Ubiquitin ist ein kleines, hochkonserviertes Protein, das in allen eukaryotischen Zellen vorkommt und eine zentrale Rolle bei der Regulierung einer Vielzahl von zellulären Prozessen spielt. Es besteht aus 76 Aminosäuren und ist bemerkenswert in seiner Sequenz über Spezies hinweg konserviert, was seine fundamentale Bedeutung für das Leben unterstreicht. Seine primäre und bekannteste Funktion ist die Markierung von Proteinen für den Abbau durch das Proteasom, ein großer Proteinkomplex, der unerwünschte oder beschädigte Proteine zerlegt. Dieser Prozess wird als Ubiquitinierung oder Ubiquitinylierung bezeichnet und ist ein entscheidender Mechanismus zur Aufrechterhaltung der Protein-Homöostase und zur Steuerung zellulärer Abläufe.
Der Prozess der Ubiquitinierung ist hochkomplex und erfordert eine Kaskade von drei Enzymen: E1 (Ubiquitin-aktivierendes Enzym), E2 (Ubiquitin-konjugierendes Enzym) und E3 (Ubiquitin-Ligase). Zunächst wird Ubiquitin in einem ATP-abhängigen Schritt durch das E1-Enzym aktiviert und über eine Thioesterbindung an das E1 gebunden. Anschließend wird Ubiquitin auf ein E2-Enzym übertragen. Der entscheidende Schritt für die Substratspezifität erfolgt durch die E3-Ubiquitin-Ligasen, die spezifische Zielproteine erkennen und den Transfer von Ubiquitin vom E2-Enzym auf eine Lysin-Aminosäure des Substratproteins katalysieren. Es gibt Hunderte von E3-Ligasen im menschlichen Genom, was die enorme Spezifität und Vielfalt der von Ubiquitin regulierten Prozesse erklärt.
Proteine können entweder mit einem einzelnen Ubiquitin-Molekül (Monoubiquitinierung) oder mit Ketten von Ubiquitin-Molekülen (Polyubiquitinierung) modifiziert werden. Die Art der Ubiquitinierung und insbesondere die Verknüpfungsart innerhalb der Polyubiquitin-Ketten bestimmt das Schicksal des Zielproteins. Die am besten untersuchte Verknüpfung ist die K48-verknüpfte Polyubiquitin-Kette, die typischerweise Proteine für den proteasomalen Abbau markiert. Andere Verknüpfungsarten, wie die K63-verknüpfte Kette, sind an nicht-proteolytischen Funktionen beteiligt, darunter Signaltransduktion, DNA-Reparatur, Endozytose und die Regulation der Immunantwort. Dies verdeutlicht, dass Ubiquitin nicht nur ein Signal für den Abbau ist, sondern ein vielseitiges Signalmolekül für eine breite Palette von Zellfunktionen.
Die Reversibilität der Ubiquitinierung ist ebenso wichtig wie ihre Anlagerung. Eine Klasse von Enzymen, bekannt als Deubiquitinierende Enzyme (DUBs), entfernt Ubiquitin-Moleküle von Substraten. DUBs spielen eine entscheidende Rolle bei der Regulierung der Ubiquitin-Signalwege, indem sie die Stabilität von Proteinen kontrollieren, die Ubiquitin-Homöostase aufrechterhalten und die Ubiquitin-Signale feinabstimmen. Fehlfunktionen von DUBs sind, ähnlich wie bei den Ubiquitin-Ligasen, mit verschiedenen Krankheiten assoziiert.
Die biologische Bedeutung von Ubiquitin erstreckt sich über nahezu alle Aspekte der Zellbiologie. Es ist unerlässlich für die Regulation des Zellzyklus, da es den Abbau von Schlüsselregulatoren wie Cyclinen steuert. Es spielt eine Rolle bei der Immunantwort, indem es die Aktivierung von Signalwegen und die Präsentation von Antigenen beeinflusst. Weiterhin ist es an der DNA-Reparatur, der Transkription, der Autophagie und der Apoptose beteiligt. Störungen im Ubiquitin-Proteasom-System werden mit einer Vielzahl menschlicher Krankheiten in Verbindung gebracht, darunter neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson, bei denen sich oft aggregierte, ubiquitinierte Proteine ansammeln, sowie verschiedene Krebsarten, bei denen die Fehlregulation des Proteinabbaus zur unkontrollierten Zellproliferation oder zum Überleben von Tumorzellen beiträgt.
Aufgrund seiner zentralen Rolle in der Zellbiologie ist das Ubiquitin-Proteasom-System ein vielversprechendes Ziel für die Entwicklung neuer Therapeutika. Medikamente, die Proteasom-Inhibitoren sind, wie Bortezomib, werden bereits erfolgreich in der Krebstherapie eingesetzt, insbesondere bei Multiplem Myelom. Die Erforschung weiterer Komponenten des Ubiquitin-Systems, wie spezifischer E3-Ligasen oder DUBs, eröffnet neue Wege für die Entwicklung präziserer und zielgerichteter Therapien gegen eine Reihe von Erkrankungen.