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Superfluidität

Physik

Superfluidität ist ein außergewöhnlicher Zustand der Materie, der bei extrem tiefen Temperaturen auftritt und durch das vollständige Fehlen innerer Reibung oder Viskosität gekennzeichnet ist. In diesem Zustand kann eine Flüssigkeit ohne Energieverlust fließen, selbst durch engste Kapillaren, und zeigt Phänomene, die den Gesetzen der klassischen Physik widersprechen. Das bekannteste Beispiel für Superfluidität ist Helium-4, das unterhalb einer kritischen Temperatur von etwa 2,17 Kelvin (dem sogenannten Lambda-Punkt) in den superfluiden Zustand übergeht.


Der Übergang zu einem Superfluid ist ein Quantenphasenübergang. Im Falle von Helium-4, das aus Bosonen (Teilchen mit ganzzahligem Spin) besteht, ist dies eng mit der Bose-Einstein-Kondensation verbunden. Bei ausreichend niedrigen Temperaturen fallen eine signifikante Anzahl der Heliumatome in den niedrigsten Energiezustand und bilden ein einziges makroskopisches Quantensystem. In diesem kohärenten Zustand verlieren die Atome ihre individuelle Identität und bewegen sich als eine einzige, kollektive Einheit, wodurch die Reibung auf molekularer Ebene eliminiert wird.


Experimentelle Beobachtungen der Superfluidität sind faszinierend. Superfluides Helium kann beispielsweise an den Wänden eines Behälters hochkriechen und über den Rand fließen, ein Phänomen, das als Rollin-Film bekannt ist. Ein weiteres beeindruckendes Merkmal ist die Fähigkeit, in einem Ring dauerhafte Ströme zu erzeugen. Einmal in Bewegung gesetzt, kann ein superflüssiger Strom unbegrenzt weiterfließen, ohne dass eine externe Kraft erforderlich wäre, da kein Widerstand existiert. Dies ist analog zu den persistenten Strömen in Supraleitern.


Neben Helium-4 kann auch das seltenere Isotop Helium-3 Superfluidität aufweisen, allerdings bei noch viel niedrigeren Temperaturen (im Bereich von Millikelvin) und unter bestimmten Druckbedingungen. Der Mechanismus bei Helium-3 ist jedoch anders, da Helium-3-Atome Fermionen sind (Teilchen mit halbzahligem Spin). Ähnlich wie bei der Supraleitung bilden die Fermionen hier sogenannte Cooper-Paare, die sich dann wie Bosonen verhalten und eine Bose-Einstein-Kondensation eingehen können.


Die theoretische Beschreibung der Superfluidität erfolgt oft durch das Zwei-Fluid-Modell von Landau, das die superflüssige Komponente als reibungsfrei und die normale Komponente als viskos betrachtet. Bei Temperaturen oberhalb des absoluten Nullpunkts existieren beide Komponenten nebeneinander. Ein weiteres wichtiges Konzept sind die quantisierten Wirbel. Da die Superfluidität ein Quantenphänomen ist, kann die Rotation eines Superfluids nicht beliebig erfolgen, sondern nur in diskreten Wirbeln, deren Zirkulation quantisiert ist. Diese Wirbel sind makroskopische Manifestationen der Quantenmechanik.


Die Erforschung der Superfluidität hat unser Verständnis von Quantenmechanik auf makroskopischer Ebene revolutioniert und bietet Einblicke in fundamentale Eigenschaften der Materie. Sie ist ein Schlüsselbereich der Tieftemperaturphysik und hat Parallelen zu anderen Quantenphänomenen wie der Supraleitung. Auch in der Astrophysik spielen superfluide Zustände eine Rolle, beispielsweise wird angenommen, dass das Innere von Neutronensternen superfluide Neutronenflüssigkeiten enthält. Die technischen Anwendungen sind im Vergleich zur Supraleitung weniger verbreitet, doch die Grundlagenforschung bleibt von immenser Bedeutung.

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