterfragt. Er ist nicht gleichzusetzen mit Zynismus oder einer bloßen Verneinung von Aussagen, sondern vielmehr eine Aufforderung zur sorgfältigen Prüfung, zum Hinterfragen von Dogmen und zur Zurückhaltung im Urteil, wo ausreichende Beweise fehlen. Im Kern geht es darum, ob und wie wir überhaupt zu gesichertem Wissen über die Welt, uns selbst oder metaphysische Fragen gelangen können.
Die Wurzeln des Skeptizismus reichen bis in die antike griechische Philosophie zurück. Zwei Hauptströmungen prägten diese Epoche: der Pyrrhonismus und der Akademische Skeptizismus. Der Pyrrhonismus, benannt nach Pyrrho von Elis (ca. 360–270 v. Chr.) und systematisiert durch Sextus Empiricus (ca. 160–210 n. Chr.), lehrte, dass man keine abschließenden Urteile über die Natur der Dinge fällen kann, da für jede Behauptung eine gleichwertige Gegenbehauptung gefunden werden kann. Das Ziel war die „Epoché“ (Urteilsenthaltung), die zu „Ataraxia“ (Seelenruhe) führen sollte, da die Sorge um die Wahrheit als Ursache von Unruhe betrachtet wurde. Die Akademiker, insbesondere Arkesilaos und Karneades, die die Platonische Akademie leiteten, vertraten ebenfalls die Unmöglichkeit sicheren Wissens. Sie erlaubten jedoch, dass man im Alltag nach dem Wahrscheinlichen oder Überzeugenden handeln könne, auch wenn absolute Gewissheit unerreichbar bleibt.
In der Neuzeit erlebte der Skeptizismus eine Renaissance und nahm neue Formen an. René Descartes (1596–1650) nutzte den methodischen Zweifel nicht als Endpunkt, sondern als Werkzeug, um zu unbezweifelbarem Wissen zu gelangen. Sein berühmtes „Cogito, ergo sum“ („Ich denke, also bin ich“) war der erste unerschütterliche Punkt, von dem aus er ein System der Erkenntnis aufbauen wollte. Ganz anders war der empiristische Skeptizismus von David Hume (1711–1776), der die Grenzen menschlicher Erkenntnis drastisch aufzeigte. Hume bezweifelte die kausale Notwendigkeit von Ursache und Wirkung, die Induktionsmethode und die Existenz eines substanziellen Ichs. Er argumentierte, dass unsere Überzeugungen oft auf Gewohnheit und nicht auf rationaler Einsicht beruhen. Immanuel Kant (1724–1804) versuchte, auf Humes Herausforderung zu antworten, indem er die Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis untersuchte und zwischen Phänomenen (Erscheinungen) und Noumenen (Dingen an sich) unterschied, wobei letztere für uns unerkennbar bleiben.
Der Skeptizismus äußert sich in verschiedenen Formen und auf unterschiedlichen Ebenen. Der epistemologische Skeptizismus ist die allgemeinste Form und zweifelt an der Möglichkeit von Wissen überhaupt. Moralischer Skeptizismus hinterfragt die Existenz objektiver moralischer Wahrheiten oder absoluter ethischer Prinzipien. Religiöser Skeptizismus richtet sich gegen dogmatische Glaubenssätze und die Existenz übernatürlicher Wesen oder Offenbarungen. Eine besonders wichtige und konstruktive Form ist der wissenschaftliche Skeptizismus. Dieser ist keine generelle Verneinung von Wissen, sondern eine methodische Haltung, die empirische Behauptungen, Forschungsergebnisse und Theorien kritisch prüft, strenge Beweise fordert und die Falsifizierbarkeit von Hypothesen betont. Er ist ein integraler Bestandteil der wissenschaftlichen Methode und unerlässlich für den Fortschritt der Forschung, da er dazu anregt, Annahmen kontinuierlich zu überprüfen und zu verfeinern.
Die Bedeutung des Skeptizismus für die Philosophie und die Wissenschaft ist enorm. Er fungiert als intellektueller Motor, der dazu zwingt, Argumente zu schärfen, Annahmen zu hinterfragen und neue Wege der Erkenntnis zu suchen. Ohne eine skeptische Haltung würden Dogmen und unbegründete Überzeugungen ungeprüft akzeptiert. Allerdings muss zwischen einem gesunden, methodischen Skeptizismus und einem radikalen oder globalen Skeptizismus unterschieden werden. Ein radikaler Skeptizismus, der jede Form von Wissen als unmöglich erklärt, kann zu Nihilismus, intellektueller Lähmung und der Unfähigkeit zum Handeln führen, da jede Entscheidung auf ungesichertem Grund stünde. Im Alltag ist ein solcher radikaler Zweifel oft unpraktikabel oder sogar unmöglich, da wir ständig auf Annahmen und Wahrscheinlichkeiten angewiesen sind, um zu funktionieren.
Letztlich ist der Skeptizismus, insbesondere in seiner methodischen Ausprägung, ein wesentliches Element kritischen Denkens und intellektueller Redlichkeit. Er lehrt uns Bescheidenheit in Bezug auf unsere eigenen Erkenntnisfähigkeiten und die Komplexität der Welt. Er fördert die Offenheit für neue Ideen und gleichzeitig die Fähigkeit, diese kritisch zu bewerten, anstatt sie blind zu übernehmen. In einer Informationsgesellschaft, in der Fehlinformationen weit verbreitet sind, ist die Fähigkeit, skeptisch zu hinterfragen und Evidenz zu fordern, wichtiger denn je. Skeptizismus ist somit nicht das Ende der Erkenntnis, sondern oft ihr Beginn – der erste Schritt auf dem Weg zu einem fundierteren Verständnis.